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Frauen, die für Diplomaten in Genf arbeiteten, zeigten jahrelange Missstände auf.

Foto: REUTERS

Genf – In Genf sollen philippinische Angestellte zum Teil seit mehr als 20 Jahren teilweise ohne Bezahlung bei pakistanischen Diplomaten gearbeitet haben. Nun sind sie an die Öffentlichkeit getreten und haben den Missbrauch bei der Genfer Staatsanwaltschaft angezeigt.

"Sechs Hausangestellte kamen im März über ein Kollektiv von Migranten ohne Papiere zu uns", sagte Mirella Falco von der branchenübergreifenden Gewerkschaft SIT am Donnerstag vor Medienschaffenden in Genf. Diese Frauen hätten die Philippinen verlassen, weil ihnen die pakistanische Uno-Botschaft ein menschenwürdiges Leben in Genf mit einem Gehalt, einem Dach über dem Kopf und Sozialversicherung versprochen habe.

Drucksituation ausgenutzt

Bei der Ankunft habe die Realität aber ganz anders ausgesehen. Die Frauen mussten sich laut Falco verpflichten, mehr als zehn Stunden pro Woche unentgeltlich zu arbeiten. Um ihre Grundbedürfnisse zu decken, hätten sie zusätzlich für andere Leute arbeiten müssen. Im Gegenzug erhielten sie laut der Gewerkschaft eine sogenannte Legitimationskarte, die Diplomaten ihren Angestellten aushändigen und die von der Schweizer Vertretung ausgestellt wird.

Aus Angst, ihren Aufenthaltsstatus zu verlieren, hätten diese Hausangestellten jahrzehntelang geschwiegen. Im Falle einer Entlassung hätten sie zwei Monate Zeit gehabt, einen anderen diplomatischen Arbeitgeber zu finden. Notfalls wäre ihnen nichts anderes übrig geblieben, als sich wieder zu verstecken oder in ihr Land zurückzukehren, sagte Falco.

Missstände aufgedeckt

Die erlittenen Demütigungen und der Verlust ihres Einkommens durch die Pandemie hätten die Betroffenen in noch größere Not gebracht. Einige von ihnen seien erkrankt. Aus diesem Grund hätten einzelne Betroffene beschlossen, in der Sendung "Mise au point" des Westschweizer Radios und Fernsehens RTS auszusagen.

Über die Gewerkschaft SIT hätten sich die Betroffenen auch an die Bundesratsmitglieder (Minister) Karin Keller-Sutter und Ignazio Cassis gewandt. In ihrem Brief prangerten sie die erlittenen Missbräuche an und bitten die Schweiz um Schutz. Die Behörden müssten Maßnahmen ergreifen, um den Praktiken ein Ende zu setzen, insbesondere durch eine Verbesserung der Bundesverordnung, die Arbeitsbedingungen und Aufenthaltsgenehmigungen in der diplomatischen Welt festlegt. (APA, 10.6.2021)