"Süß oder salzig?" Es gibt bestimmt wichtigere Fragen, die sich der AUA, und mit ihr der gesamten Luftfahrt, in den kommenden Jahren stellen werden. Für viele Passagiere aber reichte schon die Ankündigung im November 2020, dass sie diese Wahl künftig gar nicht mehr haben werden. Zumindest nicht "gratis". Die Aufregung war – und ist – groß. Hilft aber nichts, denn die AUA hat im Frühjahr dieses Jahres Schluss gemacht mit der Verteilung von Snacks an Bord von Flügen auf der Kurz- und Mittelstrecke, ebenso wie Konzernmutter Lufthansa und Schwester Swiss.

Hummer, Steaks, Champagner

Neidvoll mag so mancher auf einschlägige Werbeplakate aus den 1950ern blicken, wo Luftfahrtgesellschaften noch mit ihrem üppigen Speiseangebot um die Gunst der Flugreisenden buhlten. Was nicht alles serviert wurde: Hummer, Steaks, Champagner. Bei manchen Airlines flogen eigens Köche mit, die die Gerichte frisch zubereiteten. Ein Service, das man heute vielleicht noch auf der Langstrecke in der First- und eventuell noch in der Business-Class erfährt.

Die Anfänge der Bordverpflegung waren weit weniger glamourös. Die britische Fluggesellschaft Handley Page Transport soll laut Fachmagazin "Aerotelegraph" am 11. Oktober 1919 das erste Mal Essen über den Wolken angeboten haben: Typisch britisch waren es Sandwiches. In den folgenden Jahren servierten auch andere Airlines kleine, kalte Mahlzeiten. Erst in den späten 1930er-Jahren installierten erste Fluggesellschaften elektrische Küchen an Bord, um Mahlzeiten aufzuwärmen.

Fünfwöchiges Trainingsprogramm

Dann kamen die "goldenen" 1950er und 1960er. Die Fluggesellschaften überboten sich förmlich mit Luxus: Tischdecken, silbernes Essbesteck, erlesene Speisen. Damals war das Flugzeug aber bei weitem noch kein Massentransportmittel, die Ticketpreise waren dementsprechend hoch. Das spiegelte sich auch in den Speisekarten wider, die mit vielen aufwendigen, auf Französisch beschriebenen Mahlzeiten ausgegeben wurden.

Auf Qualität wurde auch in der Touristenklasse gesetzt. Verpflegung wurde als ein entscheidender Teil des Flugerlebnisses gesehen. So absolvierten Flugbegleiterinnen bei der US-amerikanischen Pan Am ein einschlägiges, fünfwöchiges Trainingsprogramm. Das "Küchenmädchen" in der ersten Klasse musste Wagen aufstellen und einzelne Vorspeisen sowie ein Roastbeef zubereiten. Zum Frühstück wurden Eier auf Bestellung gekocht.

In der Business- und der ersten Klasse wurden noch bessere kulinarische Kreationen angeboten, die in einigen Fällen von legendären Restaurants zubereitet wurden. Aber selbst die Gerichte, die in der Touristenklasse serviert wurden, würden die heutigen Fluggäste vor Neid erblassen lassen – Hendl vol-au-vent, Boeuf Bourguignon, Cornish Hen, Boeuf Stroganoff etc. wurden aufgetischt, wie CNN berichtet.

Spezielle Menüs

Die australische Fluggesellschaft Qantas feierte im vergangenen Jahr ihr hundertjähriges Bestehen und hat eine Chronik der Mahlzeiten, die seit den 1930er-Jahren serviert an Bord serviert wurden, erstellt. So stellte man ab 1938 in den Empire-Flugbooten auf der Strecke Sydney–Singapur Bordmahlzeiten zur Verfügung. Zu Weihnachten und zu Anlässen wie der Reise des britischen Königshauses im Jahr 1954 wurden spezielle Menüs kreiert, bei denen die Fluggäste Gerichte wie "pochierter Schnapper mit Sauce Hollandaise" und "gegrillte französische Lammkoteletts mit Saratoga-Kartoffeln" genießen konnten.

