Ednan Aslan, beziehungsweise das Institut für Bildungswissenschaft Universität Wien, ist als Eigentümer der URL eingetragen.

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Die Präsentation der "Islam-Landkarte" durch die Dokumentationsstelle Politischer Islam hat aus diversen politischen Lagern entsprechende Reaktionen hervorgerufen. Ergänzend zu den Bedenken zur Listung diverser Orte gibt es jedoch auch nicht unerhebliche technische und datenschutzrechtliche Bedenken gegen die Website. Die Datenschutz-NGO Noyb hat sie sich für den STANDARD angesehen.

Besucher-Daten wandern in die USA

So bemerkt Horst Kapfenberger, Informatiker bei der Non-Profit-Organisation, dass auf der Website keine Datenschutzrichtlinie zu finden sei. In einem solchen Fall "kommt der Betreiber der Webseite seiner gesetzlich geforderten Informationspflicht nicht nach", sagt Kapfenberger.

Schon beim Aufruf der Website werden die Daten der Besucher in die USA gesendet, wie der Experte weiter ausführt: "Personenbezogene Daten gehen an zwei US Firmen, die im Werbegeschäft stehen." Die Seite selber wird bei Amazon Irland (AWS) betrieben, zu Facebook führt ein Link im Hauptmenu.

Ziel verfehlt

Generell ist die Seite dem Experten zufolge nicht besonders sicher gestaltet. So verzeichnet das Datenschutz-Tool Webkoll bei Eingabe der Domain www.islam-landkarte.at 97 Third-Party-Requests, eine Content Security Policy fehlt dem Tool zufolge ebenso wie eine Referrer Policy.

"Bei der Erstellung der Seite ist wohl der Datenschutz etwas vernachlässigt worden – so wie auch die Sicherheit in manchen Punkten", sagt Kapfenberger. Als Beispiel nennt er das Fehlen der "Referrer Policy". Durch ihr Fortbleiben würden die zuvor genannten Firmen darüber informiert, auf welcher Seite sich der Besucher gerade befindet. Kapfenberger dazu: "Das kommunizierte Ziel dieser Webseite wäre ja eigentlich, Informationen für eine bestimmte Religionsgruppe bereitzustellen, und nicht Dritte über mögliche Religionszugehörigkeiten von Besuchern zu informieren."

Ednan Aslan ist Eigentümer der URL

Als Eigentümer der URL wird beim Service Whois übrigens Ednan Aslan, beziehungsweise das Institut für Bildungswissenschaft Universität Wien angeführt. Zuletzt hatte sich die Universität Wien allerdings von der "Islam-Landkarte" distanziert und die Logoverwendung untersagt.

In einem Tweet heißt es, dass Ednan Aslan das Vorgehen der Uni Wien nicht nachvollziehen könne, zudem verweist er auf den Kooperationsvertrag mit der Universität. "Ziel der online abrufbaren Landkarte ist laut Dokumentationsstelle, einen Überblick über muslimische Einrichtungen zu geben", heißt es dort weiter.

Kritik an Inhalten

Noch neben den technisch-formalen Datenschutzbedenken wurde am Freitag und Samstag auch Kritik an den eigentlichen Inhalten der "Islam-Landkarte" geäußert. So merkt der Wiener Stadtentwicklungssprecher Omar Al-Rawi (SPÖ) auf Twitter an, dass auch die Wohnadresse seiner Schwester auf der Landkarte aufscheine, obwohl die keine Funktion begleite.

Zwei Stunden später bemerkte Al-Rawi, dass die Privat-Adresse seiner Schwester wieder verschwunden sei, zu diesem Zeitpunkt war ihm zufolge auch die Islam-Karte als Ganzes offline. Zum aktuellen Zeitpunkt (Samstag, 13 Uhr) ist die Karte online.

Diverse Vertreter einiger der dort aufgelisteten 600 Vereine hatten bereits zuvor kritisiert, dass sie dort mit Privatadressen genannt werden und teilweise auch veraltete Einträge noch online sind.

Der Präsident der Islamischen Glaubensgemeinschaft (IGGÖ), Ümit Vural, sprach von einem "massiven Sicherheitsrisiko" für Muslime. Auch der evangelisch-lutherische Bischof Michael Chalupka forderte, die Karte offline zu nehmen. Außerdem plädiert er für die Rückübersiedlung der Religionsagenden in der Regierung vom Integrations- ins Bildungsministerium.

Muslimische Jugend will klagen

Nach diesen kritischen Äußerungen verschiedener Institutionen kündigte die Muslimische Jugend Österreich (MJÖ) am Samstag schließlich an, gegen die "Islam-Landkarte " klagen zu wollen. "Die Veröffentlichung sämtlicher Namen, Funktionen und Adressen von muslimischen und als muslimisch gelesenen Einrichtungen stellt eine nie dagewesene Grenzüberschreitung dar", hieß es in einer Aussendung am Samstag.

Man werde alle juristischen Möglichkeiten dagegen ausschöpfen, heißt es. Welche Schritte genau ergriffen werden sollen, wird nach Angaben einer Sprecherin derzeit von der Anwältin der Organisation geprüft.

Das Integrationsministerium verteidigt die Veröffentlichung der Adressen mit dem Hinweis darauf, dass diese auch im Vereinsregister abgerufen werden können. Das Vereinsregister lässt allerdings nur die Suche nach einzelnen, konkreten Vereinen zu und keine Sammelabfragen. (Muzayen Al-Youssef, Stefan Mey, 29.5.2021)