In einer Grünanlage nahe der U-Bahn-Station Simmering wollte ein 17-Jähriger auf illegale Weise zwei andere Jugendliche dazu bringen, ihre Musik leiser zu konsumieren.

Foto: Robert Newald

Wien – Der Grundsatz, dass Not erfinderisch macht, gilt auch für jugendliche Freizeitgestaltung. Denn der 17-jährige P. soll laut Anklage in Ermangelung einer Schusswaffe in einer Grünanlage in Wien-Simmering seine eigene Version des russischen Roulettes praktiziert haben. Der Staatsanwalt wirft ihm vor, am 11. April zwei andere Teenager gefährlich bedroht zu haben, indem er vor ihnen ein Messer auf dem Tisch rotieren ließ und ankündigte, derjenige, auf den die Spitze zeige, werde umgebracht. Danach hielt er die Waffe noch einem der Opfer in den Gesichtsbereich.

Der wegen schweren Raubes Vorbestrafte leugnet das entschieden. Es habe zwar einen Streit gegeben, aber er habe niemanden bedroht und besitze nicht einmal ein Messer. Am zweiten Verhandlungstag soll ein Freund, der damals dabei gewesen ist, seine Version stützen. Der deutlich über 1,80 Meter große, bullige 14 Jahre alte Elias ist ihm aber nur bedingt eine Hilfe.

Diskussion bei Spaziergang

"Was war am 11. April?", fragt Richterin Michaela Röggla-Weiss den jungen Zeugen. "Wir waren in so einem Park, ich weiß nicht, wie der heißt, spazieren", erinnert der von seinem Vater und seinem Onkel in den Saal begleitete Elias sich. "Dann haben wir diese zwei Typen gesehen und haben diskutiert." – "Worüber?" – "Ich erinnere mich nicht." – "Hat der Angeklagte die zwei Typen beschimpft?" – "Kann sein. Ich weiß es nicht mehr. Sie haben nicht normal geredet wie wir jetzt. Es war eher unfreundlich", beschreibt Elias die kommunikative Kompetenz seines Freundes diplomatisch.

Als es darum geht, ob der Zeuge ein Messer gesehen hat, wird es turbulent. Der Angeklagte schüttelt bei der Frage empört den Kopf, worauf Vater und Onkel des Zeugen noch empörter aus den Zuseherreihen P. darauf hinweisen, dass er das unterlassen solle. Was wiederum die Mutter des Angeklagten dazu bringt, die beiden Männer barsch zum Schweigen aufzufordern. Mit einiger Mühe kann die Richterin die Situation beruhigen und droht einen Ausschluss der Streitparteien vom Verfahren an, sollte es weitere Einmischungen geben.

Musik als möglicher Auslöser

Der Zeuge will sich jedenfalls an kein Messer erinnern können. Er betont aber auch, dass er die Situation nicht dauernd beobachtet habe, er also eigentlich nichts sagen könne. "Und warum ist es zu einer Auseinandersetzung gekommen? Sie werden ja nicht regelmäßig wildfremde Personen im Park ansprechen?", fragt der Staatsanwalt. Der Zeuge hat keine Erklärung. Die beiden Opfer, die unmittelbar nach der Aktion den Polizeinotruf alarmiert hatten, sagten aus, P. sei mit der Lautstärke ihrer Musik nicht einverstanden gewesen.

Den Ankläger interessiert auch, warum die beiden anderen Jugendlichen den Angeklagten falsch belasten sollten. P. kann ihm keine Antwort bieten. Er kenne sie nicht, aber sie hätten gelogen, beharrt er. "Vielleicht hatten sie Angst?", mutmaßt der Angeklagte. "Wenn sie Angst hätten, würden sie Sie aber nicht vor Gericht zerren, oder?", hält ihm der Staatsanwalt entgegen.

Für Röggla-Weiss klangen die Angaben der Opfer jedenfalls glaubwürdig, sie verurteilt P. rechtskräftig zu fünf Monaten bedingt. Die Probezeit seiner ersten Vorstrafe wird von drei auf fünf Jahre verlängert, zusätzlich muss er ein Anti-Gewalt-Training absolvieren. (Michael Möseneder, 9.6.2021)