Die Befürchtung, dass die "Islam-Landkarte" ein Sicherheitsrisiko für muslimische Einrichtungen darstelle, teilt Ministerin Raab nicht.

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Wien – Nach der Präsentation der "Islam-Landkarte" durch die Dokumentationsstelle politischer Islam (mit vollem Namen: Österreichischer Fonds zur Dokumentation von religiös motiviertem politischen Extremismus) ist nun auch Integrationsministerin Susanne Raab (ÖVP) in sozialen Medien bedroht worden. Laut einem Sprecher der Ministerin wurde das Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT) informiert. Die Ermittlungen der Polizei liefen auf allerhöchster Stufe, hieß es.

Raab verteidigte indes die "Islam-Landkarte" bei einer Pressekonferenz mit Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) am Montag. Nehammer zeigte sich verärgert, dass solche Drohungen fast schon normal seien. Es brauche einen gesellschaftlichen Diskurs, um wieder zu einem vernünftigen Umgang auch bei kontroversiellen Themen zu kommen. Die an der Landkarte beteiligten Wissenschafter Mouhanad Khorchide und der Projektleiter und Professor für islamische Religionspädagogik and der Uni Wien, Ednan Aslan, sind offenbar bereits nach der Präsentation bedroht worden. Letzterer steht nach eigenen Angaben mittlerweile unter Polizeischutz.

Raab sieht Service für Muslime

Raab und Nehammer halten die "Islam-Landkarte", auf der nicht nur extremistische Organisationen eingetragen sind, für eine Art Service für die Muslime im Land. So sähen diese, wo es extreme Einrichtungen gebe. Die Kritik verstand die Integrationsministerin nicht. Auch ein Sicherheitsrisiko für die muslimischen Einrichtungen durch die Landkarte sieht sie nicht, wären doch alle Adressen öffentliche Daten.

Die sogenannte "Islam-Landkarte", die alle über 600 islamischen Organisationen in Österreich erfassen soll, sorgt seit ihrer Vorstellung allerdings für große Empörung. Neben der Befürchtung, dass die Karte islamophobe Einstellungen und Übergriffe beflügeln könnte, wurden offenkundige Mängel nach der Veröffentlichung der Auflistung festgestellt. Teils wurden veraltete Angaben gefunden, denn die Liste gibt es schon länger. Zudem sind auch Privatadressen veröffentlicht worden. Für besondere Empörung sorgte die zwischenzeitlich wieder entfernte Passage im Impressum, in der zur Meldung von "Informationen zu einzelnen Vereinen oder Moscheen" aufgefordert wurde. Dies hatte den Rektor der Uni Wien veranlasst, den Gebrauch des Logos der Universität zu untersagen.

Religionsvertreter gegen Landkarte

Kritik an der Landkarte kam am Montag abermals von der evangelischen Kirche. Der Landessuperintendent der evangelisch-reformierten Kirche in Österreich, Thomas Hennefeld, empfahl wie bereits der evangelisch-lutherische Bischof Michael Chalupka zuvor der Integrationsministerin, die "Islam-Landkarte" schnell wieder vom Netz zu nehmen. Erst am Samstag hatte die Muslimische Jugend Österreich (MJÖ) im Gespräch mit dem STANDARD rechtliche Schritte gegen die von Raab präsentierte Karte angekündigt, weil sie in der Veröffentlichung der Vereine eine "Grenzüberschreitung" ortet.

Zur Kritik von Wiens Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) meinte Raab am Montag, wenn man wie in der Bundeshauptstadt Integrationsprobleme verstecke, sei man am Holzweg. Ludwig hatte am Wochenende in einem STANDARD-Gespräch kritisiert, dass die Landkarte die Spaltung der Gesellschaft befördere. Stigmatisierung von Religionen lehne er ab. (red, APA, 31.5.2021)