Tomislav Tomašević bei der Feier seines Wahlsiegs am Sonntag.

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Zagreb – Die kroatische Hauptstadt Zagreb ist politisch grün geworden. Damit ist ein Trend, der schon andere europäische Hauptstädte wie Budapest erfasst hat, auf dem Balkan angekommen. Der neue Bürgermeister Tomislav Tomašević vom links-grünen Bündnis Možemo (Wir können), der am Sonntag einen Erdrutschsieg einfuhr, ist mit 39 Jahren nicht nur der jüngste Bürgermeister von Zagreb, er leitet auch eine junge, bürgernahe und immer wichtiger werdende Plattform.

Unter seiner Führung werde Zagreb eine grünere, fairere und transparentere Stadt sein, betonte Tomašević in seiner Siegerrede. Er kündigte eine bessere Stadtverwaltung und höhere Lebensqualität für alle Bürger an. "Zagreb wird eine Stadt für alle sein, nicht nur für Auserwählte", sagte er.

Kritik an Vorgänger

"Ich kämpfe mein ganzes Leben für diese Stadt, gegen die Entscheidungen derer, die diese Stadt gefangen genommen haben und sie als ihren eigenen Bankomat benutzt haben", sagte er mit Blick auf klientelistische Netzwerke aus der 20-jährigen Ära seines Vorgängers Milan Bandić, die heuer abrupt endete, als der Langzeitbürgermeister im Februar an einem Herzinfarkt starb. Seine Amtszeit war von zahlreichen Vorwürfen der Korruption und des Klientelismus geprägt.

Tomašević erinnerte daran, dass seine Kampagne für Zagreb bereits im Jahr 1998 begonnen habe, als er gegen illegale Müllentsorgung in Wasserschutzgebieten kämpfte. Damals schloss sich Tomašević als 16-Jähriger der Zagreber Umweltorganisation Zelena Akcija (Grüne Aktion) an. Das bestimmte seine künftige professionelle Laufbahn und führte dazu, dass er sich die nächsten zwei Jahrzehnte als Aktivist mit Fragen des Umweltschutzes, des öffentlichen Raums, der Menschenrechte und der sozialen Gerechtigkeit befasste. Tomašević studierte zunächst Jus, wechselte aber vor dem Abschluss zur Politikwissenschaft in Zagreb. In Cambridge absolvierte er ein Magisterstudium im Bereich Umwelt, Gesellschaft und Entwicklung.

Auch bei Parlamentswahl 2019 erfolgreich

Seinen ersten Vorstoß in der Hauptstadtpolitik machte er 2017, als er für das Bürgermeisteramt kandidierte, aber nur knapp vier Prozent erreichte. Seine Plattform "Zagreb je naš" (Zagreb gehört uns) aus linken und grünen Parteien zog allerdings mit vier Mandaten erstmals in die Stadtversammlung ein. Dort profilierte sich Tomašević als scharfer Kritiker von Langzeitbürgermeister Bandić.

Im Jahr 2019 begab sich Tomašević mit der neugründeten links-grünen Partei Možemo auch in die nationale Politik. Das erste Antreten bei der Europawahl blieb erfolglos, ein Jahr später wurde das Wahlbündnis aber zur größten Überraschung der Parlamentswahl. Erstmals zogen Grüne in das kroatische Parlament ein, wo der links-grüne Block derzeit sechs Mandate hält. Seinen Sitz im Parlament wird Tomašević nun zurücklegen.

Satte Mehrheit

Der zweite Auftritt bei den Lokalwahlen war nunmehr triumphal: Bei der zweiten Runde der Bürgermeisterwahl hat Tomašević mit 65,25 Prozent gegen den Rechtspopulisten Miroslav Škoro (34,8 Prozent) gesiegt. In der Stadtversammlung erreichte Možemo 23 der 47 Mandate und verfehlte die absolute Mehrheit um lediglich ein Mandat. Erwartet wird eine Koalition mit den Sozialdemokraten (SDP), die fünf Mandate halten.

Die satte Mehrheit dürfte dem neuen Bürgermeister die angekündigten Veränderungen erleichtern. "Vor uns steht große Arbeit. Die Veränderungen werden weder schnell noch einfach sein", sagte Tomašević am Wahlabend. Als Erstes will er die nach seiner Ansicht überdimensionierte Stadtverwaltung umstrukturieren. Der grüne Stadtchef kündigt außerdem an, in der Stadt weiterhin zu Fuß, mit dem Fahrrad oder der Straßenbahn unterwegs zu sein. Seinen Dienstwagen wolle er nur benutzen, wenn es das Protokoll verlange. (APA, 31.5.2021)