Ratko Mladić wusste lange vor Srebrenica, dass er einen Völkermord begehen würde. "Leute, das ist Genozid!", verkündete er im Mai 1992 vor der Führungselite der damals illegal geschaffenen Separatistenregion Republika Srpska innerhalb von Bosnien-Herzegowina und fragte sich, wie man das später der Welt erklären sollte. Nachdem er sich 15 Jahre verstecken konnte und ihm zehn Jahre lang der Prozess gemacht wurde, ist Mladić nun in Den Haag rechtskräftig zu lebenslanger Haft verurteilt worden.

Ratko Mladić wurde in Den Haag rechtskräftig zu lebenslanger Haft verurteilt.
Foto: AFP/JERRY LAMPEN

Seine rassistische Ideologie ist in Südosteuropa jedoch heute so präsent wie in den 1990er-Jahren. Daran konnte auch die Arbeit des Internationalen Strafgerichtshofs für Ex-Jugoslawien nichts ändern. Mit zwei Millionen Dokumenten und tausenden Zeugenaussagen ist es die umfassendste historische Aufzeichnung von Kriegsverbrechen. Dennoch werden Mörder wie Mladić öffentlich verehrt, ihre Verbrechen werden geleugnet oder verdreht, weil es keinen politischen Willen gibt, mit jener Gesinnung aufzuräumen, die allein in Bosnien-Herzegowina zu 100.000 Toten und zwei Millionen Vertriebenen geführt hat.

Deshalb braucht es nun ein Leugnungsgesetz. Die westlichen Staaten könnten mit gutem Beispiel vorangehen und die südosteuropäischen Politiker mit Sanktionen belegen, die diese Ideologie weiterverbreiten. Diese rufen weiter dazu auf, dass die Loyalität mit der eigenen "Gruppe" über allen anderen Werten stehen sollte, und berufen sich dabei auf das Selbstbestimmungsrecht der Völker. Dabei gibt es eben kein Recht, nur mit Angehörigen derselben Gruppe zusammenzuleben. Dies ist vielmehr unzivilisiert und die Basis für Gewalt.

Die gefährliche Idee der Homogenisierung ist nicht auf den Balkan beschränkt – sie ist vielerorts in Europa präsent. Dagegen aufzutreten ist so lange notwendig, solange nicht allen Bürgern, egal welchen Geschlechts und welcher Kultur, gleiche Rechte und der gleiche Respekt zugestanden werden. (Adelheid Wölfl, 8.6.2021)