Der stellvertretende Landespolizeidirektor der Steiermark, Alexander Gaisch, wurde 2019 durch einen Ausraster am Telefon landesweit bekannt.

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Graz – Der stellvertretende steirische Landespolizeidirektor, Alexander Gaisch, der 2019 durch das Leaking der sogenannten Notruf-Affäre österreichweit bekannt worden war, übernimmt wieder seine alte Funktion. Landespolizeidirektor Gerald Ortner sagte am Dienstag, jeder habe eine zweite Chance verdient, es gebe eine positive Zukunftsprognose. Gaisch bedauerte sein "Fehlverhalten zutiefst". Bei dem jungen Kollegen habe er sich entschuldigt und ein persönliches Gespräch geführt.

Der hohe Beamte Gaisch hatte im September 2019 beim Notruf in der Landesleitzentrale (LLZ) ein möglicherweise unerlaubtes Feuerwerk telefonisch melden wollen. Als er trotz Namensnennung nicht von einem jüngeren Kollegen erkannt wurde, drohte er u.a., ihm "die Wadl virezurichten" sowie mit Konsequenzen. Der Mitschnitt des Telefonats gelangte drei Monate später an die Öffentlichkeit.

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Gaisch war bei Bekanntwerden der Angelegenheit im Dezember 2019 von seinem Amt als stellvertretender Landespolizeidirektor abgezogen worden. Zwischenzeitlich war er dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl dienstzugeteilt. Die Wochenzeitung "Falter" hatte damals einen Mitschnitt des Gesprächs veröffentlicht. Die Staatsanwaltschaft Klagenfurt hatte die Angelegenheit übernommen. Nach einer Diversion im Jänner 2021, einer Geldbuße und einem reumütigen öffentlichen Brief plus Entschuldigung bei dem damals diensttuenden jungen Kollegen sowie bei Vorgesetzten übernimmt er nun wieder seinen Posten.

Ortner sagte in einer Pressekonferenz am Dienstag in Graz, nach eingehender Prüfung der Angelegenheit sei mit Wirkung von Dienstag Gaisch wieder als Leiter des Geschäftsbereichs B und stellvertretender Landespolizeidirektor – neben Manfred Komericky – eingesetzt. Ortner sagte weiters, nach dem Gespräch am Abend des Freitag (6. September 2019) wurde ihm der Sachverhalt mitgeteilt, er habe daraufhin sofort am Montag Gaisch sein "Missfallen deutlich mitgeteilt".

Diversion angenommen

Gaisch habe sich einsichtig gezeigt, eine dienstrechtliche Prüfung wurde vorgenommen, die Diversion habe er sofort angenommen, auch die Geldbuße sofort bezahlt. Der nächste Schritt der Landespolizeidirektion (LPD) sei es gewesen, alle Fakten zu beurteilen und abzuwiegen. Es gab eine positive Zukunftsprognose, eine weitere Verwendung sei möglich, sagte Ortner. Alle Verfahren seien rechtskräftig und soweit für die LPD abgeschlossen.

Ihm sei bewusst, es gebe nicht nur rechtlichen, sondern auch einen moralischen Aspekt, so der Direktor. Er habe mit Gaisch in den vergangenen eineinhalb Jahren oft gesprochen und mit ihm reflektiert. "Ich bin überzeugt, er hat sein Fehlverhalten sehr genau hinterfragt und seine Schlüsse daraus gezogen. Ich hatte schon damals den Eindruck, er bereut und bedauert zutiefst. Es ist auch das Verhalten danach zu beurteilen. Ich gewähre die Chance, gewähren Sie das bitte auch", sagte Ortner vor Journalisten. Was geschehen sei, entspreche nicht dem, was er tagtäglich im Umgang der Kollegen miteinander erlebe, sagte Ortner.

Gaisch bereut Umgangston

Gaisch selbst sagte: "Es tut mir innerlich sehr leid, ich bereue zutiefst, das Verhalten entspricht keineswegs meinem üblichen Umgangston." Als er später das Tonband gehört habe, "kam mir so vor, als ob das nicht ich gewesen wäre." Gaisch sprach von einer Stresssituation, einem schweren Ausrutscher. Er sei damals in einem Erschöpfungszustand gewesen und früh zu Bett gegangen, als jemand in der Nähe ein Feuerwerk zündete. Er habe bei dem Telefonat mit der LLZ auch nicht alles verstanden wegen des Lärms, er sei wie aus dem Schlaf gerissen gewesen: "Da ist man konfus."

Mit dem betroffenen jungen Kollegen habe es ein Gespräch gegeben, im Beisein von Vertrauenspersonen beider Seiten. "Es war ein angenehmes Gespräch auf Augenhöhe", sagte Gaisch auf Journalistenfragen. Es habe ihm und dem Kollegen sehr geholfen. "Ich glaube, wir haben uns rund eine Stunde kameradschaftlich unterhalten", so der hochrangige Polizist. Was er damals beim Anruf gesagt habe, sei ein kompletter Blödsinn gewesen, das habe er nie intendiert. Der Beamte habe seine Entschuldigung angenommen. Ortner sagte auf Pressefragen, der junge Polizist sei gleich nachdem er von der Sache erfahren habe, kontaktiert und informiert worden, dass er nichts zu befürchten habe.

Gaisch sagte weiters, er habe in den 35 Dienstjahren eine innerliche Verbundenheit zu seinem Beruf entwickelt, er glaube einen positiven Beitrag leisten zu können. Die Einsicht werde er zeit seines beruflichen Lebens mitnehmen. Er verstehe das öffentliche Interesse an der Sache und auch, dass es an die Polizei einen höheren moralischen Anspruch gebe. "Ich habe mir am nächsten Tag, als Emotion und Stress weg waren, gedacht, welchen Blödsinn ich gebaut habe", so der Offizier. Er wolle sich auch bei Ortner und dessen Stellvertreter Komericky bedanken, dass sie ihm nicht das Wort verweigert hätten. Auch für den betroffenen Beamten sei es keine leichte Zeit gewesen, er habe sich zeitnah bei ihm entschuldigt, schilderte Gaisch. Bei der Polizei aufzuhören habe er nicht in Erwägung gezogen, sagte Gaisch auf Journalistenfragen: "Aufzugeben ist nicht erste Wahl in meinem Leben."

Sein Kollege als stellvertretender steirischer Polizeidirektor, Manfred Komericky, plädierte für Gaisch: "Wir kennen ihn sehr, sehr lange, über 30 Jahre, und wir kennen auch seine positive und konstruktive Arbeit als Führungsorgan. Ich bin mir sicher, wie er sagt, er wird aus dem Fehler lernen, und er weiß, alle werden hinschauen und das ist auch gut. Ich freue mich, dass er in unserer Runde ist. (APA, 1.6.2021)