Viel Luft nach oben sieht der Rat für Forschung und Technologieentwicklung unter anderem auch beim Management von Universitäten. (Im Bild: das Hauptgebäude der Universität Wien.

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Digitalisierung und Gründungen bleiben weiterhin jene Bereiche in Österreich, in denen gegenüber den Innovationsführern wie Dänemark, Finnland oder Luxemburg am meisten Aufholbedarf besteht – trotz aller Start-up-Initiativen im Land, trotz der Dauerdebatten um Breitbandausbau und digitale Zukunftsfitness. Das bescheinigt der "Bericht zur wissenschaftlichen und technologischen Leistungsfähigkeit Österreichs", den der Rat für Forschung und Technologieentwicklung (RFTE) am Donnerstag vorlegte. Den Vergleichsländern voraus ist man dagegen neben Forschung, Technologie und Innovation (FTI) in Unternehmen und der Standortattraktivität auch im Bereich der Finanzierung.

Mit dem hohen Mittelaufwand – die stellvertretende Vorsitzende des Forschungsrates, Sabine Herlitschka, bescheinigt der Geldvergabe ein "in der Breite hohes Niveau" – geht aber nicht die entsprechende Wirksamkeit einher, wie man etwa an der Zahl der Patenteinreichungen ablesen könne. Bei Effektivität und Effizienz liegt Österreich besonders deutlich hinter den Innovationsführern – ein Thema, das schon jahrelang im Fokus der Beobachtungen des Forschungsrats steht.

Optimierungsbedarf in fast allen Bereichen

Der Bericht bescheinigt Österreichs Innovationslandschaft letztendlich einen "Optimierungsbedarf in fast allen Bereichen". "Das FTI-System entwickelt sich weiter, man muss dranbleiben", sagt Herlitschka, die seit 2014 Vorstandsvorsitzende von Infineon in Villach ist. Positiv wird hervorgehoben, dass der Bund – trotz schwieriger Corona-Zeiten – im Dezember 2020 eine Forschungsstrategie bis 2030 lanciert hat, die mit einem dazugehörigen FTI-Pakt mit konkreten Maßnahmen operationalisiert wurde.

Die Strategie des Bundes nehme durchaus Bezug auf relevante Schwächen des österreichischen FTI-Systems, auf die der Forschungsrat immer wieder aufmerksam gemacht hat, räumt der Bericht ein. In der Analyse der konkreten Zielsetzung ergebe sich aber ein recht "heterogenes Bild", heißt es dort: Während einzelne Zielwerte bereits erreicht sind, sind andere so weit entfernt, dass ihr Erreichen unrealistisch erscheint. Besonders ambitionierte Schritte brauche es demnach nicht nur beim Ausbau der Digitalinfrastrukturen und bei Gründungen, sondern etwa auch im Umwelt- und Klimaschutz, um international den Anschluss nicht zu verlieren.

Mehr Wettbewerb

Ratsmitglied Jakob Edler vom Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung (ISI) in Karlsruhe bemängelt hier etwa eine mangelnde "Verbindung von politischen Zielen mit Forschungs- und Entwicklungsprioritäten". Gezielt müsse man auch den Bildungsbereich adressieren, von den Primärstufen bis hinauf in die Hochschulen. Für alle Teilbereiche gilt die Forderung nach Hebung von Effizienz und Effektivität. Der Wettbewerbsaspekt in der Vergabe der Forschungsmittel sollte erhöht werden, Mittel für Grundlagenforschung sollen zumindest auf einen Durchschnittswert der führenden Innovationsländer erhöht werden.

Gerade in der Corona-Krise habe sich gezeigt, dass Forschung eine robuste Brücke aus der Krise ist, betonen die Forschungsrat-Mitglieder. Mit ihr sei die Digitalisierung in allen Lebensbereichen angekommen. Doch die Krise habe auch Schwächen enttarnt, die es zu adressieren gilt. Länder wie Neuseeland hätten sich in der Krise unter anderem deshalb besser geschlagen, weil sie auch eine andere Art haben mit Daten umzugehen, sagt Edler. "Es braucht einen neuen Diskurs zur Frage, wie man Digitalisierung und Datensouveränität nutzen kann, um gesellschaftliche Probleme zu lösen." In den geopolitischen Verschiebungen, die etwa im Pharma- oder im Halbleiterbereich zu mehr Technologiesouveränität führen werden, solle Österreich auf europäischer Ebene klare Positionen beziehen. (pum, 10.6.2021)