Wiens Gesundheitsstadtrat Peter Hacker kann die Partys vom Wochenende am Donaukanal nachvollziehen. Eine Sorglosigkeit kann er nicht erkennen.

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Wiens Gesundheitsstadtrat Peter Hacker (SPÖ) sieht bei der laufenden Impfkampagne noch viel Luft nach oben. Man habe bis jetzt nur einen guten Impfstart hingelegt, sagte er im Ö1-"Morgenjournal" am Montag. "Wir feiern uns viel zu früh ab. Wir sind noch lange nicht fertig." Immerhin seien erst rund 40 Prozent der Bevölkerung einmal geimpft. Nur die Hälfte davon sei voll immunisiert.

Hacker erwartet einen eher ruhigen Sommer. Danach werde aber die Gefahr bestehen, "dass die indische Mutation im Oktober, November die Zahlen nach oben treibt", so Hacker. Die Auswirkungen dieser Mutante würden sich aktuell schon in Großbritannien zeigen. Um das zu verhindern, müsse die Impfkampagne bis zum Herbst vorangetrieben werden. Ziel müsse es sein, 80 Prozent der Bevölkerung bis dahin durchzuimpfen.

Zum Thema Tests meint Hacker, dass diese über den Sommer und Herbst hinaus weiterhin kostenlos bleiben werden. Zudem werde man diese "bis in den Winter brauchen". Dabei sei er einer Meinung mit Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein (Grüne). Allein in Wien habe es am Wochenende 80.000 PCR-Tests gegeben – und weitere 80.000 Antigentests.

"Sorglosigkeit kann ich nicht sehen"

Am Wochenende gab es in Wien erneut zahlreiche Open-Air-Partys weit nach der Sperrstunde der Lokale um 22 Uhr. Hotspot war der Donaukanal, Mindestabstand und Masken waren dort Mangelware. Hacker zeigte dennoch Verständnis für die Jugendlichen: "Wir sind eine Zwei-Millionen-Stadt. Dass sich die Jugendlichen wieder treffen an einigen wenigen Plätzen der Stadt, das ist nicht überraschend. Ich kann es nachvollziehen. Ich verstehe es und gönne es ihnen auch."

Eine Sorglosigkeit könne er nicht erkennen. Hacker verwies auf Mindestabstand und Masken, nur einige wenige hätten es übertrieben: "Da ist die Polizei vor Ort, hat viele Beratungsgespräche vor Ort geführt, worüber ich sehr froh bin. Und einige wollten es genau wissen und haben ein kleines Ordnungsmandat bekommen." Laut Polizei wurden 36 Anzeigen und 27 Organmandate ausgestellt, vier Personen wurden festgenommen.

Noch kein Vollbetrieb des grünen Passes ab 4. Juni

Bezüglich des grünen Passes sah Hacker noch "viele Fragen offen" – etwa im Bereich der Programmierung. Der grüne Pass soll als elektronischer Nachweis der drei G – also eines negativen Corona-Tests, der erhaltenen Impfung oder einer überstandenen Infektion – gelten. Hacker glaubt aber nicht daran, dass dieser wie von der Regierung angekündigt mit allen Funktionen am 4. Juni startet. Bis er vollinhaltlich funktioniere, "wird es noch einige Wochen dauern", sagte Hacker.

Zu seiner Forderung, die Reha-Kosten für die Corona-Langzeitfolgen Long Covid solle die Sozialversicherung bezahlen, sagte Hacker, etwa zehn Prozent der Corona-Kranken seien Betroffene, die derzeit in Akut-Spitälern versorgt würden. "Aber das kann nur für die Startphase brauchbar sein. Das ist auch der Grund, warum wir in Wien über hundert Patienten im Spital haben." Die künftigen Kosten für Long Covid seien noch nicht abschätzbar. Jetzt müsse der Reha-Plan, der bis 2025 gilt und in dem Covid noch nicht vorkommt, rasch überarbeitet werden.

Die Ankündigung von Bildungsminister Heinz Faßmann (ÖVP), Impfstationen in Schulen und mobile Impfteams einzurichten, sei ein sehr guter Vorschlag. Wien habe allerdings den Ehrgeiz, die Schülerinnen und Schüler noch vor dem Schulstart im Herbst zu impfen, und im Sommer seien die Schulen ja geschlossen. "Aber wir sehen, wie weit wir dann kommen" – und "zumindest als Ergänzung im Herbst" könne er sich das vorstellen. (krud, 31.5.2021)