In der Donaustadt gibt es derzeit laut Bezirkschef Nevrivy 85.000 öffentliche kostenlose Parkplätze. Rund 17.500 Einpendler in den Bezirk nutzen diese Abstellmöglichkeit derzeit – wovon 40 Prozent aus Niederösterreich und rund die Hälfte aus anderen Teilen Wiens kommen.

Foto: Martin Putschögl

Im Flächenbezirk Donaustadt leben 200.000 Einwohner.

Die sommerliche Wärme von draußen drang zwar nicht in den Bildungscampus Attemsgasse, das Ausweichquartier für die Bezirksvertretungssitzung im Flächenbezirk Donaustadt. Die am Mittwochabend geführten Diskussionen führten dennoch zu hitzigen Debatten. Denn die Bezirksrätinnen und Bezirksräte brachten mit großer Mehrheit eine Resolution auf den Weg, von der bis vor wenigen Wochen wohl nicht viele gedacht hätten, dass sie in der Donaustadt eine Mehrheit findet: SPÖ, Grüne, Neos, ein Abgeordneter der Bierpartei und eine unabhängige Bezirksrätin stimmten für ein flächendeckendes Parkpickerl in der Donaustadt.

Die Grünen bezeichneten die Entscheidung als historisch – stimmte die SPÖ mit Bezirkschef Ernst Nevrivy (SPÖ) an der Spitze doch seit sieben Jahren in jeder Bezirksvertretungssitzung einer FPÖ-Resolution zu, die sich gegen die Einführung eines Parkpickerls im 22. Bezirk aussprach, zuletzt noch im März 2021. Für die Freiheitlichen bot Nevrivys Einlenken daher Grund zur Kritik: Ein "Umfallen im Liegen" sei das von der SPÖ gewesen, betonte der Klubchef der FPÖ, Andreas Dvorak, mehrmals. Das Parkpickerl sei eine "Abzocke, die niemand braucht". Auch die ÖVP sprach sich vehement gegen das Parkpickerl im Bezirk aus.

Dominoeffekt befürchtet

Die Gründe für den Meinungswandel in der Donaustädter SPÖ, die 29 von 60 Mandataren im Bezirk stellt, liegen auf der Hand: Aktuell gehört der 22. Bezirk noch zu jenen vier Bezirken, die keine flächendeckenden Kurzparkzonen haben und in denen kostenlos geparkt werden kann. Anfang Mai wurde allerdings bekannt, dass ab Anfang 2022 ein Wien-weites Parkpickerl kommen soll.

Die neue rote Verkehrsstadträtin Ulli Sima befürchtete einen Dominoeffekt bei der Verdrängung von Autofahrern, weil zuletzt Simmering aufgrund des Parkplatzdrucks angekündigt hatte, notfalls im Alleingang das Parkpickerl auf den gesamten Bezirk auszudehnen. Das hätte direkte Auswirkungen auf Liesing – und in weiterer Folge auf die ebenfalls noch parkpickerlfreien Flächenbezirke Donaustadt und Floridsdorf.

Letztere sind nicht irgendwelche Bezirke jenseits der Donau, die nun ebenfalls das Parkpickerl einführen wollen: In der Donaustadt wurde im Frühjahr laut Nevrivy der 200.000. Bewohner begrüßt. Floridsdorf hat 174.000 Einwohner. Beide Bezirke zusammen stellen die zweitgrößte Stadt Österreichs, also Graz (knapp 300.000 Einwohner), deutlich in den Schatten. Die Einführung eines Parkpickerls hat also massive Auswirkungen auf viele Autofahrer.

85.000 öffentliche Parkplätze in der Donaustadt

Alleine in der Donaustadt gibt es derzeit laut Nevrivy 85.000 öffentliche kostenlose Parkplätze. Rund 17.500 Einpendler in den Bezirk nutzen diese Abstellmöglichkeit derzeit – wovon 40 Prozent aus Niederösterreich und rund die Hälfte aus anderen Teilen Wiens kommen. Werde das Parkpickerl alleine in Simmering eingeführt, kämen 3.000 Autos dazu, warnte Nevrivy, der bis vor wenigen Monaten noch der größte Gegner eines kostenpflichtigen Parkpickerls im Bezirk war. "Das System würde kollabieren."

Künftig müssen jedenfalls alle Bezirksbewohner für einen öffentlichen Parkplatz zahlen: Ausnahmen für Randgebiete soll es laut Nevrivy nicht geben.

Wie geht es jetzt weiter? Auch in den weiteren pickerlfreien Bezirken sollen noch im Juni entsprechende Beschlüsse fallen. In Liesing ist geplant, nur einzelne Industriegebiete vom Parkraummanagement auszunehmen. In Floridsdorf dürfte das Pickerl bereits am 16. Juni beschlossen werden. In Hietzing mit Bezirksvorsteherin Silke Kobald (ÖVP) steht das Thema am 28. Juni auf der Agenda. Kobald kritisierte die Ausweitung des aktuellen Parkpickerlsystems, machte im Vorfeld aber auch klar, "dass Hietzing nicht der einzige Bezirk Wiens ohne Parkpickerl bleiben kann".

Details wie Gültigkeitsdauer noch vor dem Sommer

Stadträtin Sima hält sich zum weiteren Fahrplan auf STANDARD-Anfrage noch bedeckt. "Alle Details" zum Wien-weiten Parkpickerl werden aber "noch vor dem Sommer" präsentiert, wie ihre Sprecherin sagte. Ziel ist jedenfalls ein gemeinsamer Start der Wien-weiten Parkraumbewirtschaftung. Wann genau dieser 2022 erfolgen soll, wird also bald feststehen. Auch eine einheitliche Geltungsdauer sowie ein einheitlicher Preis werden angepeilt.

Das bedeutet dann auch Änderungen für Autofahrer in jenen Bezirken, die bereits ein Parkpickerl haben. Schließlich gilt aktuell in inneren Bezirken eine Kurzparkzeit von 9 bis 22 Uhr für zwei Stunden, in äußeren Bezirken von 9 bis 19 Uhr für drei Stunden. Und in Innenbezirken ist das Parkpickerl aktuell teurer als in Außenbezirken. Die Parkometerabgabe für ein Jahr (ohne Gebühren) kostet derzeit je nach Gebiet 90 oder 120 Euro. (Lara Hagen, David Krutzler, 10.6.2021)