Nach monatelanger Corona-Pause bahnt sich wieder ein Konvoi schwarzer Pkws mit Polizeischutz durch die Straßen von Berlin. Es ist die erste Auslandsreise des österreichischen Präsidenten Alexander Van der Bellen seit Ausbruch der Corona-Pandemie. Dass das Ziel Berlin war, sei kein Zufall, betonte der Staatschef am Donnerstag.

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Es geht wieder los: Präsident Steinmeier (re.) empfing Van der Bellen auf Schloss Bellevue.
Foto: REUTERS/Annegret Hilse

Mit dem deutschen Amtskollegen Frank-Walter Steinmeier sei man nicht nur von Amtswegen freundschaftlich verbunden. Zuletzt hatten sich die beiden bei den Salzburger Festspielen im vergangenen Sommer getroffen. Damals hatten sie noch gedacht, dass die Pandemie ohnehin bald vorbei sei. Das kam bekanntlich anders.

Viele Monate später empfing nun Steinmeier seinen österreichischen Freund im Schloss Bellevue, wo der Blumenschmuck passend in Rot-Weiß gehalten war. Nach einem Gespräch im Schlossgarten demonstrierten die beiden bei der Pressekonferenz Einigkeit. Auf der einen Seite der 77-jährige Van der Bellen, der ehemalige grüne Parteichef. Auf der anderen Seite Steinmeier, der 65-jährige vormalige SPD-Politiker.

Ja, am Anfang der Pandemie habe man sicher Fehler gemacht. "Anlaufschwierigkeiten" und "Missverständnisse" nannte es Steinmeier. "Fehleinschätzungen" und "Kommunikationsfehler", gerade in Bezug auf Ischgl, ortete Van der Bellen. Dabei sei es auch zu Spannungen zwischen Deutschland und Österreich gekommen. Nicht zuletzt durch die Hilfe Steinmeiers seien diese aber rasch beseitigt worden.

"Das Schlimmste liegt hinter uns"

Dieser sieht nun "belastbare Zeichen dafür, dass die schlimmste Phase der Pandemie hinter uns liegt", zumindest was die gesundheitliche Dimension anbelangt. Die "wirtschaftlichen und sozialen Folgen werden uns noch lange beschäftigen".

Dass die Lösungen dafür auf europäischer Ebene zu suchen sind, darüber waren sich die zwei Staatsmänner einig. Europa sei auch der Grund, warum Van der Bellen die deutschen Bundestagswahlen Ende September mit großem Interesse verfolge. Immerhin sei Deutschland das größte EU-Mitgliedsland.

Am Nachmittag stand daher nicht nur ein Videogespräch mit Noch-Kanzlerin Angela Merkel auf dem Programm, er traf auch die zwei aussichtsreichsten Kandidaten für ihre Nachfolge zum "Beziehungsaufbau", wie er sagte: Armin Laschet von der CDU und die Grüne Annalena Baerbock. Aktuell liefern sich die zwei Parteien ein Kopf-an-Kopf-Rennen an der Spitze.

Ob eine Koalition wie in Österreich auch in Deutschland wünschenswert sei? "Mit der Übertragbarkeit von Regierungsformeln auf andere Länder" sei er grundsätzlich vorsichtig, wollte das Van der Bellen nicht kommentieren.

Inwiefern er sich an Steinmeier ein Vorbild bezüglich seiner politischen Zukunft nimmt, ließ er auch offen. Vor kurzem gab Steinmeier bekannt, im Februar 2022 erneut kandidieren zu wollen. Wenn er es wie sein deutscher Freund machen würde, müsste er also acht Monate im Voraus Bescheid geben, so Van der Bellen. In Österreich wird im Herbst 2022 gewählt. (Anna Sawerthal, 3.6.2021)