Komposition in Knallrot: Maria Lassnigs "Selbstporträt als Hund" (1965) im visuellen Dialog mit einer Skulptur von Hans Kupelwieser.
Foto: Museum Ortner, Wien / Gregor Hofbauer

Wer die Performance österreichischer Künstler auf dem Kunstmarkt auch nur sporadisch beobachtet, stellt sich bisweilen durchaus die Fragen: Wohin wandern die teilweise schmucken Repräsentanten einer Epoche ab – und vor allem: Wer lässt dafür Beträge springen, die zum Teil deutlich über einem durchschnittlichen Jahresverdienst liegen? Etwa die 162.500 Euro, die ein Unbekannter beim Auktionshaus Christie’s im Herbst 2019 in Amsterdam für ein Gemälde von Kiki Kogelnik bewilligte, der höchste je für eine Arbeit der Künstlerin bei einer Auktion notierte Kaufpreis.

Ein offenkundig vermögender Privatsammler, der anonym bleiben möchte – sehr viel mehr ist meist nicht in Erfahrung zu bringen, vielleicht noch die jeweilige Nation.

Ob das Werk künftig die Wand eines Refugiums ziert oder wahlweise in ein Depot oder Zollfreilager transportiert wird, bleibt ja dem Käufer überlassen.

Dezent extravagant

Im Ortskern von Rodaun, einem Stadtteil des 23. Wiener Gemeindebezirks, fand Der STANDARD nun einige Antworten. Konkret in einem jüngst fertiggestellten Neubau zu Füßen der barocken Bergkirche und des weitläufigen Areals von Schloss Rodaun. Von außen wirkt das auf einem asymmetrischen Grundstück nach Plänen des Kremser Architekten Franz Gschwantner errichtete Gebäude weniger spektakulär als dezent extravagant.

Der Zweck erschließt sich für Passanten weder architektonisch noch über Hinweisschilder. Zwei im Vorgarten platzierte Skulpturen – von Andreas Urteil und Hans Kupelwieser – verweisen jedoch auf einen kunstsinnigen Bauherrn. Sein Name: Klaus Ortner, der aus einem mittelständischen Installateurbetrieb seit den 1960er-Jahren eine international erfolgreiche Industriegruppe entwickelte und Hauptaktionär des Baukonzerns Porr ist.

Mit dem Neubau seines Privatmuseums beauftragte Klaus Ortner den Kremser Architekten Franz Gschwantner. Die Gartengestaltung übernahm Architektin Maria Auböck.
Foto: Museum Ortner, Wien / Gregor Hofbauer

Rekord-Einzelspender mit freier Wand

Zuletzt machte er über die Millionenabgabe seines IGO-Ortner-Imperiums (2017–2019: 1.049.000 Euro) an die ÖVP als größter Einzelspender medial mehr von sich reden, als es dem Naturell des bald 77-Jährigen mundete. In die aus seinem Privatvermögen finanzierte Leidenschaft für Kunst investierte er im Laufe der Jahrzehnte ein Vielfaches und jetzt noch in sein eigenes Privatmuseum samt begleitender Publikation.

Auf sechs Ebenen und 800 Quadratmetern sind dort 170 Beispiele der österreichischen Kunstgeschichte, mit einem Schwerpunkt auf das 19. und 20. Jahrhundert, zu sehen: "by appointment only", organisiert über seinen langjährigen Wegbegleiter, den Kunsthändler Herbert Giese. Bei ihm erwarb Ortner zahlreiche Werke, aber vor allem 1973 auch das allererste Gemälde: Garteneingang einer Villa (1906) von Ludwig Ferdinand Graf. Ein Spontankauf, um eine leere Wand zu schmücken – nicht mehr, aber auch nicht weniger. Der Aufbau einer Sammlung war damals kein Thema, und doch folgten weitere Ankäufe. "Es gab nur zwei Kriterien: Es musste mir gefallen, und ich musste es mir ohne Einschränkungen leisten können", resümiert er.

300 gesammelte Werke

Der Debütkauf hängt in Ortners Wohnzimmer in Seefeld, und andere Dutzendschaften "bereichern" den Lebensraum der Familie auch in der Villa in Wien Rodaun. Von den rund 300 Werken der Sammlung übersiedelte eine Auswahl in das gegenüberliegende Museum. Empfangen wird man dort vom Rekordbild Superserpent (1974), Kogelniks Antwort auf den Feminismus der 1970er-Jahre, die ein ironisches Licht auf die kommerzielle Verwertung klischeehafter Schönheit warf.

Es ist nicht das einzige Werk, das ehedem der Bank Austria gehörte, die ihre Sammlung seit Monaten versilbert. Nach der Christie’s Sause in Amsterdam wanderten auch dort versteigerte Werke Arnulf Rainers nachträglich in Ortners Besitz: darunter Face Coloration (75.000 Euro) über Giese & Schweiger oder auch ein Kreuz von 1981/86 (158.500 Euro) über die Galerie Ruberl.

Auf insgesamt sechs Ebenen werden rund 170 Werke gezeigt, die einen Querschnitt durch die österreichische Kunst des 19. und 20. Jahrhunderts repräsentieren.
Foto: Museum Ortner, Wien / Gregor Hofbauer

Neue Heimat

Weiters fanden hier einige Schützlinge aus Rudolf Leopolds Privatbesitz eine neue Heimat, dazu solche aus anderen Privatsammlungen, die teilweise über Versteigerungen auf den Markt kamen und für die Ortner zuletzt Rekordwerte berappte: etwa Rudolf Wackers Selbstbildnis Der Maler (549.000 Euro, Hassfurther 2017) oder auch Koloman Mosers Feldeinsamkeit (im Kinsky), das ihm vergangenes Jahr stattliche 960.000 Euro wert war.

Und doch ist Klaus Ortner als Sammler nicht jeden Preis zu zahlen bereit: Bei Carl Molls jüngst für 4,7 Millionen Dollar in den USA versteigertem Interieur ließ er schließlich anderen, darunter Milliardärin Heidi Horten, den Vortritt. (Olga Kronsteiner, 30.5.2021)