Es ist ein Paradigmenwechsel in der Steuerpolitik: Die wichtigsten Industrieländer der Welt, die G7, haben sich auf die Einführung einer globalen Mindeststeuer für Konzerne in Höhe von 15 Prozent verständigt. Ein wichtiges Signal, dass der Steuerwettbewerb nach unten ein Ende haben soll. Zu diesem Herzstück einer globalen Steuerreform soll eine Digitalsteuer kommen. Digitale Dienstleistungen sollen zumindest zum Teil dort besteuert werden, wo sie erbracht werden. All das mit dem Ziel, die Steuerlast gerechter zu verteilen.

Ob daraus die große Revolution wird, wie sich das Länder wie Deutschland, Frankreich und Österreich wünschen, muss sich erst weisen. Damit die Pläne umgesetzt werden können, müssen neben den wohlhabenden Industriestaaten auch die Schwellenländer mitziehen.

Dennoch: Die Richtung stimmt. Jahrelang haben die großen Industriestaaten über Mittel und Wege, wie eine weltweite Reform aussehen könnte, debattiert. Dass nun in Grundzügen eine Einigung besteht, ist angesichts der Komplexität der Sache ein großer Schritt. Allein schon deswegen, weil nicht einzusehen ist, dass es sich die großen Konzerne richten können, während Klein- und Mittelbetriebe und Bürger und Bürgerinnen unter der Steuerlast ächzen. Denn ein wachsender Teil der öffentlichen Budgets muss eben von anderen Steuerzahlern finanziert werden, wenn globale Multis ausweichen können. Das sorgt für ein wachsendes Gefühl der Ungerechtigkeit. Zudem wurde das Ungleichgewicht zwischen Techriesen wie Amazon und national agierenden Betrieben immer größer. Zugespitzt hat sich das Problem auch durch die immensen Ausgaben der Staaten für die Abfederung der Corona-Pandemie.

Beim G7-Finanzmistertreffen in London einigten sich die wichtigsten Industrieländer der Welt auf eine globale Mindeststeuer für Konzerne.
Foto: AFP

Virulente Ungleichgewichte

Höchste Zeit also, dass nun zumindest Pflöcke eingeschlagen werden. Virulent waren die Ungleichgewichte schon lang: Giganten wie Google, Amazon und Co tun sich leichter, ihre Gewinne in Steuerparadiese zu verschieben, als Industriebetriebe. Dank solcher legaler Steuerpraktiken dürften den Staaten geschätzte 250 Milliarden Dollar pro Jahr entgehen. Eine Mindeststeuer soll nun sicherstellen, dass die Konzerngewinne mit einem effektiven Minimum besteuert werden, egal wo sie gemacht oder gebucht werden. Wird in einer Steueroase das vereinbarte Mindestniveau unterschritten, kann das Land, in dem die Konzernzentrale ansässig ist, die fehlende Steuer einheben. Normalsteuerländer wie Österreich oder Deutschland würden also profitieren. Abgeschafft wäre der Steuerwettbewerb trotzdem nicht.

Das ist gut, weil er die Staaten dazu anhält, effizient zu wirtschaften. Aber es gibt Grenzen nach unten. Die durchschnittliche Körperschaftssteuer ist weltweit von 50 Prozent im Jahr 1985 auf heute 22 Prozent gesunken. Davon können die Steuerzahler in den meisten Wohlstandsgesellschaften nur träumen.

Die Kehrtwende ist aber nicht nur ein Signal, dass mehr auf Steuergerechtigkeit geschaut werden soll. Andere Standortfaktoren wie Infrastruktur und gut ausgebildete Fachkräfte gewännen im Wettbewerb an Bedeutung.

Und es käme auch Geld herein. Die OECD schätzt, dass ein Mindeststeuersatz von 12,5 Prozent Mehreinnahmen von 81 Milliarden Dollar in die Staatskassen spülen würde – pro Jahr. Jetzt kommt es auf die Details an. Und darauf, dass die Reform von Steueroasen wie Großbritannien, Irland oder Luxemburg nicht verwässert wird. Die Gefahr ist groß. (Regina Bruckner, 6.6.2021)