Kanadas Premierminister Justin Trudeau findet jedes Mal klare Worte, wenn es um die Verurteilung von Unrecht an indigenen Menschen in seinem Land geht. Nach dem Fund von mehr als 200 indigenen Kinderleichen auf dem Areal eines Ex-Internats sprach er von einer "schändlichen Politik, die indigene Kinder gestohlen hat". 2017 entschuldigte er sich unter Tränen bei den Ureinwohnern der Provinzen Neufundland und Labrador für das "historische Unrecht", das ihnen durch Missbrauch im Schulsystem angetan worden war. Und 2015 war er überhaupt mit dem Plan in den Wahlkampf gegangen, eine neue Ära der Zusammenarbeit mit den rund 1,7 Millionen Ureinwohnern anbrechen zu lassen.

Auf dem Areal eines Ex-Internats in Kanada wurden mehr als 200 indigenen Kinderleichen gefunden.
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Doch es blieb bei Worten, die Taten fehlen. Und die bräuchte es; denn die Diskriminierung von Indigenen ist kein Kapitel der Vergangenheit, es ist auch die Geschichte der Gegenwart. Vor kurzem musste Trudeaus Minister für indigene Angelegenheiten einräumen, dass es keine Ausrede dafür gebe, dass noch immer dutzende Gemeinschaften keinen Zugang zu Trinkwasser haben. Dass indigene Kinder deshalb unter Haut- und Magenerkrankungen leiden. Systematische Diskriminierung im Gesundheitssektor ist seit Jahren belegt.

Lösungsansätze gibt es: In den USA zeigt sich, dass durch die Selbstbestimmung der Indigenen deren Wohlstand gestiegen ist. Kanada muss nicht nur der verlorenen Rechte der Ureinwohner gedenken, sondern sie ihnen zurückgeben. (Bianca Blei, 1.6.2021)