In den 1970er-Jahren wurde das Fliegen dank der Boeing 747 "demokratischer". Ein Flug von London nach Auckland mit Qantas bedeutete Zwischenstopps in Rom, Bombay, Hongkong und Melbourne – mit einer erstaunlichen Vielfalt an Speisen und Getränken, die unterwegs serviert wurden: Straßburger Gänsestopfleber in Blätterteigkruste mit Entengalantine gab's zum Beispiel. Das klingt dekadent, war aber nur eine von vier Vorspeisen auf einem Teil des Fluges. Das Hauptgericht hätte auch "Fasanenbrust in Sauerrahm-Sauce" oder vielleicht "Kalbskotelett mit Ochsenzunge und Mandeln" sein können.

Noch mehr Roastbeef

Bei American Airlines zeigen alte Fotos, wie Roastbeef in Scheiben geschnitten und auf Bestellung von einem Wagen aus serviert wird, während sogar Kinder sich mit Burgern als Teil eines kompletten Mahlzeitenservices entspannen konnten. An Bord von Singapore Airlines rollten Trolleys beladen mit Salaten und Vorspeisen, Käsetellern, dekadent aussehenden Desserts – und noch mehr Roastbeef. Es wurde sogar ein "Bankett im Himmel" eingeführt, bei dem die Passagiere der ersten Klasse mit einem Dinnerservice verwöhnt wurden, bei dem sie als Hauptgericht zwischen Wachteln mit Angostura-Bitter, Flusskrebs-Etouffée oder Beef Wellington mit Périgueux-Sauce – also mit Madeira und schwarzem Trüffel – wählen konnten. Wer von L.A. nach Tokio und dann weiter nach Singapur flog, konnte gegrillten Hummerschwanz, Kalbslende mit Marille oder mariniertes Filet genießen.

So sah die Bordverpflegung in den späten 1970er-Jahren aus.
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Dann wäre da noch die Sache mit dem Rauchen – heute ein No-Go. In der ersten Klasse der Pan Am wurden damals kostenlose Minipackungen (vier Stück) Marlboro verteilt. Wie andere alte Speisekarten zeigen, z. B. von BOAC – dem Vorläufer von British Airways –, endeten Speisekarten oft mit der Zeile "20er-Päckchen, englisch und amerikanisch, mit oder ohne Filter". Sehr zum Leidwesen des (nicht rauchenden) Flugpersonals, das unter den Folgen des Passivrauchens litt.

Aufstieg des Fertiggerichts

Als sich immer mehr Menschen das Fliegen leisten konnten, trat das Fertiggericht seinen Siegeszug an: matschige Nudeln, zerkochtes Gemüse, Undefinierbares. Die erste Sparwelle kam in den 1980ern, American Airlines strich zum Beispiel die Oliven im Salat. Mit dem Aufkommen der Billigflieger in den 1990ern, allen voran Ryanair, war es dann ohnehin vorbei mit der im Ticket inkludierten Bordverpflegung. Bei der AUA hatte man als Passagier da noch die Wahl zwischen "Huhn oder Pasta", später war's ein Sandwich. Das änderte sich 2013, als sich die Optionen eben auf "süß oder salzig" reduzierten. Schon damals war die Aufregung groß.

Von der ganzen Opulenz blieb dann nur noch das Sandwich.
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Nun bekommt man bei der AUA auf Reisen mit einer Flugzeit bis zu 180 Minuten innerhalb Europas einen "Austrian Signature Treat", ein süßes Gastgeschenk. Zudem wird Reisenden mit der "Austrian Melangerie" ein Angebot an "hochwertigen Speisen und Getränken", wie es im Pressetext heißt, zum Kauf angeboten, "aus dem Fluggäste ganz nach ihren individuellen Bedürfnissen wählen können". Die Auswahl zwischen süßem oder salzigem Snack ist damit Vergangenheit. Bereits vor der Corona-Krise hätte sich gezeigt, dass die bloße Auswahl zwischen einem süßen oder salzigen Snack nicht mehr den Erwartungen der Austrian-Airlines-Passagiere entspricht, heißt es.

Austrian bietet nun die "Austrian Melangerie" an.
Foto: Austrian Airlines/Maximilian Krauss

Neben Frühstücksoptionen wie einem Wiener Frühstück sind nun klassische frische Gerichte wie ein gebackenes Hühnerschnitzel, Kaiserschmarren oder Apfelstrudel auf der Speisekarte zu finden. Kalte Snacks, Chips oder Schokolade und eine Auswahl an Softdrinks, Kaffee, Tee und alkoholischen Getränken sollen das Angebot abrunden. Für Business-Class-Passagiere hat sich durch die Umstellung übrigens nichts geändert, Auswahl und Serviceangebot blieben unverändert. (max, 13.8.2021)