Seit Anfang Februar dürfen Apotheken Gratistests durchführen – für recht gutes Honorar.

Foto: APA/dpa/Peter Kneffel

Im Februar 2021 tat sich für Apotheken eine Goldgrube auf: Nach fast einem Jahr Pandemie durften auch sie Gratis-Corona-Tests durchführen. Und das für ein Honorar, so hoch, dass es manchem Apotheker die Euro-Zeichen in die Augen treibt. Für einzelne Apotheken standen plötzlich sechs, gar siebenstellige Beträge in Aussicht, die sie vom Gesundheitsministerium bekommen, wenn sie Gratis-Corona-Tests machen.

Bis der Bund einschritt und die Kammer ihre eigenen Leute zurückpfiff. Doch die Bedingungen, unter denen die Apotheken testen, sind immer noch ein Feld voller Ausnahmen, Grauzonen und offener Fragen.

25 ist mehr als zehn

Im Grunde gibt es zwei Testschienen: Die geförderte und die öffentliche. Ein Betrieb – etwa ein Kaffeehaus oder eine Firma – kann einerseits sein Personal und seine Kundschaft auf eigene Faust testen, dann bekommt er zehn Euro pro Test vom Wirtschaftsministerium. Sind seine Kosten höher, zahlt er das aus eigener Tasche. Führen Apotheken Gratistests durch – neben den Teststraßen ist das das öffentliche Standbein der Tests –, bekommen sie pro durchgeführtem Test 25 Euro Honorar vom Gesundheitsministerium, egal, wie viel sie selbst dafür ausgeben.

Damit sollen Personalkosten, Ausgaben für die Räumlichkeiten und Schutzkleidung, Auswertung, Ausstellung der Zertifikate und die Testkits selbst gedeckt werden. Wie viel von den 25 Euro übrig bleibt, will freilich niemand genau sagen. Was die Testkosten angeht, so ist die Rede von einem Stückpreis zwischen zwei und sieben Euro. "Klar ist das ein dankbares Geschäft", heißt es, wenn man sich in Apothekerkreisen umhört, und dass die Tests "überraschend gut bezahlt", seien. Diese Variante auch in Firmen anzuwenden, wäre also eine Win-Win-Situation für Betriebe wie Apotheken.

Einzelne Apotheker sahen ihre Chance. Einer etwa erzählt dem STANDARD davon, wie er mehrere Teststationen hochzog – im Glauben, rechtens zu handeln, immerhin hieß es noch im Februar in einer Aussendung der Apothekerkammer, man sei nicht an die Betriebsräumlichkeiten der Apotheke gebunden, könne sogar in Betriebe gehen, um zu testen. Das ist deshalb wichtig, weil Apotheken normalerweise einem besonders strengen Gebietsschutz unterliegen, sie alle haben quasi ihre eigenen Rayons, in denen sie tätig sein dürfen.

Zigtausende Tests führte der Pharmazeut nach eigenen Angaben durch, das macht über eine Million Euro an Honoraren vom Bund. Hätte er so weitergemacht, hätte er bis zum Sommer mehrere Millionen Euro Umsatz gemacht, meint er. Doch schon im März in einer Kammeraussendung und später auch an einzelne Apotheken stellte die Apothekerkammer klar: Derartiges Vorgehen ist ein Vertragsbruch. Einige Teststraßen mussten zudrehen – so auch diese. Doch um welchen Vertrag geht es da?

Doch kein Geheimvertrag

Zunächst hieß es von der Kammer zum STANDARD, der Vertrag, auf dem die Regeln fußen, stamme aus dem Februar, sei aber geheim. Aus dem Gesundheitsministerium klang das anders: Einen Vertrag im klassischen Sinne gebe es nicht, heißt es, eher einen Schriftverkehr zwischen Kammer und Bund. Danach präzisierte auch die Apothekerkammer: Es gebe keinen geheimen Vertrag, sondern "politische Vereinbarungen, die mit der Absicht getroffen wurden, zu einem späteren Zeitpunkt die Durchführung der Tests in Apotheken auf eine gesetzliche Grundlage zu stellen." Die Details fanden später im Paragraf 742a im ASVG ihren Niederschlag und wurden außerdem in einzelnen Bestimmungen des Zweckzuschussgesetzes geregelt.

Diese Vereinbarung ließ jedenfalls Fragen offen. Also gab es eine Klarstellung vom Bund an die Kammer und von der Kammer an die Apotheken – gut 1.000 bieten derzeit Gratistests an. Nun ist die Position: Wenn Apotheker in Betrieben testen, dann können diese nicht über die 25-Euro-Pauschale abgerechnet werden. Die Kammer prüfte also etwa 50 Apotheken mit besonders hohem Testaufkommen, in den meisten Fällen fand man eine Erklärung, bei einzelnen, so Andreas Eichtinger aus der Rechtsabteilung der Apothekerkammer, seien noch Fragen offen. Zurückzahlen musste das Geld bisher keine Apotheke.

