Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) prognostiziert ein Asylantrag plus im heurigen Jahr.

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Wien – Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) sieht im aktuellen Jahr wieder mehr Flüchtlinge auf Österreich zukommen. Er gehe davon aus, dass es 2021 rund 20.000 Asylanträge geben werde, nachdem deren Zahl nach dem Hoch in den Jahren 2015 und 2016 wieder stark gesunken war – heißt es in einer am Donnerstag veröffentlichten Presseaussendung.

Auf Basis der Zahlen von Jänner bis inklusive April 2021 rechnet der Minister ein beträchtliches Antragsplus vor. Die Steigerung in diesem Zeitraum betrage 67 Prozent. Tatsächlich wurden im ersten Jahresdrittel hierzulande 6518 Anträge auf internationalen Schutz gestellt, die meisten davon von Syrerinnen und Syrern, gefolgt von Afghaninnen und Afghanen.

Einbruch durch Lockdown

Von Jänner bis April 2020 hingegen hatten nur 3891 Menschen um Asyl ersucht, mit einem signifikanten Einbruch im März und im April. Davor hatte die Weltgesundheitsorganisation WHO die Coronavirus-Pandemie ausgerufen, die Staatsgrenzen wurden zwecks Infektionsabwehr international stärker als davor kontrolliert.

Ab Mai 2020 waren die Antragszahlen dann wieder gestiegen, um im Sommer das Niveau der Zeit vor dem ersten Lockdown zu erreichen – und im Herbst um rund ein Drittel zuzunehmen, von rund 1000 bis 1100 auf 1500 bis 1600 pro Monat.

Zweifel an Prognose

Beim UN-Flüchtlingshochkommissariat in Wien meldet dessen Sprecherin Ruth Schöffl Zweifel an Nehammers Prognose an. Bei den Antragszahlen gebe es vielmehr ein schwer vorhersagbares "Auf und Ab".

Die nackten Zahlen würden der Realität nicht gerecht, meint wiederum Herbert Langthaler von der österreichischen Asylkoordination. So würden in der Asylantragsstatistik zum Beispiel auch in Österreich geborene Babys von anerkannten Flüchtlingen mitgezählt. Tatsächlich haben wegen des strengen Einbürgerungsrechts inzwischen nur wenige der 2015/2016 gekommenen und gebliebenen Flüchtlinge die österreichische Staatsbürgerschaft erhalten.

Fluchtbewegung aus Afghanistan

Als zusätzliche Asylantragsteller gelten außerdem auch Angehörige, die aufgrund von bewilligten Familienzusammenführungen ins Land gekommen sind. Laut Innenministerium befanden sich unter den 2952 syrischen Asylantragstellern im ersten Jahresdrittel 369 Neugeborene und 313 aus familiären Gründen nachgekommene Personen.

Mit mittelfristig mehr Asylanträgen rechnet aber auch Langthaler. In Afghanistan würden nach dem Rückzug der Westmächte abertausende Menschen ihre Koffer packen, sagt er. Er spricht von einer "Welle der Angst und der Hoffnungslosigkeit" in dem Land, die nur durch Befriedung und wirtschaftliche Besserungen gestoppt werden könne. (Irene Brickner, 5.6.2021)