Punktmutationen (rot) im Spike-Protein. Für die wichtigsten Virusvarianten gibt es nun eine neue Nomenklatur.

APA / Roland Schlager

Genf/Wien – Halten Sie sich eher an die Kombinationen aus Buchstaben und Zahlen? Oder finden Sie Bezeichnungen für die Virusvarianten nach den vermeintlichen Herkunftsländern einprägsamer? Egal, welche Version Sie präferieren: Die beiden Varianten der Variantenbezeichnung sollten durch eine neue ersetzt werden.

Vertreter der Weltgesundheitsorganisation WHO empfahlen Anfang der Woche, die wichtigsten Varianten von Sars-CoV-2 nach den Buchstaben des griechischen Alphabets zu benennen, und zwar nach Reihenfolge ihrer Entdeckung. Davon betroffen sind laut Mitteilung der WHO jene Mutanten, die als "besorgniserregend" ("Variant of concern", VOC) oder als "von Interesse" eingestuft worden sind. So soll eine Stigmatisierung der Länder vermieden werden, in denen die jeweiligen Varianten entdeckt wurden.

Alpha, Beta, Gamma, Delta

Nach dem neuen System heißt die "britische" Variante B.1.1.7 nun Alpha. Die erstmals in Südafrika entdeckte Mutante B.1.351 wird zu Beta, die brasilianische Variante P.1 zu Gamma. Bei der "indischen" Variante B.1.671, die wieder aus Subtypen besteht, wird unterschieden zwischen der besorgniserregenden Variante B.1.617.2, die zu Delta wird, und der Variante B.1.617.1, die derzeit als "von Interesse" eingestuft wird. Sie heißt nun Kappa.

Die griechischen Buchstaben sollen nicht die wissenschaftlichen Bezeichnungen ersetzen, sondern "in der öffentlichen Diskussion helfen", sagte WHO-Vertreterin Maria Van Kerkhove. Die wissenschaftliche Nomenklatur sei nämlich anfällig für eine falsche Wiedergabe. Nationale Behörden, Medien und andere sind daher dazu aufgerufen, die neuen Namen zu übernehmen.

Ob die neue Nomenklatur verwendet werden ist, wird sich weisen. Im Fachblatt "Nature" sehen aber auch Fachleute eindeutige Vorteile, die bestimmte Nachteile überwiegen würden. Im STANDARD werden wir uns in den nächsten Tagen daraum bemühen, den Umstieg zu schaffen – zunächst womöglich noch mit Erinnerungshilfen, welche Variante für welchen Buchstaben steht.

Verworfene Alternativen

Der Entscheidung für das griechische Alphabet waren monatelange Überlegungen vorausgegangen, wie der daran beteiligte Bakteriologe Mark Pallen berichtet. Dabei hätten die Experten zunächst auch griechische Götter oder "pseudoklassische Wortschöpfungen" in Betracht gezogen. Zudem gab es den Vorschlag, die Varianten als VOC1, VOC2 zu benennen, was Pallen selbst verhinderte. Seine Begründung: Ausgesprochen ähnelten sie zu sehr einem englischen Schimpfwort. (red, 2.6.2021)