Die Zeit läuft nicht nur den Eisbären davon.
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Das UN-Klimaabkommen von Paris konnte im Jahr 2015 ein ambitioniertes Ziel setzen: Die Erderwärmung seit Anfang des industriellen Zeitalters, an der der Mensch maßgeblich mitwirkte, soll in Sachen weltweiter Durchschnittstemperatur zwei Grad Celsius nicht überschreiten und nach Möglichkeit sogar bei 1,5 Grad gestoppt werden.

Eine möglichst geringe Erwärmung ist enorm wichtig: Mit jedem halben Grad mehr treten wir metaphorisch Lawinen los, die nicht mehr aufgehalten werden können. Dies bedeutet nämlich, dass die irdischen Ökosysteme innerhalb kürzester Zeit immer massiver beeinflusst werden und sich nicht schnell genug anpassen können. Durch Effekte wie das Tauen des Permafrostbodens werden weitere Erwärmungsprozesse in Gang gesetzt und Kipppunkte erreicht, die ein Weiterbestehen und Regenerieren in vielen Fällen unmöglich machen. Hinzu kommen vermehrte gesundheitliche Probleme und immense wirtschaftliche und finanzielle Schäden.

Neues heißestes Jahr

Ob das 1,5-Grad-Ziel, das uns zahlreiche dieser Effekte ersparen könnte, erreicht werden kann, ist aber fraglich. Das Klimaabkommen ist rechtlich für die einzelnen Staaten nicht bindend. Und eine aktualisierte Prognose der Weltorganisation für Meteorologie (WMO) geht nun davon aus, dass der Anstieg der Durchschnittstemperatur um 1,5 Grad schon in den Jahren 2021 bis 2025 erreicht werden könnte. Die Wahrscheinlichkeit hierfür liege bei etwa 40 Prozent, hieß es am Donnerstag von der WMO.

Neben der neuen Einschätzung der WMO wurden nun auch aktualisierte Berechnungen der britischen Wetterbehörde vorgelegt. Sie geht von einer 90-prozentigen Chance aus, dass mindestens ein Jahr zwischen 2021 und 2025 das wärmste Jahr in der Geschichte wird. Nachdem in den vergangenen Jahren immer wieder entsprechende Hitzerekorde gebrochen wurden, dürfte diese Neuigkeit nicht verwundern.

Mehr tropische Wirbelstürme

Ein einziges Jahr über der 1,5-Grad-Marke würde zwar nicht das Ende der Pariser Klimaziele bedeuten, sagte der Klimaexperte Joeri Rogelj vom Londoner Imperial College über die aktualisierten Klimatrend-Einschätzungen der WMO und der britischen Behörde. "Aber dies ist trotzdem eine sehr schlechte Nachricht." Es bedeute einmal mehr, dass die bisherigen Klimamaßnahmen völlig unzureichend seien, um die globale Erderwärmung aufzuhalten.

Die neue Einschätzung zeigt, dass sich die Wahrscheinlichkeit der Überschreitung der 1,5-Grad-Schwelle im Vergleich zu einer Vorhersage im vergangenen Jahr ungefähr verdoppelt hat. Der Anstieg sei größtenteils auf verbesserte Datensätze zurückzuführen und nicht auf einen plötzlichen Anstieg der Erwärmungsrate, erklärte die WMO. Der aktualisierte Trend zeige zudem weitere Effekte der Klimakrise. Darunter fallen etwa eine erhöhte Wahrscheinlichkeit von tropischen Wirbelstürmen im Atlantik sowie vermehrte Regenfälle in Regionen der Sahelzone im Vergleich zur jüngsten Vergangenheit. (red, APA, 28.5.2021)