Eine Karte aus 2012 wurde neu ausgraben und sorgt nun für Kritik.

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Wien – Die Islam-Landkarte schlägt weiter hohe Wellen – und könnte nun sogar rechtliche Schritte nach sich ziehen. Diese prüft die Muslimische Jugend Österreich (MJÖ) momentan. Eine Anzeige oder Klage gibt es aber noch nicht, wie eine Sprecherin auf Anfrage des STANDARD angibt.

"Die Veröffentlichung sämtlicher Namen, Funktionen und Adressen von muslimischen und als muslimisch gelesenen Einrichtungen stellt eine nie dagewesene Grenzüberschreitung dar", hieß es allerdings in einer Aussendung am Samstag. Man werde alle juristischen Möglichkeiten dagegen ausschöpfen.

"Kriminalisierung beenden"

"Diese Kriminalisierung muslimischen Lebens muss so schnell wie möglich beendet und die Islam-Landkarte offline genommen werden", fordert die Muslimische Jugend. Sie kritisiert die Verletzung von Persönlichkeits- und Datenschutzrechten von Einrichtungen und Privatpersonen. Welche Schritte genau ergriffen werden sollen, wird nach Angaben einer Sprecherin derzeit von der Anwältin der Organisation geprüft.

Die MJÖ ist bereits seit längerem im Konflikt mit der Dokumentationsstelle Politischer Islam. Die Jugendorganisation kommt mehrmals in einem Grundlagenpapier der Forschungsstelle vor, unter anderem im Zusammenhang mit ehemaligen Mitgliedern, die mit Muslimbrüdern vernetzt sein sollen. Auch da wurden rechtliche Schritte geprüft, welche konkret unternommen wurden, ist aber noch unklar.

Einige Religionsgemeinschaften solidarisieren sich

Auch die Jüdische österreichischen HochschülerInnen kritisierten die Karte scharf: Muslime und Musliminnen müssten "beobachtet und unter Generalverdacht gestellt fühlen und sich gleichzeitig fürchten, weil Standorte muslimischer Einrichtungen für die Öffentlichkeit exposed werden", heißt es von der Organisation: "Das ist Diskriminierung per Handbuch."

Der Präsident der Islamischen Glaubensgemeinschaft (IGGÖ), Ümit Vural, sprach von einem "massiven Sicherheitsrisiko" für Muslime. Auch der evengelisch-lutherische Bischof Michael Chalupka forderte, die Karte offline zu nehmen. Außerdem plädiert er für die Rückübersiedlung der Religionsagenden in der Regierung vom Integrations- ins Bildungsministerium. Eine Reaktion von Vertretern der katholischen Kirche steht bislang aus.

Integrationsministerium steht hinter der Karte

Die unter Federführung des Wiener Professors für islamische Religionspädagogik, Ednan Aslan, erstellte "Islamlandkarte" existiert seit 2012. Für massive Kritik unter islamischen Verbänden hat ihre neuerliche Präsentation durch Integrationsministerin Raab und deren "Dokumentationsstelle politischer Islam" am Donnerstag gesorgt. Vertreter einiger der dort aufgelisteten 600 Vereine kritisierten, dass sie dort mit Privatadressen genannt werden und teilweise auch veraltete Einträge noch online sind.

Der Rektor der Universität Wien, Heinz Engl, distanzierte sich bereits von der Karte, "insbesondere vom 'Impressum', in dem zur Meldung von 'Informationen zu einzelnen Vereinen oder Moscheen' aufgefordert wird. Da dort auch darauf hingewiesen wird, dass die Berichte und Informationen nicht für inhaltliche Positionen der Universität Wien stehen, habe ich die Verwendung des Logos der Universität Wien untersagt."

Das Integrationsministerium verteidigt die Veröffentlichung der Adressen dagegen mit dem Hinweis darauf, dass diese auch im Vereinsregister abgerufen werden können. Das Vereinsregister lässt allerdings nur die Suche nach einzelnen, konkreten Vereinen zu und keine Sammelabfragen.

Aslan sieht keine rechtlichen Probleme

Der Initiator der Landkarte, der Wiener Professor für islamische Religionspädagogik, Ednan Aslan, hält sein Vorgehen für rechtlich korrekt. "Die Fachleute, die mich beraten haben, sehen darin kein Problem, weil ich begründen kann, für welche wissenschaftlichen Zwecke ich diese Daten verwende", verteidigt Aslan die Veröffentlichung der Adressen. Er versichert, dass die Landkarte keinesfalls den "politischen Islam" in Österreich dokumentieren soll und berichtet außerdem, nach Drohungen im Gefolge der Karten-Präsentation unter Polizeischutz zu stehen. Er habe schon viele Drohungen erlebt, aber die jüngsten Angriffe seien sehr beunruhigend. (elas, APA, 29.5.2021)