Gibt die Richtung vor: August Wöginger

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Die ÖVP setzt die Attacken auf die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) und den parlamentarischen Untersuchungsausschuss fort. Sowohl von ÖVP-Klubchef August Wöginger, als auch von der türkisen Tourismusministerin Elisabeth Köstinger kam es am Wochenende zu verbalen Angriffen. "Die Presse" berichtet unterdessen von einem neuen Verdacht gegen den Kanzler.

Die WKStA ermittelt bekanntlich gegen eine Reihe aktiver und ehemaliger ÖVP-Politiker, allen voran Kanzler Sebastian Kurz wegen falscher Zeugenaussage sowie Finanzminister Gernot Blümel wegen Bestechung bzw. Bestechlichkeit im Zusammenhang mit einer Parteispende des Glücksspielkonzerns Novomatic. In allen genannten Fällen gilt die Unschuldsvermutung.

Klubchef: "politisch motivierte" Ermittlungen

ÖVP-Klubchef August Wöginger bezeichnet die Ermittlungen der WKStA gegen die ÖVP-Justizsprecherin Michaela Steinacker als "politisch motiviert". Die ÖVP werde sich das "nicht gefallen lassen". Ein Vertreter der Korruptionsstaatsanwaltschaft hatte sich zuletzt über "Störfeuer" bei den Ermittlungen gegen ÖVP-Politiker beschwert. Und: Schon vor Monaten warnte Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) selbst vor "roten Netzwerken" in der WKStA.

"Wir sehen das auch als politisch motiviert an. Es kann nicht sein, dass hier einfach Abgeordnete oder Regierungsmitglieder herausgepickt werden, obwohl es eine Vielzahl an vergleichbaren Fällen auch bei anderen Fraktionen gibt", sagt Wöginger laut Vorabmeldung am Samstagabend in "ATV Aktuell" zu den geplanten Untreue-Ermittlungen gegen Steinacker. Die ÖVP werde sich das nicht gefallen lassen.

Allerdings geht die WKStA bei weitem nicht ausschließlich gegen ÖVP-Politiker vor: Ermittlungen wegen falscher Zeugenaussage in einem Untersuchungsausschuss gibt es auch gegen den burgenländischen SPÖ-Landeshauptmann Hans-Peter Doskozil. Und erst am Freitag wurde eine Anklage wegen Amtsmissbrauchs gegen den niederösterreichischen Asyllandesrat Gottfried Waldhäusl (FPÖ) bekannt.

Kritik von Grün, Rot und Pink

Der grüne Koalitionspartner griff am Samstagnachmittag ein: Die Attacken von Wöginger und Köstinger seien "Zeichen eines unsouveränen Umgangs mit den Ermittlungen gegen ÖVP-Politiker und Politikerinnen", sagt Sigrid Maurer, Klubobfrau der Grünen. Sie habe "volles Vertrauen dass die Staatsanwaltschaften ihrem gesetzlichen Auftrag gewissenhaft und unbeirrt nachgehen", so Maurer. Und weiter: Das Verhalten der ÖVP sei "einer bürgerlichen Partei unwürdig". Maurer fordert die ÖVP auf, die "Attacken einzustellen und zu einem seriösen und verantwortlichen Umgang mit der Justiz zurückzukehren".

Entsetzt reagierten die Neos auf die Aussagen Wögingers. "Die ÖVP nimmt in Kauf, mit ihrer Verteidigungslinie gegen Ermittlungen das Vertrauen in den Rechtsstaat und die Justiz zu zerstören. Die ÖVP muss endlich ihr Verhältnis zum Rechtsstaat klären und nicht wild in ihrer Panik herumschlagen und das Vertrauen in die Institutionen schwächen", sagte Neos-Klubobmann Niki Scherak.

