Um so lange wie möglich zu Hause alt werden zu können, braucht es vielfach Unterstützung von Betreuerinnen.

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Man muss den Menschen entgegenkommen und es leistbar machen", sagt die diplomierte Gesundheit- und Krankenpflegerin Kerstin Marchner.

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Die Corona-Krise hat die 24-Stunden-Betreuerinnen, die meist aus osteuropäischen Ländern nach Österreich reisen, um hier alte Menschen in ihrem Alltag unterstützten, kurz ins mediale Scheinwerferlicht gestellt. Doch seit die Sonderzüge abgefahren und das extra gecharterte Flugzeug für die Arbeitskräfte aus dem Osten wieder in Österreich gelandet war, ist es auch wieder still um die 24-Stunden-Betreuerinnen geworden.

In der Pflegereform werde die 24-Stunden-Betreuung nur als Randerscheinung behandelt, kritisiert Kerstin Marchner. Die diplomierte Gesundheits- und Krankenpflegerin ist bei Bestcare 24, einer Wiener Agentur für 24-Stunden-Betreuung für die Qualitätssicherung zuständig. Die 24-Stunden-Betreuung sei eine "Säule der Betreuung im System" doch diesen Stellenwert habe sie in der Reform nicht.

"Der Wunsch ist überall gleich, die Menschen möchten so lange wie möglich zu Hause bleiben", betont die diplomierte Pflegerin. Doch das bilde sich weder in den Förderungen noch in der Qualitätssicherung dieses Betreuungsbereichs ab. Die Förderung der 24-Stunden-Betreuung wurde seit 2007 nicht indexiert. "Man muss den Menschen entgegenkommen und es leistbar machen", sagt Marchner. Ab der Pflegestufe Drei ist derzeit ein Zuschuss von maximal 550 Euro pro Monat möglich. Wobei zwei selbstständig tätige Betreuungskräfte, die sich abwechseln, beschäftigt werden müssen. Die Kosten einer 24-Stunden Betreuerin starten jedoch bei 52,50 netto pro Tag, plus SVS-Beträge und Fahrtkosten.

Agenturgründung ohne Qualifikation möglich

Gleichzeitig müsse das seit 2019 eingeführte Qualitätszertifikat für diesen Betreuungsbereich auch verpflichtend sein, fordert die Qualitätsmanagerin. Derzeit sei das Zertifikat nur eine freiwillige Sache. "Für die wenigen, die es bisher gemacht haben, ist es mit hohem finanziellen und zeitlichen Aufwand verbunden." Von den rund 800 Agenturen sind bisher nur 34 zertifiziert. Das mache es für Interessenten weiterhin sehr undurchsichtig. Denn jeder könne eine derartige Agentur gründen, ohne jede Qualifikation, auch komplett pflege- und betreuungsfremde Personen.

Auch die Caritas forderte bereits 2019 die Zertifizierung für alle Anbieter verpflichtend zu machen. Caritas-Präsident Michael Landau hielt es auch für sinnvoll, wenn das Zertifikat mit einer höheren Förderung einhergehen würde und auch Qualitätsvisiten, wie im Bereich der mobilen Hauskrankenpflege öffentlich gefördert werden.

Qualitätsvisiten durch diplomierte Pflegekräfte

Für genau solche Qualitätsvisiten ist Kerstin Marchner zuständig. "Es braucht eine Begleitung der 24-Stunden-Betreuerinnen mit Aufklärung und Schulungen, damit die Säule des Systems sicher stehen kann", betont Marchner. Die Betreuerinnen werden dabei von diplomierten Pflegekräften begleitet. Laut Zertifizierung sind diese Qualitätsprüfungen durch diplomierte Pflegekräfte einmal im Quartal notwendig. Der Blick von außen sei auch für die Personenbetreuerinnen wichtig, damit sie ein gutes Arbeitsumfeld haben, erläutert Marchner, die seit 30 Jahren als Gesundheits- und Krankenpflegerin tätig ist.

Keine Förderung gebe es bisher für stundenweise Betreuung, obwohl die Anfragen dafür stark zunehmen, sagt Marchner. Lediglich der Fonds Soziales Wien fördere stundenweise Betreuungsformen, jedoch nicht für private Anbieter. Für stundenweise Betreuungsformen brauche es auch Betreuungskräfte, die hier in Österreich wohnen, man könne also nicht auf den Pool der 24-Stunden-Betreuerinnen zurückgreifen. Diese Betreuungsform sei vor allem in den Ballungsräumen gefragt, da die Menschen in ihren Wohnungen keinen Platz haben, für ein eigenes Zimmer für die Betreuungskraft. Doch das selbstbestimmtes Leben in der eigenen Wohnung sei dennoch ein großer Wunsch vieler. Es sei vielfach auch als Entlastung für Angehörige gedacht, die einmal einen Tag frei brauchen. (Stefanie Ruep, 13.06.2021)