Immer mehr Wohnkredite überschreiten die Richtwerte zur nachhaltigen Kreditvergabe, warnen Notenbanker.

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Der Kauf einer Immobilie war auch in der Corona-Krise häufig ein Grund für Private, Schulden aufzunehmen. Zwei Drittel aller von heimischen Haushalten aufgenommenen Kredite gingen 2020 auf Wohnbaukredite zurück. Gleichzeitig ist die Verschuldung der privaten Haushalte deutlich gestiegen. Damit die Stabilität des Finanzmarktes auch weiterhin gewahrt bleibt, will die Oesterreichische Nationalbank (OeNB) den Instituten bei der Vergabe von Immobilienkrediten genau auf die Finger schauen.

Steigende Immobilienpreise und eine weiterhin günstige Zinssituation ließen im abgelaufenen Jahr die Zahl der an Private vergebenen Wohnkredite ansteigen. Allerdings hat sich bei der Ausgestaltung der Finanzierungen in den vergangenen Jahren einiges geändert. "Bereits mehr als die Hälfte der Neukredite wird mit weniger als 20 Prozent aus eigenen Mitteln finanziert, und bei einem Fünftel macht der Schuldendienst mehr als 40 Prozent des Nettoeinkommens aus", sagte Gottfried Haber, Vizegouverneur der OeNB, am Montag bei der Präsentation des Finanzmarkt-Stabilitätsberichts.

Gute Entwicklung

Begrüßenswert sei, dass der Anteil der variabel verzinsten Kredite zwar signifikant sei, im Vergleich mit der Zeit nach der Finanzkrise aber deutlich zurückgegangen sei, sagte OeNB-Abteilungsdirektor Markus Schwaiger. "Das ist eine Entwicklung, die wir ausdrücklich begrüßen, weil sie das Zinsrisiko der privaten Haushalte senkt", erklärte Schwaiger.

Aktuell geht die OeNB aufgrund der Situation bei den Immobilienkrediten nicht von einem erhöhten Risiko für die Finanzmarktstabilität aus, sie empfiehlt den Banken aber, die Standards der nachhaltigen Immobilienkreditvergabe des Finanzmarkt-Stabilitätsgremiums (FMSG) einzuhalten. Laut diesen müssten bei der Kreditvergabe Eigenmittel zu mindestens 20 Prozent vorhanden sein, und der Schuldendienst dürfe maximal 30 bis 40 Prozent des Nettoeinkommens ausmachen.

Die Notenbank werde das Thema künftig jedenfalls stark in den Fokus rücken und die Entwicklungen genau beobachten, kündigte Schwaiger an. Auch die Preisdynamik bei den Immobilienpreisen wolle die Notenbank genau mitverfolgen. 2020 seien rund 27 Milliarden Euro in neu vergebene Wohnimmobilienkredite geflossen.

Schulden gestiegen

Die Verschuldung der privaten Haushalte stieg im Vorjahr deutlich an und verzeichnete den stärksten Zuwachs seit rund 15 Jahren. Das sei einerseits eben auf eine Zunahme der Verschuldung durch Kredite, andererseits aber auch auf einen starken Rückgang des verfügbaren Einkommens im Vorjahr zurückzuführen, sagte Doris Ritzberger-Grünwald, Direktorin der Hauptabteilung Volkswirtschaft. Konsumkredite gingen 2020 im Jahresvergleich deutlich zurück, da aufgrund der Schließungen des Handels der Konsum für einen Teil des Jahres nicht möglich war. Daraus folgt, dass auch die Sparquote 2020 mit mehr als 14 Prozent einen historischen Höchststand erreichte.

Bei den Unternehmen ist die Verschuldungsquote laut OeNB dagegen nur moderat angewachsen. Einerseits weil staatliche Hilfen entgangene Einnahmen teilweise kompensiert haben. Andererseits weil die Europäische Zentralbank (EZB) mit dem Anleihenkaufprogramm (PEPP) und langfristigen Geldspritzen (TLTRO) dafür gesorgt hat, dass es zu keiner Kreditklemme kommt.

Resilient

Dementsprechend erwies sich der Bankensektor als krisenresilient. Damit das auch so bleibt, müssten sich die Institute in den kommenden Monaten jedoch zunehmend auf das Auslaufen der staatlichen Programme vorbereiten, sagten die Notenbanker.

Auch eine solide Kapitalausstattung sei weiterhin essenziell für die Banken. Bei der Gewinnausschüttung sowie bei Aktienrückkäufen sei nach wie vor Zurückhaltung gefragt. Bis September gilt die Empfehlung der EZB, keine Dividenden auszuschütten. (APA, red, 7.6.2021)