Die Gastronomie hat wieder offen, noch läuft das Geschäft schleppend.

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Eines ist der SPÖ gelungen: Sie hat einen Kontrapunkt gesetzt. Während die Hilfsprogramme der türkis-grünen Regierung ab Ende Juni schrittweise auslaufen, hat SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner ein neues Paket zur Belebung der Wirtschaft vorgeschlagen. Sie fordert, dass alle knapp vier Millionen Haushalte in Österreich einen Konsumgutschein erhalten sollen. 700 Euro sollen es für Single-Haushalte sein, für alle anderen ein Tausender. Davon erhofft sich die Sozialdemokratin einen "Impuls" für die heimische Wirtschaft. Die Gutscheine sollen laut Vorschlag in heimischen Restaurants, Hotels und Handelsgeschäften einlösbar sein.

Aber lässt sich sagen, welche wirtschaftlichen Effekte das Ganze hätte? Ist der SPÖ-Tausender also eine gute oder eine schlechte Idee?

Zunächst zur wirtschaftlichen Ausgangslage, die knapp formuliert so aussieht: In Österreich geht es zwar wirtschaftlich bergauf, die Wanderung hat aber erst gerade begonnen.

Das Wirtschaftsforschungsinstitut Wifo versucht wöchentlich die Entwicklung abzuschätzen, unter anderem auf Basis von Kreditkartenzahlungen, des Lkw-Frachtaufkommens und der Luftverschmutzung. Die jüngsten Öffnungsschritte lassen sich aus den Zahlen klar herauslesen. Der private Konsum hat seit Mitte Mai deutlich zugenommen. Besonders in der Gastronomie und Hotellerie stiegen die Umsätze, verständlich, die Konsumation in den Lokalen ist wieder erlaubt, Hotels haben geöffnet. Dennoch bleibt eine große Lücke. Die Einkommen in der Gastro- und Hotelbranche haben gerade einmal 56 Prozent des Vorkrisenniveaus erreicht. Die Probleme sind also nicht gelöst.

Die SPÖ versteht die Gutschein auch als Hilfe für "kleinere und mittlere Betriebe, die besonders krisengefährdet" seien.

Es geht bergauf

Allerdings spricht alles dafür, dass die Umsätze in weiten Teilen der Gastronomie und Hotellerie weiter anziehen werden. Aktuell bestehen ja noch eine Reihe von Einschränken. Die Wifo-Analyse bezieht sich auf den Zeitraum mit einer Sperrstunde von 22 Uhr in der Gastronomie und vielen anderen Einschränkungen in Hotels und Restaurants. Die Sperrstunde wird ab Donnerstag auf Mitternacht verschoben, die Begrenzungen weiter gelockert. Damit werden sich auch die Zahlen verbessern.

Ein guter Vergleich ist vielleicht das vergangene Jahr. Über den Sommer hinweg waren ja die meisten Einschränkungen aufgehoben. Siehe da, die Gastronomie war stabil: Das Umsatzminus zwischen Juli und September lag hier bei 5,4 Prozent im Vergleich zum Vorkrisenzeitraum, im Handel lagen die Umsätze in dieser Zeit gar nur rund ein Prozent unter dem Vorkrisenwert. Insgesamt betrug das Minus bei Dienstleistern etwa zehn Prozent.

Sofern die Beschränkungen fallen, läuft es also in vielen Sektoren nicht schlecht. Wenn also das Impfprogramm weiter voranschreitet, stehen die Chancen gut, dass die Rückkehr zur wirtschaftlichen Normalität greifbar wird. Die meisten Unternehmen brauchen keine Rettung. Und dort, wo Einschränkungen bleiben, helfen auch Gutscheine nicht. Der Grund, warum die Hotellerie im vergangene Sommer unterdurchschnittlich erfolgreich war, sind die ausgebliebenen ausländischen Gäste in den Städten. Hier hilft aber auch der Gutschein für Haushalte in Österreich nichts.

Die wirtschaftliche Treffsicherheit der Aktion darf bezweifelt werden.

Die soziale Frage

Dass die Erholung voranschreitet, liegt auch daran, dass Geld vorhanden ist. Laut Nationalbank und Wifo hat sich die Sparquote der Haushalte, also der Anteil der Einkommen, der auf Sparkonten landet, in der Pandemie verdoppelt. Im Schnitt legten die Menschen im Land 13,7 Prozent des Einkommens auf die Seite. Damit hat der größte Teil der Haushalte genug Geld, um ins Restaurant oder auf Einkaufstour zu gehen, die Mittel befinden sich vor allem auf jederzeit abrufbaren Girokonten.

Die ganze Entwicklung hat freilich eine Kehrseite. "Die Verteilung ist sehr ungleich", sagt Josef Baumgartner, Ökonom am Wifo. "Haushalte im unteren Einkommensbereich haben wegen Arbeitslosigkeit und Kurzarbeit Ersparnisse eher aufgelöst, als neue anzuhäufen. Was da an Polstern bestanden hat, ist oft weg." Menschen in diesen Haushalte dürften also tatsächlich längerfristig weniger konsumieren, was sich auch wirtschaftlich negativ auswirkt.

