Gutes tun, Marschkolonnen bilden: Baden-Powell-Jünger in Österreich, hier als Pfadfinderpatrouille "Habsburg" im achten Wiener Gemeindebezirk (1912).

Foto: Österreichischer Pfadfinderbund

Die hartnäckige Weigerung des Frühlings, unsere Gliedmaßen aus der Lockdown-Starre zu lösen, verleitet viele Menschen zu Widersetzlichkeit und Trotz. Obwohl die Sonne sich hinter den Wolkenschäfchen meistens versteckt hält, lagern die Zecher zu Tausenden in den Gastgärten. Tränen des Himmels mischen sich unter das schaumige Bier – man lässt sich den Gusto trotzdem nicht vermiesen.

Sogar die Spitzen der Bundesregierung fanden sich unlängst im Wiener Prater ein, um den quälenden Durst im Schweizerhaus mit besonders kühlem Leitungswasser zu stillen. Das köstliche Budweiser-Bier? Blieb ungezapft. Exzentrischer wäre es von Kurz und Co allenfalls gewesen, den obersten geistlichen Führer des Iran zu Geselchtem mit Knödeln einzuladen. Etwaige Bewirtungspläne der genannten Art hatte man freilich mit dem beherzten Hissen von Israels Fahne von vornherein vereitelt.

Dass Mutter Natur jeden Anflug von Durst am wirkungsvollsten löscht, erfuhr ich kleiner, dicker Babyboomer im zarten Knabenalter: Meine Eltern schrieben mich bei den Pfadfindern ein. Fortan verging kein Herbst und kein Frühjahr, in dem ich nicht, ein kackbraunes Hemd am Leib und ein quietschfideles Buren-Lied auf den Lippen, durch das Unterholz kroch.

Losung des Wildes

Die Knie befleckte ich mir mit der Losung des Wildes. Darüber hinaus lernte ich, auch lässlichen menschlichen Regungen mit viel Nachsicht zu begegnen. Abends erloschen die Lagerfeuer. Rotbackige Buben, die mich wegen meines Heimwehs tüchtig gehänselt hatten, furzten, während sie in unruhigen Schlummer fielen, dumpf in ihre olivgrünen Schlafsäcke.

Meine Karriere bei den Pfadfindern währte nicht lange. Am wenigsten verstand ich die Freude der Baden-Powell-Jünger am Wandertrieb. Da das Führungspersonal jedoch größtenteils aus Bundesheersoldaten bestand, schrieb ich sie dem Wachhalten der Überlieferung gut: Ihre Väter und Onkel waren schließlich vordem in Polen einmarschiert.

Da mochte es angehen, dass wir es nur bis nach Heiligenkreuz schafften. (Ronald Pohl, 2.6.2021)