Thiem im Training in Paris.

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Paris – Dominic Thiem hat fünf Mal in Folge zumindest das Viertelfinale bei den French Open erreicht, stand 2018 und 2019 im Endspiel und doch zählt er nach einer bisher durchwachsenen Saison nicht zu den Top-Favoriten. Thiem, der schon am Sonntag sein Turnier gegen den Spanier Pablo Andujar eröffnet, (zweite Partie nach 11 Uhr, live ORF 1) ist deshalb sehr vorsichtig mit Prognosen. Er will sich vorerst ganz auf die erste Runde konzentrieren.

"Ich hoffe, dass ich das gute Gefühl aus der Vergangenheit nutzen kann. Es ist trotzdem ein bisserl anders, weil zumindest in den letzten zwei Jahren bin ich nach dem Rafa gemeinsam mit Djokovic als Titelfavorit hierher gekommen", erklärte der Weltranglisten-Vierte bei einer Online-Pressekonferenz am Freitag in Paris. "Ich konzentriere mich auf die erste Runde, hoffentlich kommt dann noch Weiteres."

Griff auf den Kopf

Im Tennis könne sich alles "richtig schnell ändern". Er sieht keinen Vorteil darin, dass weder Rafael Nadal, Novak Djokovic noch Roger Federer in seiner Tableau-Hälfte sind. "Vor zwei oder drei Jahren wäre ich wahrscheinlich glücklich gewesen, dass ein Nadal, Djokovic frühestens im Finale warten würden, aber in der Situation bin ich dieses Jahr einfach nicht." Nun gelte es, sich ins Turnier reinarbeiten. Da hilft ihm gerade bei Grand Slams der "best of five"-Modus.

Wer sich in Paris vom Spielerfeld im Vergleich zum vergangenen Herbst Erleichterungen in Sachen Coronavirus-Schutzmaßnahmen erwartet hatte, wurde enttäuscht. "Das Turnier ist richtig streng. Es ist eigentlich ein kleiner Rückschritt, kein Fortschritt zum letzten Jahr", sagte Thiem. Jeder Spieler dürfe nur zwei Leute mitnehmen, ein Dritter dürfe nicht einmal auf die Anlage. "Wir haben heute Früh den Physio von Federer getroffen, der darf nicht einmal auf die Anlage. Man muss sich schon bei manchen Sachen auf den Kopf greifen, aber es ist so." Thiems große Hoffnung ist, dass Paris und dann Wimbledon die letzten Events mit solch strengen Hygiene- und Sicherheitsmaßnahmen sein werden.

In Relation stellen

Mit einer 9:7-Matchbilanz und ohne Saisontitel ist Thiem nach Paris gekommen. Nach Motivationsproblemen sieht er sich nicht in der schwierigsten Phase seiner Karriere sehen. "Man muss immer noch alles in Relation stellen. Ich habe die Messlatte in den letzten Jahren sehr hoch gelegt. Ich liege im Race (17. in der Jahreswertung, Anm.) immer noch in den Top 20, also ist es keine komplette Katastrophe." Thiem wiederholte, dass der US-Open-Titel und damit das Erreichen des ganzen großen Ziels etwas mit ihm gemacht habe. "Ich sehe es nicht als schwierige Phase, sondern als großen Lernprozess und hoffe, dass ich stärker zurückkommen kann als vorher."

Osakas Aktion "zweischneidig"

Trotz seiner Auszeit wohl auch aus mentalen Gründen unterstützt er die Aktion von Naomi Osaka bei ihrem Medien-Boykott allerdings nicht vollständig. "Es ist ein bisserl zweischneidig, was sie gemacht hat. Einerseits ist es schon wichtig, dass Wert auf die mentale Gesundheit von Athleten gelegt wird, definitiv. Es gibt physische Verletzungen und auch viele Spieler, die hin und wieder mental nicht gut drauf sind. Es wäre schon besser, wenn man das auch offen aussprechen könnte. Aber die ganzen Pressetermine sind Teil des Jobs." Sie seien für Fans, aber auch Journalisten wichtig. Und, fügte Thiem hinzu: "Nur weil man die Pressekonferenz auslässt, wird man jetzt sicher keine mentale Gesundheit erlangen."

Am Samstag gibt es für Thiem freilich einen Fixpunkt in einem anderen Sport: Da trifft sein Lieblingsclub Chelsea im Champions-League-Finale auf Manchester City: "Das ist ein absolutes Highlight und ich hoffe, dass morgen der zweite Champions-League-Titel kommt." (APA, 28.5.2021)