Aber genau dieser Punkt zeigt eine weitere Schwäche der Gutscheine auf: Die soziale Treffsicherheit ist nicht gegeben. Viele Haushalte würden Geld bekommen, die es gar nicht brauchen, bei jenen, die es brauchen, gäbe es andere Wege.

Falsches Timing

Heißt das, der ganze Vorschlag ist eine Schnapsidee? Nein. Vielleicht ist eher das Timing ein Problem. Denn all diese Fragen rund um fehlende Treffsicherheit und zweifelhafte wirtschaftliche Wirkung stellen sich auch im Zusammenhang mit den bisherigen Staatshilfen in Österreich. Seit Beginn der Pandemie hat der Staat weit über 30 Milliarden Euro in die Wirtschaft gepumpt, vor allem in Form von Unternehmenshilfen und Kurzarbeit. Auch Umsatzersatz, Ausfallbonus und Fixkostenzuschüsse sind alles andere als treffsicher, auch hier profitierten oft Unternehmen, die es nicht brauchten, andere schauten durch die Finger.

Hätte es Sinn gemacht, statt all der komplexen Hilfen von Anfang Gutscheine an Haushalte zu verteilen?

Wissenschaftliche Studien und Analysen dazu gibt es bisher nicht. Anhaltspunkte finden sich aber in den USA. In der größten Volkswirtschaft der Welt waren Cash-Transfers einer der wesentlichen Eckpfeiler der staatlichen Hilfsprogramme, neben Infrastrukturinvestitionen.

Die USA machen es anders ...

Kurarbeit wie in Österreich gab es nicht, auch Unternehmenshilfen bestanden weit weniger aus Zuschüssen als aus Kreditgarantien. Das Rettungsprogramm von US-Präsident Joe Biden, das Anfang März abgesegnet wurde, beläuft sich auf 1.900 Milliarden Dollar.

Etwas mehr als 411 Milliarden gibt der Staat für Einmalzahlungen an Haushalte aus: Die meisten Beschäftigten bekamen 1.400 Dollar, für Kinder gibt es Zuschläge. Nochmals 200 Milliarden Dollar gibt es für Arbeitslose: Sie bekommen 300 Dollar extra pro Woche. Schon im vergangenen Jahr war das Modell ähnlich, auch da bildeten Cash-Transfers und Sonderzahlungen an Arbeitslose einen großen Teil der staatlichen Hilfen. Für Spitzenverdiener gab es weniger Geld.

So weit sind sich Ökonomen einig, dass, wenn Zahlungen, dann so wie in den USA Cash mehr Sinn macht, als Gutscheine zu verteilen: Haushalte wissen am besten, wofür sie Geld ausgeben wollen, sagt etwa Wifo-Ökonom Baumgartner.

... und nicht unbedingt schlechter

Wie aber haben sich diese Cash-Transfers auf die US-Wirtschaft ausgewirkt? Dieser Frage ist das renommieret Peterson Institute in Washington nachgefangen. Erstes Fazit der Ökonomen: "Insgesamt waren die Zahlungen wirksam, um den von der Pandemie finanziell betroffenen Personen zu helfen, da die Mehrheit der Haushalte, die ihr Einkommen aus Erwerbstätigkeit verloren hatten, eine Zahlung erhielt." Die Cash-Transfers haben also die sozialen Folgen der Pandemie gemildert, Analysen zeigen, dass viele Arbeitslose sogar mehr Geld hatten als zuvor in schlechtbezahlten Jobs.

Schwieriger zu beantworten ist die Frage nach den wirtschaftlichen Auswirkungen. Das Peterson Institute kommt zu dem Ergebnis, dass manche Haushalte mehr ausgegeben haben, andere das Geld wegsparten, was wirtschaftlich natürlich keinen Effekt hat.

Das Congressional Budget Office, das für den Kongress unter anderem ökonomische Analysen erstellt, hat die wirtschaftlichen Auswirkungen der Hilfen im Jahr 2020 genauer analysiert. Den größten positiven Beitrag geleistet haben demnach die Sonderzahlungen an Arbeitslose. Die US-Wirtschaftsleistung war dadurch um 1,1 Prozentpunkte höher. Die Zahlungen an Haushalte brachten ein Plus von 0,6 Prozentpunkten.

Das Programm, mit dem Unternehmen Kredite erhielten, um Arbeitnehmer halten zu können, trug 0,8 Prozentpunkte zum Wachstum bei. Kurzum: Die Cash-Transfers hatten also einen Effekt, es gab aber effektivere Maßnahmen.

Ärmere Haushalte geben das Geld aus

Klar wird, dass es den größten wirtschaftlichen Effekt bei Transferzahlungen dann gibt, wenn das Geld für ärmeren Haushalte ausgegeben wird und nicht per Gießkanne an alle. Menschen in ärmeren Haushalten konsumieren tendenziell mehr und sparen weniger weg. Fazit: Es gäbe aktuell vermutlich zielgerichtetere Wege, die 3,5 Milliarden Euro, die der SPÖ-Vorschlag kosten würde, auszugeben. Die Mittel für das Programm müssen schließlich auch von wo kommen. (András Szigetvari, 9.6.2021)