Viel zum Aufräumen hatte Voestalpine-Chef Herbert Eibensteiner bereits vor der Corona-Krise. Jetzt geht es dank Autoindustrie und Konjunkturaufschwung wieder aufwärts.

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Wien/Linz – Die Voestalpine hat die Corona-Krise ohne tiefgreifende Blessuren überstanden. Wohl verursachten Problembereiche wie das Eisenpelletswerk Corpus Christi in Texas, das Rohrwerk in Kindberg und der Drahtbereich Sonderabschreibungen in Höhe von rund 197 Millionen Euro, nach einem massiven Einbruch im ersten Quartal des Geschäftsjahres 2020/21 (31. März 2021) erholten sich die Divisionen aber sukzessive.

Unterm Strich blieben bei einem um 1,5 Milliarden Euro geschrumpften Umsatz ein Betriebsergebnis (Ebit) von 115,2 Millionen Euro und ein schmaler Gewinn (EBT) von 32 Millionen Euro. Voestalpine habe ein Zeugnis der eigenen Robustheit abgelegt, sagte Konzernchef Herbert Eibensteiner bei Vorlage der Zahlen am Mittwoch. Die Konjunkturprogramme beginnen zu wirken, dadurch steigt die Nachfrage und auch der Stahlpreis, davon profitiert der Stahl- und Verarbeitungskonzern.

Investitionen gedrosselt, tausend Jobs weg

Zum Erfolg beigetragen hat freilich auch eine deutliche Rücknahme der Investitionen (um 21,5 Prozent auf 612 Millionen Euro) und der Lagerabbau. Darüber hinaus wurde der Beschäftigtenstand um tausend auf weltweit rund 48.654 (Vollzeitäquivalente) reduziert. Allein im Tubulars-Werk Kindberg fielen 250 Stellen weg, weitere 300 bei Böhler Aerospace in Kapfenberg.

Finanzvorstand Robert Ottel sprach gar vom erfolgreichsten Jahr in den 17 Jahren, die er in der Voest verbracht habe. Der Schuldenstand wurde von 4,1 auf 2,7 Milliarden Euro reduziert. Das Verhältnis Nettofinanzverbindlichkeiten zu Eigenkapital (Gearing Ratio) wurde von "zu hohen" 67 Prozent auf 49 Prozent reduziert.

Auf Volllast

Nun laufe der im März 2020 stillgelegte Hochofen 5 in Linz ebenso wieder auf Volllast wie die meisten anderen Werke. Das problematische US-Automotive-Werk in Cartersville scheint aus dem Tal unterwegs zu sein, man weise ein positives operatives Ergebnis aus. Die schwache Nachfrage am Öl- und Gasmarkt hingegen beeinträchtigt noch immer das Röhrenwerk Kindberg (Tubulars), ein weiterer Personalabbau sei aber aus derzeitiger Sicht nicht notwendig, sagte Eibensteiner. Ende Juni soll die Kurzarbeit enden.

Teurer als kalkuliert und später fertig wird das neue Edelstahlwerk in Kapfenberg, das erst Mitte 2022 in Vollbetrieb gehen soll (heuer erfolgt nur der Kaltstart) und bis zu 420 Millionen Euro kosten wird. Das sind um rund 70 Millionen Euro mehr als die ursprünglich kalkulierten 350 Millionen Euro. Corona und Lieferverzögerungen bei Anlagenlieferanten hätten zu Verzögerungen beim Bau geführt, den Rest erledigen Baukostensteigerungen. Die jährliche Produktionskapazität in dem Werk wird mit bis zu 205.000 Tonnen Spezialstahl angegeben. Insgesamt sollten binnen fünf Jahren Investitionen in Höhe von 500 Millionen Euro ins Mürztal fließen – nun dürften es 535 bis 570 Millionen Euro sein.

Steigende Preise helfen

Das Eisenpelletswerk in Texas steht nach der neuerlichen Abschreibung von 163 Millionen Euro nur mehr mit 415 Millionen Euro in den Büchern, im Februar waren es noch 448 gewesen. Das ungünstige Verhältnis von Schrott- und Erzpreisen erleichtert den Aufschwung in dem umstrittenen Werk nicht gerade.

Die steigenden Stahlpreise schlagen sich im Ausblick nieder: Da man Preissteigerungen an die Abnehmer weiterreichen könne, soll das operative Ergebnis (Ebitda) im Gesamtjahr (31.3.2022) auf 1,6 bis 1,9 Milliarden Euro steigen, das Ebit zwischen 800 Millionen und 1,1 Milliarden Euro ausmachen.

Bleibt noch ein Jahr ein gemeines Mitglied des Voestalpine-Aufsichtsrats: Ex-Chef Wolfgang Eder.
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Joachim Lemppenau (links) kam nach der Privatisierung vor mehr als 15 Jahren an die Spitze des Voest-Aufsichtsrats, er begleitete Wolfgang Eder in seiner Zeit als Voestalpine-Chef.
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Rochade im Aufsichtsrat

Geklärt scheint auch das Gerangel um die Aufsichtsratsspitze zu sein: Ex-Voest-Chef Wolfgang Eder, dem die amerikanischen Problembereiche angelastet werden, muss ein Jahr warten, er wird erst nach der Hauptversammlung im Juli 2022 Voest-Präsident. Das wurde dem STANDARD aus Kreisen einflussreicher oberösterreichischer Voest-Aktionäre bestätigt. Diese Art Cooling-off-Phase ermöglicht Langzeitpräsident Joachim Lemppenau eine Ehrenrunde, er darf bis zu seinem 80. Geburtstag dem Voestalpine-Aufsichtsrat vorsitzen. (Luise Ungerboeck, 9.6.2021)