Mit Corona-Tests machen viele gute Geschäfte.

Foto: imago images/Ralph Lueger

Wie die sprichwörtlichen Schwammerln sind in den vergangenen Wochen in Deutschland Corona-Testzentren aus dem Boden geschossen. Manchmal sind diese sehr einfach ausgestattet. Ein weißes Partyzelt am Parkplatz eines Baumarktes, ein Plastikstuhl, ein paar Biertische – fertig ist die Einrichtung.

Es geht natürlich auch hinter festen Mauern, etwa in ehemaligen Lokalen oder Spielhallen. Der Zweck aber ist überall der gleiche: möglichst vielen Menschen Gelegenheit für Corona-Tests zu offerieren. Denn auch in Deutschland gilt die Drei-G-Regel: Um in ein Lokal oder ein Museum zu kommen, muss man geimpft, getestet oder genesen sein.

Bezahlt werden die Nasen- oder Rachenabstriche – die sogenannten "Bürgertests" – den in Deutschland Lebenden vom Bund. Man kann sie sogar einmal pro Tag durchführen lassen. Wer eine Teststelle betreibt, erhält dafür 18 Euro pro Test. Doch im schnell aufgezogenen Netz an Zentren gibt es offenbar auch schwarze Schafe.

Niedrige Hürden

Recherchen des NDR, WDR und der "Süddeutschen Zeitung" ergaben, dass mache Zentren sehr viel mehr Tests abrechnen, als sie tatsächlich durchführen. Stichprobenartige Zählungen an einzelnen Einrichtungen hätten gezeigt, dass die Zahl der wirklich absolvierten Tests zum Teil nur ein Zehntel der an das Bundesland gemeldeten Abstriche beträgt.

Die Hürden für die Einrichtung einer Teststelle sind niedrig. In Berlin etwa ist ein Online-Kurs nötig, man muss zudem versichern, die Hygieneregeln einzuhalten. Zwar müssen die Betreiber die Nachweise über durchgeführte Schnelltests laut bundesweiter Corona-Testverordnung dokumentieren und bis Ende 2024 aufbewahren.

Doch die kassenärztlichen Landesvereinigungen, die das Geld erstatten, kontrollieren die Angaben aus Datenschutzgründen nicht. Die Belege müssen auch nicht eingereicht werden.

Ermittlungen angelaufen

Die Schwerpunktstaatsanwaltschaft Wirtschaftskriminalität in Bochum(Nordrhein-Westfalen) hat inzwischen Ermittlungen aufgenommen, es geht um Testzentren in Nordrhein-Westfalen und in Bayern. Ermittelt wird auch in Schleswig-Holstein, Sachsen-Anhalt, Sachsen und Hessen.

In der Kritik steht der deutsche Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU), auf ihn schießt sich auch der Koalitionspartner SPD ein. "Er trägt die Verantwortung für den verantwortungsvollen Umgang mit dem Geld der Steuerzahler und muss die Selbstbedienung unverzüglich beenden", sagt der parlamentarisches Geschäftsführer der SPD-Fraktion, Carsten Scheider, und erinnert an die Maskenaffären: "Nach den Masken jetzt die Schnelltests. Das Managementversagen im Gesundheitsministerium hat inakzeptable Ausmaße angenommen."

Spahn verteidigt die gesetzliche Grundlage mit dem Hinweis, die Infrastruktur habe schnell aufgebaut werden müssen. Deutschland hat später als Österreich flächendeckend zu testen begonnen, nämlich erst im März. Die Verantwortung für Kontrollen will der deutsche Gesundheitsminister nicht übernehmen. Er meint: " Der Bund setzt den Rahmen, der Bund gibt die Regeln vor, der Bund übernimmt die Kosten, aber der Bund kann nicht die Teststellen vor Ort kontrollieren."

Weniger Geld vom Bund

Dem widerspricht der Chef des Städte- und Gemeindebundes, Gerd Landsberg: "Der Bund ist als Auftraggeber gefordert, für eine angemessene Kontrolle zu sorgen. Die Gesundheitsämter der Kommunen können das nicht auch noch tun, die sind schon völlig überlastet."

Am Montag bat Spahn die Gesundheitsminister der Länder zum Krisengespräch. Fazit: Man will nun Regeln ausarbeiten, um Betrug zu erschweren. So könnten Betreiber der Zentren verpflichtet werden, ihre Steueridentifikationsnummer angeben zu müssen. Der Bund will außerdem weniger für die einzelnen Tests zahlen, da diese mittlerweile viel günstiger am Markt sind. (Birgit Baumann aus Berlin, 31.5.2021)