Bei Apple regt sich Widerstand gegen die geplante Rückkehr ins Büro.

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Die Coronavirus-Pandemie hat auch den Arbeitsalltag der US-IT-Riesen umgekrempelt. Homeoffice statt Büro lautete die Devise – auch bei Apple. Der kalifornische Konzern will nun in wenigen Monaten die Rückkehr der Mitarbeiter in seinen Firmensitz einleiten. Doch einige Angestellte wollen nicht zum alten Status quo zurück, wie einem internes Schreiben zu entnehmen ist.

Der an CEO Tim Cook gerichtete offene Brief wurde am vergangenen Freitag intern zur Unterschriftensammlung in Umlauf gebracht und in weiterer Folge The Verge zugespielt. Darin wird Kritik an der Dialogbereitschaft des Unternehmens während der Pandemie geübt und ein flexibler Zugang in Sachen Anwesenheitspflicht gefordert.

Mitarbeiter wollen mehr Flexibilität

Gemäß den aktuellen Plänen sollen viele Mitarbeiter ab September wieder an drei Tagen pro Woche – montags, dienstags und donnerstags – im Büro arbeiten. Mittwochs und freitags soll weiterhin das Arbeiten von zu Hause aus möglich sein. Dazu kommen bis zu zwei Wochen Homeoffice pro Jahr in Absprache mit dem jeweiligen Vorgesetzten.

"Über das letzte Jahr hinweg haben wir uns oft nicht nur ungehört, sondern aktiv ignoriert gefühlt", heißt es in dem Schreiben, an dessen Wortlaut rund 80 Mitarbeiter mitgeschrieben haben. Entstanden ist die Idee in einem internen Chatkanal namens "remote work advocates" mit 2800 Mitgliedern. Botschaften wie "Wir wissen, dass viele von euch es kaum erwarten können, wieder persönlich mit euren Kollegen im Büro Kontakt zu haben", ohne dass man anerkenne, dass es auch Angestellte gibt, die gegenteiliger Ansicht sind, wirkten "ablehnend". Es scheine, als gebe es eine Diskrepanz zwischen den Ansichten der Führung zu Telearbeit bzw. ortsunabhängiger Arbeit und dem gelebten Arbeitsalltag vieler Apple-Angestellten.

Man habe in den letzten Monaten sehr erfolgreich gezeigt, dass man auch abseits des Büros gute und erfolgreiche Arbeit leiste. Dazu habe man eine Reihe von Vorteilen festgestellt: etwa wenn es darum gehe, Inklusivität und Diversität bei der Einstellung neuer Mitarbeiter zu wahren und diese im Unternehmen zu halten, oder darüber hinaus in Sachen Überwindung zuvor bestehender Kommunikationsbarrieren, besserer Zusammenarbeit mit Mitarbeitern, die schon zuvor Telearbeit leisteten, Verringerung der Risiken durch infektiöse Krankheiten oder einer bessere Work-Life-Balance.

Weiters hält man fest, dass es keine Regelung geben solle, die man universell allen Mitarbeitern überstülpe. Stattdessen solle die Entscheidung in Sachen Telearbeit autonom auf Teamebene getroffen werden, so wie es auch bei Einstellungen der Fall sei.

"Boomer-Powerplay"

Doch Widerstand gegen das Comeback der Präsenzpflicht regt sich nicht nur bei Apple. Auch bei vielen anderen Unternehmen sorgt die geplante oder in Umsetzung befindliche Rückkehr ins Büro für Friktionen. Bloomberg berichtet etwa von der 33-jährigen Compliance-Spezialistin Portia Twidt aus Georgia. Sie hatte bei ihrem letzten Arbeitgeber erst im Februar angefangen, auch weil dieser mit der Möglichkeit zur Arbeit aus dem Homeoffice warb.

Doch in den letzten Wochen wurde immer öfter die Anwesenheit im Büro gefordert, weil die Führungskräfte darauf bestanden, Meetings vor Ort abzuhalten. Eines Tages brachte Twidt ihre zwei Kinder in eine Tagesstätte, um für ein Treffen ins Office zu fahren. Die Besprechung endete nach gerade einmal sechs Minuten. Für Twidt war dies der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen brachte und sie reichte ihre Kündigung ein. Mittlerweile hat sie bei einer Firma in Washington angeheuert, die ihr erlaubt, ausschließlich von zu Hause aus zu arbeiten.

Einen Teil des Problems verortet Twidt dabei bei Verantwortlichen, die noch aus einer Generation stammten, die mit Telearbeit wenig vertraut sei. "Sie meinen, dass wir nicht arbeiten, wenn sie uns nicht sehen könnten", sagt sie. Es sei ein "Boomer-Powerplay."

Homeoffice ist gekommen, um zu bleiben

Laut einer Umfrage von Flex-Jobs unter 2.181 volljährigen Personen, großteils aus den USA, legt nahe, dass Twidt kein Einzelfall ist, wenn es um die Wertschätzung der Vorteile des Homeoffice geht. 84 Prozent der Befragten freuten sich darüber, dass sie sich so den täglichen Arbeitsweg ersparen. 75 Prozent berichteten von Kostenersparnis. 32 Prozent freuten sich über das geringere Risiko einer Covid-Ansteckung. 26 Prozent schätzten es, mehr Zeit mit Familie und Haustieren verbringen zu können, und 15 Prozent empfanden die Möglichkeit, mehr für ihre Kinder tun zu können, als positiv.

Als Unternehmen sei es riskant, darauf zu hoffen, dass alles wieder so werde wie vor der Pandemie, sagt Anthony Klotz von der Texas A&M University, der Kündigungsgründe untersucht hat. Eine im Jänner durchgeführte Erhebung von PwC unter 133 Führungskräften von Unternehmen aus den Branchen Finanz, Technologie, Medien, Telekommunikation und Endkundenprodukte in den USA zeigt immerhin Offenheit für flexiblere Arbeitsmodelle.

13 Prozent können sich auch eine Zukunft ganz ohne Büro vorstellen, 43 Prozent werden den Anteil an Telearbeit im Vergleich zur Zeit vor der Pandemie auf jeden Fall oder wahrscheinlich ausbauen. 26 Prozent wollen nur limitiert Homeoffice zulassen, 17 Prozent wollen ihre Angestellten so schnell wie möglich wieder im Büro sehen.

Die Mehrheit (29 Prozent) hält außerdem drei Tage Anwesenheit pro Woche zur Erhaltung der Firmenkultur für notwendig. Nur fünf Prozent sehen hier auch ganz ohne Büropflicht keine Probleme.

Herausforderungen

Es gibt freilich auch viele Arbeitsplätze, für die Telearbeit keine Option ist. Etwa der Einzelhandel, das Gesundheitswesen und viele Dienstleister wie Automechaniker oder Installateure. Außerdem sollte man auch die Herausforderungen im Homeoffice nicht unterschätzen.

Im Rahmen der Befragung von Flex-Jobs klagten 35 Prozent über Überarbeitung oder die Unmöglichkeit, nach der Arbeit wirklich abzuschalten. 28 Prozent ließen sich zu Ablenkungen hinreißen oder bemängelten Technikproblemen. 26 Prozent hatten mit unzuverlässiger Internetanbindung zu kämpfen. (gpi, 7.6.2021)