Die Voestalpine ist zurück in der Gewinnzone.

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Der börsennotierte Stahlkonzern Voestalpine hat die Verlustzone im Geschäftsjahr 2020/21 (per Ende März) hinter sich gelassen. Unter dem Strich verdienten die Linzer 32 Millionen Euro, nachdem sie im Jahr davor noch 216 Millionen Euro Verlust erlitten hatten. Die Dividende soll nun von 20 auf 50 Cent je Aktie kräftig aufgestockt werden, wie das Unternehmen am Mittwoch bekanntgab. Der Konzern tätigte Sonderabschreibungen von 197 Millionen Euro. Der Umsatz sank um 11,4 Prozent auf 11,3 Milliarden Euro.

"Neben dem konjunkturellen Rückenwind lieferten vor allem unsere internen Maßnahmen zur Kostensenkung und Effizienzsteigerung einen entscheidenden Beitrag zum positiven Jahresabschluss – trotz Wirtschaftskrise verfügt die Voestalpine heute über eine höhere Liquidität und weniger Schulden als noch vor einem Jahr", erklärte Vorstandschef Herbert Eibensteiner.

"Einbruch historischen Ausmaßes"

Das abgelaufene Geschäftsjahr sei "von einem Wirtschaftseinbruch historischen Ausmaßes geprägt" gewesen. Im ersten Quartal 2020/21 sei die Nachfrage in beinahe allen Kundensegmenten massiv eingebrochen, ab dem zweiten Quartal verbesserte sie sich trotz neuerlicher Lockdowns in vielen Märkten und stieg kontinuierlich an. Vor allem die Automobilindustrie, die die Voest mit Stahlprodukten beliefert, "kehrte überraschend stark aus dem Corona-Tief zurück". Aktuell verzeichneten beinahe alle wichtigen Kundenbranchen des Konzerns eine "anhaltend hohe Nachfrage". In manchen Bereichen sei sogar "nahezu eine durch Nachholeffekte ausgelöste Überhitzung" feststellbar.

Die von der Krise besonders stark getroffene Öl- und Gasindustrie beginne sich schrittweise zu erholen. In der Luftfahrt dauert das aber wohl noch etwas länger – hier sei "bestenfalls eine leichte Verbesserung im Laufe des Geschäftsjahres 2021/22" zu erwarten. Der Geschäftsbereich Bahninfrastruktursysteme hingegen habe sich über den gesamten Jahresverlauf hinweg stabil entwickelt. Ein Allzeithoch beim Auftragseingang verbuchte das Segment Lagertechnik, das vom boomenden Onlinehandel profitierte.

Stabile Verbesserung

Die Ergebnisse der Voestalpine verbesserten sich von Quartal zu Quartal "markant". Vor Zinsen und Steuern drehte das Ergebnis (Ebit) gegenüber dem Jahr davor von minus 89 Millionen auf plus 115 Millionen Euro – es fielen Sonderabschreibungen in Höhe von 197 Millionen Euro an, die vor allem das 2016 eröffnete Roheisenwerk in Texas sowie auf Voestalpine Tubulars in Kindberg (Steiermark) auslösten, wo der Konzern Nahtlosrohre für die Öl- und Gasindustrie herstellt. Die Ebit-Marge betrug ein Prozent (Jahr davor: minus 0,7 Prozent). Der Rückgang des Gewinns vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) um 4 Prozent auf 1,1 Milliarde Euro sei angesichts der Corona-Krise moderat ausgefallen. Das Ergebnis je Aktie drehte von minus 1,24 Euro auf plus 0,24 Euro. Der Personalstand verkleinerte sich um zwei Prozent – von 49.682 auf 48.654 Mitarbeiter (Vollzeitäquivalente) zum Ende des Geschäftsjahres.

Angesichts der nun insgesamt positiven Nachfragesituation und der voraussichtlichen weiteren Erholung der Gesamtkonjunktur ist das Management zuversichtlich für das laufende Geschäftsjahr 2021/22 und rechnet mit einem wesentlichen Anstieg des Ebitda, das zwischen 1,6 und 1,9 Milliarden Euro erreichen soll. Wichtige Wachstumsimpulse würden auch von den billionenschweren Konjunkturpaketen der EU und USA zur Belebung der Wirtschaft nach der Covid-19-Krise erwartet. Die Krise sei jedoch noch nicht überwunden. Trotz der Verfügbarkeit wirksamer Corona-Impfstoffe und einer steigenden Durchimpfungsrate seien die weitere Entwicklung der Pandemie und deren ökonomische Auswirkungen "noch nicht endgültig absehbar".

Edelstahlwerk in Kapfenberg wird deutlich teurer

Das neue Edelstahlwerk der Voestalpine im steirischen Kapfenberg, das Mitte 2022 in Vollbetrieb gehen soll, wird spürbar teurer als ursprünglich geplant und soll nun bis zu 420 Millionen Euro kosten. Aus heutiger Sicht sei mit einer Kostenerhöhung von zehn bis 20 Prozent gegenüber dem Investitionsplan von 350 Millionen Euro zu rechnen, teilte der Konzern am Mittwoch mit. Corona und Lieferverzögerungen bei Anlagenlieferanten hätten zu Verzögerungen beim Bau geführt.

Auch die Inbetriebnahme erfolgt später als ursprünglich geplant. Der Vollbetrieb wird – wie bereits bei der Präsentation der vergangenen Quartalsergebnisse kommuniziert – Mitte 2022 erwartet statt bereits heuer. Das Projekt schreite nun wieder zügig voran, einzelne Schritte wie die Kaltinbetriebnahme erfolgten noch heuer, berichtete der Voest-Vorstand. Die jährliche Produktionskapazität in dem Werk soll bis zu 205.000 Tonnen Spezialstahl erreichen.

Über einen Zeitraum von fünf Jahren sollten Investitionen in Höhe von 500 Millionen Euro in den Standort im steirischen Mürztal fließen – diese Summe erhöht sich mit der heutigen Bekanntgabe auf 535 bis 570 Millionen Euro.

Während rund eine halbe Milliarde in das neue Werk fließen, kam es quasi nebenan bei der Voestalpine Böhler Aerospace in Kapfenberg im vergangenen Jahr zu einem empfindlichen Personalabbau. Wegen der Nachfrageflaute während der Coronapandemie wurden dort 300 Stellen gestrichen. Auch der Öl- und Gasindustriebereich litt unter der Wirtschaftskrise. Das kostete beim Nahtlosrohrhersteller Voestalpine Tubulars in Kindberg (ebenfalls in der Steiermark) 250 Jobs. (APA, 9.6.2021)