Doch warum schränkte man das ein? Immerhin war das Gebot der letzten Monate "Testen, testen, testen". Vom Juristen Eichtinger heißt es dazu: Erstens könnte die Qualität der Tests nur dann gewährleistet werden, wenn diese unter der Aufsicht und Verantwortung des Apothekenleiters oder der Apothekenleiterin stattfinden. Und zweitens: Weil Apothekentests in Firmen die Förderschiene für Betriebe konterkarieren würden, dürften sich diese beiden Testarten nicht vermischen. Auch vom Gesundheitsministerium heißt es dazu: "In Betrieben durchgeführte Covid-19-Antigen-Testungen dürfen öffentliche Apotheken nicht mit dem Bund abrechnen."

Tests in Cafés und Aquaparks

Nur: Eine simple Google-Suche zeigt, dass Apotheken sehr wohl noch immer in Betrieben testen. Da hat etwa die Biber-Apotheke im Neunten eine Teststraße im Restaurant Kolin, die Siebenbrunnenapotheke im Fünften testet im Café Siebenbrunnen, und in Klosterneuburg haben sich zwei Apotheken zusammengeschlossen und dort eine Teststraße im Erlebnisbad Happyland errichtet. Dürfen die das denn?

Und nun wird es kompliziert. Denn so ganz ausschließlich auf die Apothekenräumlichkeiten sind die Testungen auch nach der Klarstellung nicht beschränkt. Die Bedingungen, unter denen der Bund die lukrativen 25 Euro pro Test auszahlt, sehen drei Szenarien für testende Apotheken vor und in eines davon fällt jedes der genannten Beispiele.

Erstens können sie direkt in ihrer Apotheke testen, das ist der Regelfall. Zweitens können sie, wenn dort nicht genügend Platz ist, auf ein Quartier in der Nähe ausweichen, also entweder einen Container aufstellen, oder sich in eine andere Räumlichkeit einmieten. Das geht aber nur im eigenen Einzugsbereich, also näher an der eigenen Apotheke als an einer anderen Apotheke. So etwa im Café Siebenbrunnen, das nutzt die nahegelegene Siebenbrunnen-Apotheke. Das ist zwar nicht ganz ihr Einzugsgebiet, weil eigentlich eine andere Apotheke näher ist, nachdem die aber keine Corona-Tests anbietet, ist das erlaubt.

Auftrag der Gemeinde

Die dritte Option ist ein Standort darüber hinaus, eine zweite Teststation also. Das ist nur dann erlaubt, wenn man erstens selbst näher an dieser Teststation ist, als eine andere testende Apotheke und zweitens wenn es einen Auftrag einer Gebietskörperschaft (also von Gemeinde, Land oder Bund) gibt. So etwa in Klosterneuburg.

"Allen BesucherInnen" wie es auf der Website des Happylands heißt, stehen dort jeden Tag ein paar Stunden die Türen eines Seminarraumes für Gratistests offen, durchgeführt werden sie von zwei naheliegenden Apotheken. Nach Angaben von Ulrike Urban, der Leiterin einer der beiden Apotheken, führt man in fünf Stunden zwischen 160 und 220 Tests im Happyland durch – das macht um die 1.500 Tests und damit in Summe 37.500 Euro Honorar die Woche für die beiden Apotheken.

Und das Happyland selbst muss nicht – wie viele andere Betriebe – alles, was über zehn Euro liegt, aus eigener Tasche bezahlen. Dort sieht man das als Serviceleistung: "Für mich steht der Kunde im Vordergrund, und wenn wir da eine einfache Möglichkeit haben, die uns nichts kostet, dann ist das der Weg, den wir gehen", sagt der Geschäftsführer Wolfgang Ziegler, der betont, dass das Vorgehen rechtskonform ist.

Ist es auch: Dadurch, dass einerseits die Teststraße auch anderen Personen offensteht, nicht nur den Kundinnen und Kunden bzw. dem Personal des Happylands, sieht auch die Kammer kein Problem mit dem Modell. Und vor allem: Es gibt einen Vertrag mit der Stadtgemeinde Klosterneuburg – neben der räumlichen Nähe die zweite Bedingung für eine zweite Teststraße. Die Stadtgemeinde Klosterneuburg hat übrigens nicht nur den Auftrag erteilt, sie ist auch Hauptgesellschafterin des Happylands. (Gabriele Scherndl, 4.6.2021)