Auch die SPÖ äußerte sich: "Statt den Rechtsstaat in Ruhe arbeiten zu lassen, stellt sich die Volkspartei zum wiederholten Male als Opfer dar", heißt es in einer Aussendung des roten Parlamentsklubs. "Die Wirtschaft- und Korruptionsstaatsanwaltschaft muss jeder stichhaltigen Anzeige nachgehen – das ist ihre Aufgabe und gesetzliche Verpflichtung. Würde sie das nicht tun, würden die dort arbeitenden Staatsanwältinnen und Staatsanwälte Amtsmissbrauch begehen", so SPÖ-Justizsprecherin Selma Yildirim. Wenn auf ein begründeter Verdacht auf illegale Handlungen bestehe, müsse die WKStA dem nachgehen. "Ob es nun einer Regierungspartei passt oder nicht."

Respekt verloren

Köstinger hingegen sagte am Samstam in der Ö1-Reihe "Im Journal zu Gast", sie habe vor der Arbeit im U-Ausschuss "zum Teil den Respekt verloren", nämlich zu dem Zeitpunkt, als Neos-Fraktionsführerin Stefanie Krisper meinte: "Die gehen mir am Oasch" – ein Sager, der höchst unterschiedlich interpretiert wird und wurde. Köstinger relativiert im Interview später ein wenig: Sie halte den U-Ausschuss für eines der wichtigsten Kontrollinstrumente, die das Parlament hat, doch genauso sorgsam müsse das Parlament damit umgehen.

Auf Stammtischen, so meint sie, gehe es jedenfalls gesitteter zu als im U-Ausschuss, außerdem würden die dortigen Befragungen nicht der Wahrheitsfindung, sondern der Zerstörung des politischen Gegners dienen. Gegen den Bundeskanzler wird wegen Falschaussagen im U-Ausschuss ermittelt.

Vor der Hausdurchsuchung

"Die Presse" berichtete unterdessen am Samstag von dem Verdacht, Kanzler Kurz könnte in den vermuteten Verrat einer Hausdurchsuchung bei Ex-Finanzminister Hartwig Löger involviert sein. Ein Nebensatz in einem Schriftstück der WKStA lege den Verdacht nahe, heißt es in dem Bericht.

Bekanntlich fanden rund um die Casinos-Vorwürfe im November 2019 Hausdurchsuchungen bei den Ex-Finanzministern Hartwig Löger und Josef Pröll (beide ÖVP) statt. In einem Bericht der WKStA an die Staatsanwaltschaft Innsbruck soll laut "Presse" folgendes zu lesen sein: "Im Wesentlichen warf die WKStA in diesen Amtsvermerken auf, dass die Durchsuchung bei Magister Neumann am 12. August 2020 offenbar verraten wurde, Löger und Schmid im Vorfeld der Durchsuchungen ,Warnungen‘ erhalten haben und telefonische Kontaktaufnahme zwischen Sebastian Kurz und Löger im unmittelbaren zeitlichen Umfeld der Berichterstattung an die OStA Wien über die damals jeweils nicht der Akteneinsicht unterliegende Einleitung des Ermittlungsverfahrens und die Anordnung der Durchsuchung stattfanden."

Keine Hinweise auf Löschungen

Worum es bei diesen genannten Kontakten zwischen Kurz und Löger gegangen sei, gehe laut "Presse" aber nicht aus dem Papier hervor, auch ansonsten würden "keine weiteren Fakten genannt, die den en passant geäußerten Verdacht erhärten würden." Außerdem gebe es derzeit keine Hinweise darauf, dass vor der Hausdurchsuchung Löschungen stattgefunden hätten.

Lögers und Kurz' Anwalt, Werner Suppan weist die Vorwürfe auf Anfrage der "Presse" entschieden zurück, die Gespräche mit Kurz hätten sich auf die anstehenden Koalitionsverhandlungen ebenso bezogen wie auf eine mögliche Fortsetzung der Ministertätigkeit. Auch die Staatsanwaltschaft Innsbruck schließt laut "Presse" Ermittlungen in dieser Sache gegen Kurz aus. (APA, red, 29.5.2021)