Die Umweltorganisation Global 2000 wies im Vorfeld der OMV-Hauptversammlung auf die ihrer Ansicht nach falsche Strategie des Öl-, Gas- und Chemiekonzerns hin. Mehr Nachhaltigkeit sei gefragt. Die OMV sieht sich auf dem Weg der Nachhaltigkeit.

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Es war eine Hauptversammlung der OMV unter speziellen Rahmenbedingungen, die am Mittwoch um 14 Uhr begonnen und sich bis in die Abendstunden gezogen hat. Am Abend zuvor hat der Aufsichtsrat in einer außerordentlichen Sitzung Alfred Stern zum Nachfolger von Rainer Seele ab 1. September bestimmt. Damit wollte man wochenlange Spekulationen über die Nachfolge an der Spitze von Österreichs größtem Industriekonzern beenden. Bei der Hauptversammlung selbst, die wie bereits im vergangenen Jahr rein virtuell stattfand, war der Führungswechsel kein Thema, die künftige Ausrichtung jedoch schon.

Vertreter von Umweltgruppen, die bereits im Vorfeld der Hauptversammlung Druck aufgebaut und von der OMV-Führung einen radikalen Schnitt bei Öl und Gas verlangt hatten, stellten die Nachhaltigkeit der aktuellen OMV-Strategie infrage. Seele, der das Unternehmen nun doch vorzeitig verlässt, verteidigte den Kurs. Die OMV nehme die CO2-Reduktion ernst, statt Öl zu verbrennen werde Öl künftig verstärkt zur Herstellung hochwertiger Kunststoffe eingesetzt – Kunststoffe, die in allen Lebensbereichen benötigt würden und einen wachsenden Markt darstellten. Umweltschutz nehme man ernst. Seele: "Wir stehen zu den Pariser Klimazielen. Punkt." Für das zweite Halbjahr 2021 stellte der OMV-Chef ein Update der Klimaziele in Aussicht.

Aufsichtsrat unterstützt OMV-Kurs

Der Aufsichtsrat jedenfalls unterstützt den eingeschlagenen Weg der OMV, der stärker in Richtung Chemie und Kreislaufwirtschaft geht. Die Kür von Stern, der seit April im OMV-Vorstand für die Integration der Kunststofftochter Borealis zuständig ist, zum Nachfolge von Seele ist einstimmig erfolgt. Und Stern, der bis März Borealis als CEO geführt hat, steht für mehr Chemie. Damit soll die OMV in einer sich rasch ändernden Welt künftig ihr Geld verdienen. Upstream-Vorstand Johann Pleininger, der im Rennen um die Seele-Nachfolge dem aus der Steiermark stammenden Stern unterlegen ist, steht für die alte OMV, in der Öl und Gas das Kerngeschäft der OMV ausmachten.

Der scheidende OMV-Chef Rainer Seele verteidigte bei der Hauptversammlung den Borealis-Deal als richtig. Auch der Aufsichtsrat steht voll dahinter.
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Für den aus Deutschland stammenden Seele, der 2015 Gerhard Roiss an der Spitze der OMV abgelöst und zu Rekordergebnissen geführt hat, war es die letzte Hauptversammlung als CEO. Er hat nach massiven Angriffen und Intrigen Ende April angekündigt, mit Auslaufen seines Vertrags im Sommer 2022 das Unternehmen zu verlassen. Die Option um Verlängerung seines Vertrags um ein weiteres Jahr wollte er nicht mehr ziehen. Nun geht er noch früher, nämlich schon Ende August. Einmal mehr verteidigte Seele die im Vorjahr erfolgte Mehrheitsübernahme von Borealis, die im 1. Quartal 2021 bereits rund die Hälfte des im Konzern erzielten operativen Gewinns erzielt hat. Auch was die Synergien betrifft, sei man zu vorsichtig gewesen. Statt der ursprünglich erwarteten 700 Millionen Euro seien nach jüngsten Schätzungen 800 Millionen Euro bis 2025 realistisch, sagte Seele.

Alfred Stern folgt per 1. September Rainer Seele als Generaldirektor der OMV nach.
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Aufsichtsratschef Mark Garrett, der selbst einmal Chef von Borealis war, begründete die Tatsache, dass nur intern nach einem neuen CEO gesucht wurde, damit, dass die Qualität der Kandidaten überzeugt habe. "Wenn man eine interne Lösung wählt, führt das viel schneller zur Umsetzung der Strategie", sagte Garrett der Nachrichtenagentur Reuters. Er sei überzeugt, dass Stern in der OMV gut ankommen werde. "Ich glaube, der Anfang ist nie leicht, aber er hat eine offene Art, und man kann gut mit ihm reden."

Der neue OMV-Chef Stern muss nun versuchen, das aufgeheizte Klima in der OMV zu kühlen. Der Konzern, der 17 Milliarden Euro umsetzt und rund 25.000 Mitarbeiter beschäftigt, war zuletzt wegen interner Machtkämpfe stark mit sich selbst beschäftigt. (Günther Strobl, 2.6.2021)