Auch am Tag danach herrschte bei manchen blauen Länderchefs wenig Begeisterung über Herbert Kickl als neuen FPÖ-Chef. Wie berichtet verließen zu Wochenbeginn der Oberösterreicher Manfred Haimbuchner und der Vorarlberger Christof Bitschi vorzeitig die Präsidiumssitzung, bei der Kickl dann einstimmig gewählt wurde. Ebenfalls beschlossen wurde dort, dass Kickl am 19. Juni bei einem Parteitag den Sanktus von rund 600 Delegierten erhalten soll.

Auch Herbert Kickl wird als neuer Parteichef das Spannungsverhältnis zwischen rabiater Opposition und einer koalitionsfähigen FPÖ austarieren müssen.
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Bekanntlich stoßen sich die die Skeptiker vor allem am rabiaten Oppositionskurs des FPÖ-Chefs in spe. Mehr als sechs Stunden lang hatten die blauen Granden vor ihrer Zustimmung beraten, dabei soll dem Vernehmen nach auch über die allzu raubeinigen Auftritte des Kärntners gesprochen worden sein, die es schwer machen, künftig als regierungsfähige Partei angesehen zu werden.

Ersparter Konflikt

Haimbuchner, der im September in seiner Heimat als Vize von Landeshauptmann Thomas Stelzer (ÖVP) Wahlen zu schlagen hat, machte vor Kickls Kür kein Geheimnis daraus, dass die FPÖ partnerschaftsfähig bleiben müsse. Durch seine vorzeitige Abreise ersparte der mächtige Oberösterreicher Kickl zunächst einen Konflikt, heißt es intern. Offiziell wünschte Haimbuchner Norbert Hofers Nachfolger aber via Facebook "alles Gute bei der Arbeit für unsere Gesinnungsgemeinschaft".

Bitschi wiederum betonte am Dienstag, dass Oberösterreich und Vorarlberg bei der Sitzung am Montag "einige Dinge zur Entwicklung der Bundespartei ganz klar angesprochen" hätten – wenn es bis zum Parteitag positive Signale gebe, dann sehe er keinen Grund, Kickl die Zustimmung zu verweigern.

Adieu, Bildungsinstitut!

Hintergrund: Während der Präsidiumssitzung soll von den Kritikern auch darauf gedrängt worden sein, dass für eine thematische Breite der FPÖ die Arbeit an der freiheitlichen Akademie nicht vernachlässigt werden dürfe. Als Zugeständnis von Kickls Umfeld kam am Dienstag, dass er, seit 2016 Präsident des blauen Bildungsinstituts, abdanken werde, sobald er auf dem Parteitag bestätigt werde. Denn: FPÖ-Obmann, Klubchef und auch noch die Leitung der Akademie komme da freilich nicht infrage, wurde versichert.

Laut "Krone" soll sich Kickl für Petra Steger als seine Nachfolgerin am Institut einsetzen, doch auch dagegen soll es Widerstand mehrerer Länder geben. Kickl selbst betonte via Ö1, dass im Bund die Opposition gegen die türkise ÖVP "Gebot der Stunde" sei. Gefragt nach einer Abgrenzung zu den rechtsrabiaten Identitären, ging er zum Gegenangriff über: "Es ist kurz nach sieben Uhr, und Sie schwingen die Nazi-Keule!" (Jan Michael Marchart, Nina Weißensteiner, 8.6.2021)