Flash gehörte zu den ersten Anbietern in Wien, benannte sich später in Circ um und wurde mittlerweile von der Branchengröße Bird geschluckt.

Foto: DER STANDARD/Pichler

Als im Herbst 2018 die Anbieter freistehender Leih-E-Scooter begannen, in Wien Fuß zu fassen, war die Aufregung teils groß. Manche befürchteten ein Müllproblem und ein schnelles Ende wie beim nächtlichen Verschwinden des Fahrradverleihers Obike. Andere wiederum erwarteten zahlreiche Probleme durch die schiere Flut an Rollern, Falschparkern und rücksichtslosen Fahrern.

Was bisher geschah

Ganz friktionsfrei verlief das erste Jahr dann auch tatsächlich nicht, zumal teilweise acht unterschiedliche Anbieter gleichzeitig um Kundschaft in der Stadt buhlten. Gerade im ersten Bezirk und manchen anderen Bereichen der Innenstadt wurden Beschwerden über zu hohes Scooter-Aufkommen und daraus resultierende Schwierigkeiten laut.

Seitdem hat sich freilich einiges getan. Der Markt hat seine erste Konsolidierung hinter sich. Anfang 2020 kehrte etwa einer der ersten Anbieter in Wien, Wind, nicht mehr aus der Winterpause zurück. Bird schluckte außerdem seinen Konkurrenten Circ. Dazu kündigte die Stadt Wien die Einführung eines neuen Regelwerks an, um den Wildwuchs zu bändigen. Als Reaktion kehrte dann auch der mit großen Ambitionen gestartete, zu Daimler gehörende Dienstleister Hive der Hauptstadt den Rücken.

Seit gut einem Jahr sind die neuen Vorgaben nun in Kraft. Durch sie will die Stadt dafür sorgen, dass sie etwa nicht mehr beliebig auf dem Gehsteig geparkt werden, oder, dass die Lärmbelästigung spätnachts eingedämmt wird. Und die Anbieter, die ihnen mit einiger Skepsis begegnet waren, haben sich offenbar gut damit arrangiert. Das geht jedenfalls aus einer Rundfrage des STANDARD hervor, die von Lime und Tier und der Stadt Wien beantwortet wurden.

Scooter-Quintett

Fünf Anbieter sind derzeit in Wien aktiv, darunter die Pioniere Bird, Lime und Tier. Dazu kommen Kiwiride, das im August 2019 in Betrieb ging, und Link, das seit einem Monat aktiv ist. Nicht ganz in die Scooter-Kategorie fällt der sechste Anbieter, Wheels, der seit Juni 2020 Fahrgeräte verleiht, die im Prinzip kleine E-Bikes ohne Pedale sind.

Die fünf E-Scooter-Verleiher haben nach Auskunft der Stadt derzeit im Schnitt gemeinsam 4.000 elektrische Roller auf Wiens Straßen verteilt. Während der Pandemie und speziell in den Monaten der strengeren Ausgangs- und Handelsbeschränkungen ging auch die Nutzung der Scooter zurück, steigt aber mittlerweile wieder, geben die Unternehmen zu Protokoll. Für den Rest des Jahres gibt man sich optimistisch.

Anbieter sehen Nachbesserungsbedarf

Die neuen Regeln haben sich ihrer Einschätzung nach grundsätzlich bewährt. In manchen Fragen sieht man aber Nachbesserungsbedarf. Lime etwa plädiert für eine "nachfragegesteuerte" Erhöhung der Obergrenze für ausgebrachte E-Scooter und E-Bikes. Derzeit kann ein Anbieter maximal 1.500 Scooter ausbringen. Dazu dürfen es für jede der drei definierten Zonen – erster Bezirk, 2. bis 9. und 20. Bezirk sowie die Bezirke außerhalb des Gürtels – maximal 500 sein.

Tier stößt in ein ähnliches Horn. Die Zonenlösung der Stadt sorge dafür, dass im ersten Bezirk oft mehr Scooter stehen als erwünscht, während in den anderen Bezirken innerhalb des Gürtels die Angebotsdichte zu gering ausfalle. Zudem ortet man Schwierigkeiten mit der Vorgabe, dass E-Scooter nur auf Gehsteigen abgestellt werden dürfen, wenn diese wenigstens vier Meter breit sind. Trottoirs dieser Breite sind relativ selten. Man verstehe aber grundsätzlich, dass Gehsteige freigehalten werden sollen, und versuche, die eigenen Nutzer dahingehend zu "erziehen", dass sie ihre Roller stattdessen am Ende von Parkstreifen abstellen. Das aber sorge mitunter für Reibung mit Autofahrern, die ihrerseits immer wieder Scooter vom Parkstreifen auf den Gehsteig umparken würden.

Wieder angelaufen ist ein Test für fixe Scooter-Abstellplätze im siebenten Bezirk, der mit der Kombination aus oft engen Straßen und schmalen Gehsteigen immer wieder ein "Hotspot" für (Fuß-)Verkehrsbehinderungen durch umgefallene oder falsch geparkte Scooter war. Hier bescheinigen sich Lime, Tier und die Stadt gegenseitig gute Zusammenarbeit.

Unverändertes Regelwerk für Anbieter und Fahrer

Die Regeln für den Umgang mit defekten und störenden Rollern haben sich nicht geändert. Hier gilt weiterhin, dass die Betreiber solche werktags zwischen 6 und 18 Uhr binnen zwei Stunden nach der behördlichen Meldung abholen oder umstellen müssen. An Randzeiten, Wochenenden und Feiertagen verlängert sich diese Frist auf sechs Stunden, bei Nichteinhalten drohen empfindliche Strafen.

Gleich geblieben sind auch die Regeln für E-Scooter-Fahrer. Die Roller werden im Straßenverkehr als Fahrräder eingestuft. Die erlaubte Motorleistung ist auf 600 Watt limitiert. Gefahren werden darf mit maximal 25 km/h auf Radwegen oder, wenn nicht vorhanden, auf der Straße sowie in "angepasstem Tempo" in Begegnungszonen und Fußgängerzonen, sofern dort auch Räder zugelassen sind. Verboten hingegen ist das Fahren auf Gehsteigen, was wohl der Verstoß ist, der am häufigsten zu beobachten ist. Die Scooter müssen zudem über funktionstüchtige Front- und Rücklichter sowie Reflektoren verfügen. (gpi, 10.6.2021)