Android 12 schickt sich an das größte Update seit Jahren für Googles Betriebssystem zu werden. Von mannigfaltigen Verbesserungen bei der Privatsphäre bis zu einem komplett neu gestalteten Look reicht die Palette jener Neuerungen, die der Softwarehersteller vor wenigen Wochen im Rahmen seiner Entwicklerkonferenz I/O präsentierte. Doch wie Interessierte schnell feststellen mussten, fehlte in der parallel dazu veröffentlichten Betaversion noch vieles der angekündigten Neuerungen. Mit einer neuen Testversion holt Google dies nun nach.

Android 12 Beta 2 mit dem neuen Privacy Dashboard.
Foto: Proschofsky / STANDARD

Privatsphäre

Die Android 12 Beta 2 kann mit einem weiteren Schwall an Verbesserungen aufwarten. So kann nun auch jenes "Privacy Dashboard" ausprobiert werden, mit dem Google vor allem eines schaffen will: Transparenz. Wird dort doch angezeigt, welche Apps in den vergangenen 24 Stunden wie oft auf sensible Berechtigungen wie Kamera, Standort oder auch Mikrofon zugegriffen haben. Bei den genannten drei Berechtigungen gibt es zudem auch eine Zeitlinie, in der detailliert ausgewiesen wird, wann die jeweiligen Apps exakt dieses sensiblen Daten abgefragt haben. Gleichzeitig wird die Möglichkeit geboten, Apps die entsprechende Berechtigung umgehend zu entziehen, wenn man anzweifelt, dass dieser Zugriff zurecht erfolgt ist. Passend dazu können App-Entwicklern den Nutzern künftig aber auch Informationen dazu liefern, warum zum jeweiligen Zeitpunkt auf eine gewisse Berechtigung zugegriffen wurde.

Zu den weiteren Privatsphärenverbesserungen gehören eigene Indikatoren für Kamera und Mikrofon in der Statuszeile, die immer dann angezeigt werden, wenn auf die entsprechenden Komponenten zugegriffen wird. Schon bisher war es Apps nicht möglich, auf diese Informationen unbemerkt im Hintergrund zuzugreifen, so wird nun aber auch klar gemacht, wenn eine gerade aktiv im Vordergrund laufende App dies tut. Parallel dazu gibt es in den Schnelleinstellungen neue Schaltflächen, über die Kamera und Mikrofon zentral für das gesamte System deaktiviert werden können. Das ist auch nicht einfach nur ein Hinweis an die betreffenden Apps, in diesem Fall liefert das System an sämtliche Programme leere Inhalte. Benötigt eine App dann den Zugriff wirklich aktiv, fragt Android noch einmal explizit nach der Erlaubnis dafür. Apropos Transparenz: Wie vom aktuellen iOS schon bekannt, informiert auch Android 12 nun, wenn eine gerade laufende App auf den Zwischenspeicher zugreift.

Einige der Privacy-Verbesserungen in der Android 12 Beta 2: Das Privacy Dashboard, die zugehörige Detailansicht, der Indikator für den Zugriff auf das Mikrofon sowie ein Dialog, der angezeigt wird, wenn die Kamera komplett blockiert wurde.
Screenshot: Proschofsky / STANDARD

Eine interessante Neuerung gibt es in Hinblick auf die Netzwerkeinstellungen: Sowohl WLAN als auch Mobilfunk werden nun nämlich über einen Punkt "Internet" in den Schnelleinstellungen zusammengefasst. Von dort aus kann dann eine Schaltfläche eingeblendet werden, über die weitere Detaileinstellungen erreichbar sind.

Material You

Unter dem Namen "Material You" hat Google im Rahmen der I/O auch ein neues Designsystem für Android – und künftig auch für alle anderen der eigenen Services und Betriebssysteme – präsentiert. Mit der Beta 2 sind weitere Bestandteile davon aufgenommen worden. So orientiert sich die Farbgebung von Schaltflächen und anderen Highlights nun automatisch am Hintergrundbild – allerdings fehlen hier noch die ebenfalls bereits vorgezeigten Detaileinstellmöglichkeiten. Generell sei betont, dass dieses Feature vorerst Pixel-Smartphones von Google vorbehalten werden soll.

Ansonsten gab es an vielen Stellen optischen Feinschliff. Das reicht von einer umgestalteten – und kompakteren – Mediensteuerung über Anpassungen bei der Darstellung von Benachrichtigungen bis zu einem weniger dick aufgetragenen Lautstärkebalken. Im Vergleich zu den bei der Google I/O gezeigten Designs fehlen aber noch einige Änderungen, diese dürften also wohl erst mit späteren Testversionen folgen. Auch das Farbsystem scheint noch nicht vollständig implementiert zu sein. Insofern sollte der aktuelle Look noch nicht als final betrachtet werden.

Einen neuen Ort hat zudem die erst mit Android 11 eingeführte "Gerätesteuerung" erhalten: Anstatt über einen Langdruck auf den Ausschaltknopf ist diese nun über einen Punkt in den Schnelleinstellungen erreichbar. Überhaupt wurde das Ausschaltmenü optisch neu gestaltet. In Zukunft soll an dieser Stelle übrigens von Haus aus der Google Assistant erreichbar sein – ähnlich wie es jetzt schon bei Apple- und Samsung-Smartphones mit den jeweiligen digitalen Assistenten der Fall ist. Das Ausschalten wäre dann über den Schnelleinstellungsbereich zu erreichen. Wer das nicht mag, kann dieses Verhalten aber über die Einstellungen wieder rückgängig machen.

Das neue Ausschaltmenü mit ziemlich prominenten Knöpfen. Die Schnelleinstellungen mit dem im linken Screenshot zu sehenden Wallpaper. Mit einem anderen Wallpaper gibt es dann auch andere Farbhighlights. Diese automatische Farbgebung soll mit kommenden Versionen noch ausgeweitet werden, wer das nicht mag, soll es aber auch deaktivieren können.
Screenshot: Proschofsky / STANDARD

Verfügbarkeit

Die zweite Beta für Android 12 steht für Pixel-Smartphones ab dem Pixel 3 zum Download. Der einfachste Weg, sie zu bekommen, ist, dem offiziellen Beta-Programm beizutreten. Wer bereits die Beta 1 hat, sollte die neue Version schon als Update vorgeschlagen bekommen haben. Der offizielle Zeitplan sieht noch zwei weitere Beta-Versionen sowie einen Release Candidate vor, bevor dann voraussichtlich Anfang September die fertige Version von Android 12 folgt.

Wie gewohnt bedeutet dessen Veröffentlichung zunächst mal vor allem die Freigabe des Quellcodes sowie die Verfügbarkeit von Updates für Pixel-Geräte. Wann andere Hersteller dann mit eigenen Aktualisierungen folgen, gilt es wie immer abzuwarten. Zumindest begleiten dieses Jahr zahlreiche Hersteller Googles Testprogramm mit eigenen Beta-Releases, was die sanfte Hoffnung nährt, dass es mit dem großen Versionssprung – zumindest bei ausgewählten Geräten – flotter als in früheren Jahren gehen könnte. (Andreas Proschofsky, 10.6.2021)