Über das Wochenende hatte der Freiheitliche alle Hände voll zu tun: Denn mit dem raschen Abgang von Norbert Hofer als FPÖ-Chef liegt es an Harald Stefan, die überrumpelte Partei am besten gleich bis Montag auf einen Nachfolger einzuschwören. Da kreisen die blauen Granden rund um die Obmannfrage – und bekanntlich sind nicht alle Länderchefs davon überzeugt, dass Klubchef Herbert Kickl ihr Anführer werden soll.

Wird klubintern – anders als der wortgewaltige Kickl – für seine "besonnene Art" gepriesen: Harald Stefan.
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Der 55-jährige Stefan, plötzlich als dienstältester Parteivize zum Interims-FPÖ-Chef aufgestiegen, muss also das Kickl-Lager und die Kickl-Skeptiker in kürzester Zeit einen, damit es beim danach anstehenden Parteitag zu keiner Kampfabstimmung mit einem anderen Kandidaten kommt. Dem langjährigen FPÖ-Justizsprecher selbst werden als Inhaber einer Notariatskanzlei "keine Ambitionen" für den Schleudersitz an der FPÖ-Spitze nachgesagt – zählt er im Parlament doch zu den Bestverdienern unter den Abgeordneten. Sehr wohl aber gilt Stefan – wie der gesamte blaue Klub – als Unterstützer des wortgewaltigen Kickl.

Intern wird der großgewachsene FPÖ-Mann in diesen Tagen für seine "besonnene Art" und "seine gewählte Ausdrucksweise" gepriesen, doch seit jeher ist auch er ein strammer Rechter. Als Sohn des FPÖ-Politikers Friedrich Stefan aufgewachsen, trat der Wiener in Studententagen der rechtsextremen Burschenschaft Olympia bei. Unvergessen bleibt auch, dass Stefan 2002 als Rathausabgeordneter nach dem Einzug der deutschen Fußballmannschaft ins WM-Finale jubelte: "Die Deutschnationalen haben gewonnen!" Kurz darauf korrigierte er sich: "Die Europäer haben 1:0 gewonnen."

Neues Glück statt alter Herr

Vor drei Jahren, im Juli 2018, setzte Stefan, früher im Parlament oft in Tracht anzutreffen, dann einen Schnitt: Da trat er aus der Olympia aus, bis heute will er das aber nicht näher kommentieren, Mitglied einer Mittelschülerverbindung blieb er weiterhin.

Aufhorchen ließ Stefan schon wenige Monate davor auch damit, dass er und die Ex-ÖVP-Abgeordnete Karin Hakl geheiratet haben. In dieser Ehe wurde er zum vierten Mal Vater. Zu Zeiten von Ex-FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache und Türkis-Blau galt der Jurist dann prompt immer wieder als Ministeranwärter.

Mit dem neuen Obmann in spe Kickl, jetzt eher auf rabiaten Oppositionskurs getrimmt, teilt Stefan privat die Begeisterung für Ausdauersport: Er ist Skitourengeher, Langläufer – und in der Wiener Innenstadt oft auf seinem Rad anzutreffen. (Nina Weißensteiner, 6.6.2021)