Die Gastherme ist angezählt, Wasserstoff (H2) aber nicht unbedingt zum Heizen in Haushalten gedacht. Erneuerbares Gas soll vielmehr Sektoren wie Industrie oder Schwerverkehr vorbehalten bleiben.

afp / Van der Wal

Das dem Klima geschuldete Hinausdrängen fossiler Energieträger aus Wirtschaft und Haushalten wird in Österreich auch zu einer logistischen Herausforderung. Zuoberst steht die Frage, woher Ersatz kommen soll. Bei Strom sind es Sonne und Wind, die künftig die benötigten Mengen liefern sollen. Bei Gas, das für gewisse Sektoren auf absehbare Zeit unverzichtbar scheint, ist es komplizierter.

Das lässt eine Studie vermuten, die am Dienstag im Klimaschutzministerium präsentiert wurde. Die Energieagentur hat gemeinsam mit dem Energieinstitut der Johannes-Kepler-Universität Linz und der Montanuniversität Leoben eine qualitative Abschätzung von Angebot und Nachfrage im Jahr 2040 vorgenommen. Ergebnis: Es klafft eine deutliche Lücke zwischen dem Bedarf und den erzeugbaren Mengen an grünem Gas in Österreich.

Logistische Herausforderung

Da auch andere europäische Länder weg von Erdgas hin zu erneuerbarem Gas wollen, wird das Organisieren der notwendigen Mengen auch zu einer logistischen Herausforderung. Für Klimaschutzministerin Leonore Gewessler (Grüne) führt daran aber kein Weg vorbei. Nur so sei das angestrebte Ziel der Klimaneutralität 2040 erreichbar.

Derzeit wird fast der gesamte inländische Gasbedarf durch Importe gedeckt. Rund drei Milliarden Euro macht die Gasrechnung laut Gewessler pro Jahr aus – Geld, das ins Ausland geht und an Wertschöpfung in Österreich fehlt. Bisher war das Ziel klar, nämlich raus aus den fossilen Energien bis 2040. Was fehlte, war eine Abschätzung, wie viel Gas in einem dekarbonisierten Umfeld benötigt wird.

Große Lücke

Die Studienautoren haben sich nun jene Bereiche angesehen, wo Gas aufgrund der Energiedichte nicht ersetzt werden kann und wo folglich das bisher eingesetzte fossile Gas durch erneuerbares ersetzt werden soll. Dabei geht es um energieintensive Industrien wie Stahl und Chemie, um Schwerverkehr, wo die Batterietechnologie nicht mehr ausreicht, und Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen (KWK), die Strom und Fernwärme erzeugen.

Je nachdem, wie stark neue Technologien die alten aus dem Feld drängen, kommen die Studienautoren auf einen Bedarf von 89 bis 138 Terawattstunden (TWh) an grünem Gas im Jahr 2040. Die Industrie liegt mit 67 bis 95 TWh klar voran, gefolgt vom Verkehr (12 bis 23 TWh) und dem Bereich Energie (10 bis 21 TWh).

Klimaschutzministerin Leonore Gewessler (Grüne) und Günter Pauritsch (Energieagentur) bei der Präsentation der Studie zu erneuerbarem Gas 2040.
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Das theoretische Potenzial an erneuerbarem Gas, das aus Gülle, Jauche, Landwirtschaftsabfällen, Grünschnitt, aus Holzvergasung oder mit überschüssigem Ökostrom erzeugtem Wasserstoff maximal gewonnen werden könnte, liege bei 88 TWh. Technisch realisierbar seien tatsächlich 20 TWh, sagte Günter Pauritsch von der Energieagentur. Zum Vergleich: 2019 gab es 0,15 TWh grünes Gas in Österreich.

Biogas deutlich teurer

Die Lücke muss folglich erst wieder durch Importe gedeckt werden. Um entsprechende Mengen an erneuerbarem Gas sicherzustellen, seien diverse Projekte auf EU-Ebene im Laufen. Dass erneuerbares Gas deutlich teurer sei als fossiles, sei auch klar, sagte Pauritsch. Eine Kostenabschätzung war jedoch nicht Gegenstand der Studie.

Gewessler wies auf ein umfangreiches Förderpaket hin, das helfen soll, die Kosten für den Umstieg bei den Haushalten abzufedern. Gut gedämmte Häuser würden darüber hinaus viel weniger Energie benötigen und Heizkosten sparen helfen. Das Gasgesetz, das Förderungen und der Branche Planungssicherheit bringen soll, wird noch heuer kommen, sagte Gewessler.

Forderungen der Gasbranche

Darauf wartet die Gasbranche seit langem. Die Österreichische Vereinigung für das Gas- und Wasserfach (ÖVGW) hat am Dienstag noch einmal eindringlich darauf hingewiesen. Die Interessenvertretung der Gas- und Wassernetzbetreiber fordert eine Gleichbehandlung mit den Produzenten von erneuerbarem Strom, am besten eine technologiespezifische Ausschreibung mit Marktprämienmodell. Die ÖVGW spricht von einem Potenzial von rund vier Milliarden m3 Biomethan und von etwa zwei Milliarden m3 grünem, also mit überschüssigem Wind- oder Solarstrom erzeugten Wasserstoff. (Günther Strobl, 2.6.2021)