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Sieht man mich in der Siedlung so? Als Abklatsch des grauen Zauberers?

Foto: Reuters

Als ich neulich an einem sonnigen Sonntag auf dem Balkon im Hochparterre saß, kam ein Bewohner des Nebenhauses durch den Innenhof spaziert. Er grüßte nett und hatte den Weg zu seinem Wohngebäude schon fast geschafft, als er sich sichtlich ein Herz fasste, umdrehte und zu mir kam.

"Ich möchte Sie nicht unnötig stören, aber wissen Sie zufällig, wer diesen Weg hier immer versperrt?"

Dazu müssen Sie wissen: Der Weg durch den Innenhof ist ein Trampelpfad, nicht offiziell, aber für die Bewohner von drüben eine massive Zeitersparnis. Ich hatte keine Ahnung, wovon er redet.

"Es scheint in Ihrem Haus einen Mieter zu geben, der etwas dagegen hat, dass man da hergeht. Der hat sogar mal eine kleine Hecke dort eingepflanzt, und hin und wieder liegt einfach Schrott rum, damit man nicht vorbeikommt. Da Sie der Einzige wären, den das wirklich stören würde, habe ich natürlich direkt an Sie gedacht."

Der Gandalf der Siedlung

Ich habe ihm natürlich versichert, dass ich das nicht bin, im Gegenteil, ich freue mich immer, wenn jemand vorbeigeht. Der Herr war sehr nett und sagte, dass er sich das eh schon gedacht hätte, als er mich gesehen hat.

Wieso sind manche Menschen so? Dass sie das Leben anderer schwerer machen, wegen Nichtigkeiten? Ich bin dankbar darüber, dass der Nachbar das angesprochen hat, nicht dass es noch zu Gerüchten gekommen wäre und ich als Gandalf in die Geschichte der Siedlung eingegangen wäre, der vor seinem Absturz im ersten Herr der Ringe-Teil mit dem Balrog das berühmte Zitat aus dem Titel rief.

Und ich bewundere die Haltung des Herrn. Es hätte ja doch die Möglichkeit gegeben, dass ich derjenige bin, der einen Sprung in der Schüssel hat. Und er war bereit, für diesen Weg, sich und seine Nachbarn einzuspringen. (Thorben Pollerhof, 11.06.2021)