Das Ressort von Minister Wolfgang Mückstein (Grüne) braucht noch Zeit für den kompletten grünen Pass.

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Erster wird Österreich in dieser Europameisterschaft definitiv nicht mehr. Das steht außer Frage. Dabei war es Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) vor gar nicht allzu langer Zeit noch sehr wichtig, dass Österreich beim grünen Pass eine Vorreiterrolle einnimmt. Schon im Februar kündigte er den digitalen Nachweis für Genesene, Getestete und Geimpfte an. Im März ließ Kurz mit der Ansage aufhorchen, dass Österreich noch vor der Europäischen Union mit seiner Variante fertig sein möchte. Noch im April sollte ein grüner Pass für Getestete auf den Weg gebracht werden, mit Juni die Vollversion fertig sein. Doch das alles trat nicht ein.

Übrig bleibt ein Stückwerk. Das zuständige Gesundheitsministerium will am Donnerstag mit dem grünen Pass starten. Allerdings wird es vorerst nur QR-Codes für Getestete und Genesene geben. Der digitale Nachweis für knapp vier Millionen Erstgeimpfte lässt auf sich warten. Man brauche noch Zeit, weil dahinter die komplizierteste Datenbank stehe, rechtfertigte sich Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein (Grüne) am Mittwoch in einer Pressekonferenz. "Ziel ist der 1. 7., da muss der grüne Pass in Europa funktionieren." Da wird auch der grüne Pass der Europäischen Union erwartet. Mückstein erinnerte daran, dass der grüne Pass in Papierform ja schon seit 19. Mai existiert.

Verschiedene Systeme

"Alles ziemlich komplex", heißt es also aus dem Gesundheitsressort. Im Ministerbüro betont man, dass die Ankündigung, Österreich werde in Europa das erste Land sein, das den grünen Pass bereitstellen könne, "nicht von uns kam".

Der Vorwurf, dass etliche EU-Staaten wie Deutschland, Dänemark oder Litauen wesentlich weiter seien in der Bereitstellung von grünen Pässen, sei nachvollziehbar, aber auch erklärbar. Österreich habe mit seinen neun Bundesländern verschiedene Systeme, die koordiniert werden müssten, anders als Länder, die zentral agieren. Zudem sei der QR-Code für Geimpfte komplizierter, da die verschiedenen Impfstoffe unterschiedliche Abläufe hätten, die dokumentiert werden müssen. Und auch die Chargennummern müssten inkludiert werden. Dies alles sei eben "sehr komplex" und zum Teil nicht mit Systemen anderer Länder vergleichbar.

Womöglich hat das Gesundheitsministerium aber auch durch die Frage der Datensammlung Zeit verloren. Die gesetzlichen Pläne für den grünen Pass wurden mehrfach überarbeitet. Zunächst sollte die E-Card in das System integriert werden, was laut Datenschützern immense Datensammlungen ermöglicht hätte. Ein Gesetzesentwurf sah Verknüpfungen von Daten, etwa zu Einkommen und Krankenständen, vor. Da ruderte das Ministerium nach Kritik zurück. Von jenen, die mit der technischen Umsetzung betraut sind, hört man, dass sich die Politik mit ihnen schlicht zu wenig abgestimmt hätte, und zwar durchwegs.

"Total danebengegangen"

Im Moment lässt sich der Impfnachweis nur ausdrucken. Aber auch an dieser Variante gibt es Kritik. Gemeindevertreter kritisieren nun, dass ihnen die Ausdruckarbeit für den Impfstatus "umgehängt" werde, sie aber bisher keine technischen Informationen bekommen hätten, wie dies umzusetzen sei. Im Gesundheitsministerium heißt es, dass sehr wohl Infos vorlägen, die Gemeinden und Städte zu dieser Serviceleistung für jene Personen, die keinen Internetanschluss haben, nicht gezwungen seien. Auch Ärzte und die Apotheken könnten dies übernehmen.

Kritik kommt auch aus den Ländern. Salzburgs Landeshauptmann Wilfried Haslauer (ÖVP) bemängelte im ORF-Gespräch die Kommunikation des Bundes gegenüber den Gemeinden: "Man kann nicht die Gemeinden in die Pflicht nehmen, nicht mit ihnen sprechen und nicht die Tools zur Verfügung stellen. Das ist total danebengegangen."

Ähnlich tönt es auch aus Kärnten. Hier äußert sich Landeshauptmann Peter Kaiser (SPÖ) kritisch über die Ankündigungspolitik der türkis-grünen Bundesregierung. "Es werden dauernd Sachen versprochen, die dann nicht eingehalten werden können. Die Bevölkerung bleibt enttäuscht, mit der Betonung auf täuschen, zurück", heißt es aus dem Landeshauptmannbüro. (Jan Michael Marchart, Walter Müller, 10.6.2021)