"Sind Sie geimpft? Wollen Sie geimpft werden?" Diese konkreten Fragen zu Impfstatus und Impfbereitschaft muss man sich im Arbeitsleben stellen lassen und wahrheitsgemäß beantworten – sowohl beim Vorstellungsgespräch als auch vom bestehenden Arbeitgeber. Firmen können Impfverweigerern sowohl die Anstellung verwehren als auch diese im schlimmsten Fall sogar fristlos kündigen. Zudem darf in Stelleninseraten explizit nach Geimpften gesucht werden.

Das ist laut Arbeitsrechtsexperten die aktuelle rechtliche Situation nach 15 Monaten Pandemie. Wie kann das sein – ist das nicht eine krasse Ungleichbehandlung? Es liege keine Diskriminierung vor, wenn zwischen Geimpften und Impfverweigerern im Arbeitsleben unterschieden werde, erklärt der selbstständige Arbeitsrechtler Rainer Kraft. Laut Gleichbehandlungsgesetz (aus 2004) darf keine Diskriminierung wegen Geschlecht, ethnischer Zugehörigkeit, sexueller Orientierung, Alter, Religionszugehörigkeit und Weltanschauung passieren. Die Corona-Impfung oder deren Ablehnung falle in keine dieser Kategorien, sondern gelte als "Meinung zu einem einzelnen Thema". Das bedeutet für Arbeitnehmer, die sich nicht impfen lassen wollen, in der Folge: "Es gibt keinen klagbaren Anspruch auf Anstellung", erklärt Kraft.

Kaum Chance für Verweigerer

Wenn Mitarbeiter Tests oder Impfungen im laufenden Betrieb verweigern, erklärt Jana Eichmeyer, Arbeitsrechtsexpertin bei Eisenberger Herzog, dann habe der Dienstgeber zunächst die Möglichkeit, sie auf einen anderen Arbeitsplatz versetzen. Das muss aber nicht sein. Eichmeyer: "Will der Dienstgeber den Dienstnehmer nicht versetzen oder ist das nicht möglich, dann kommt nur eine Kündigung in Betracht."

Theoretisch dürften Firmen in Stellenanzeigen nach Geimpften suchen – aber werden sie das machen? Experten raten ab.
Foto: apa/Johann Groder

Zwar gibt es keine rechtliche Möglichkeit, Arbeitnehmer direkt zu einer Corona-Impfung zu verpflichten – aber kommt das alles nicht eigentlich einem sehr deutlichen indirekten Impfzwang gleich? Kommt jetzt eine neue Zwei-Klassen-Arbeitsgesellschaft? De facto, erwartet Kraft, werde ein Aussortieren nach Geimpften und Impfverweigerern wenn, dann eher bedeckt passieren.

"Unternehmen werden sich hüten, in ihren Jobinseraten nur nach Geimpften zu suchen", ist Martin Mayer, Inhaber der großen heimischen Personalberatung Iventa, überzeugt. Derzeit werde mit steigender Dynamik wieder gesucht, das Vor-Corona-Niveau der Stellenausschreibungen sei schon erreicht, und es herrsche "extreme Arbeitskräfteverknappung". Relevant im Einstellungsgespräch, sagt Mayer, sei auch nicht das Ja oder Nein zum Impfstatus, sondern das Warum: "Wenn jemand von auf Befehl von Bill Gates injizierten Mikrochips und der konzertierten Ausrottung der Menschheit redet, dann überlegt man sich vielleicht breiter, ob dieser Kandidat gut geeignet ist." Gesundheitliche Kontraindikationen wie etwa Autoimmunerkrankungen oder chronische Erkrankungen seien leicht darzulegen. Nichtgeimpfte, rechnet Mayer, würden gewisse Repressalien erleben, aber nicht großflächig aus dem Arbeitsleben fallen. Außerdem, hofft der Personalexperte, sei bald mit bis zu 70 Prozent Durchimpfung zu rechnen.

Schwierige Atmosphäre

Und die Verweigerer? Problematisch, so Daniel Marwan, Inhaber der Personalberatung ePunkt in Linz und Wien, werde es eher für Menschen mit viel Reisetätigkeit oder für jene, die Veranstaltungen besuchen müssen, viel Kundenkontakt haben. Kann der Arbeitgeber ein "berechtigtes Interesse" an einer Corona-Impfung begründen – etwa auch im Gesundheitsbereich –, dann könne, so die Arbeitsrechtler, eine Kündigung etwa wegen "Motivwidrigkeit" nicht erfolgreich angefochten werden. Aber auch abseits rigider Rechtsschritte: Für das Betriebsklima ist die Situation wohl dort und da nicht ganz einfach. (kbau, 28.5.2021)