Die letzten Corona-Demonstrationen waren nicht mehr besonders gut besucht.

Foto: Markus Sulzbacher

Rund um die Corona-Demonstrationen ist es ruhig geworden. Zogen Anfang März dieses Jahres noch mehr als 10.000 Personen durch halb Wien, um den mittlerweile designierten FPÖ-Chef Herbert Kickl bei seinem Auftritt im Prater zu erleben, kamen zu den letzten Kundgebungen nur mehr einige hundert Personen. Neben der Absenz von Kickl, dessen Auftritte bisher wesentlich zur Mobilisierung beitrugen, gibt es noch einen weiteren Grund dafür: Die Organisatoren und Organisatorinnen sind untereinander heillos zerstritten. Es geht dabei um Geld, Einfluss und Gewalt bei den Demonstrationen.

Die nun in einem Telegram-Channel erhobenen Vorwürfe haben es in sich. Sie richten sich hauptsächlich gegen den aus Kärnten stammenden Aktivisten Martin Rutter, der in den vergangenen Monaten Demonstrationen anführte, auf Kundgebungen Reden schwang und im Netz permanent vor Impfungen warnt. Ihm wird von ehemaligen Mitstreitern und Mitstreiterinnen vorgeworfen, Spendengelder für private Aktienkäufe verwendet und Ausschreitungen bei Demonstrationen vorbereitet zu haben.

Die Vorwürfe kommen aus einem Personenkreis, der sich im Dezember 2020 zu der "Bundesweiten Allianz der Friedensbewegung Österreich" zusammengeschlossen hatte und danach einige erfolgreiche Demonstrationen auf die Beine stellte. Sie wollen auch vor Gericht und beim Verfassungsschutz aussagen, wie sie auf Telegram schreiben.

Aufnahme von Gesprächen und handschriftliche Notizen

Als angeblichen Beleg für die Vorwürfe wurden Tonaufnahmen von Gesprächen sowie handschriftliche Aufzeichnungen von Rutter veröffentlicht. Diese Papiere sollen belegen, dass Rutter bei einer von ihm organisierten Demonstration am 10. April in Wien bewusst eine Eskalation mit der Polizei geplant habe. Dafür habe er sich mit rechtsextremen Fußball-Hooligans, die schon zuvor Journalisten und Journalisten und Polizei attackiert haben, abgesprochen. Schon vor dieser Demo haben sich Rutter und sein enger Gefährte Hannes Brejcha von der "Allianz der Friedensbewegung Österreich" verabschiedet.

Die Vorwürfe der "Bundesweiten Allianz der Friedensbewegung Österreich"

Tatsächlich kam es am 10. April bei der Demonstration zu Attacken auf die Polizei, als versucht wurde, eine ihrer Sperren am Landstraßer Gürtel zu überrennen. Dabei wurden Beamte mit Steinen, Bierdosen und Flaschen beworfen. Allerdings wurde die Attacke von den Polizisten und Polizistinnen mit Pfefferspray abgewehrt.

Das Video zeigt, wie Martin Rutter eine Festnahme verhindern will.

Videos davon zeigen, wie Martin Rutter mit den teilweise vermummten Angreifern redete. Diese kamen mit Schutzausrüstung wie Helmen und Gesichtsvisieren zur Kundgebung.

Das Video zeigt Attacken von rechtsextremen Hooligans auf die Polizei.

Schon zuvor war es bei Demonstrationen auch immer wieder zu Scharmützeln mit der Polizei gekommen, aber diese Angriffe hatte eine neue Qualität. Im weiteren Verlauf der Demonstration kam es auch noch zu tätlichen Übergriffen auf Journalisten und eine Fotografin.

Kritik

Diese Vorwürfe Richtung Martin Rutter kommen hauptsächlich von Alexander Ehrlich, der sich seit Monaten rührig im Milieu der Corona-Leugner und Verschwörungserzähler bewegt und als einer der Köpfe der Corona-Proteste in Österreich gilt, der über gute Drähte nach Deutschland verfügt. Er gibt sich als kosmopolitischer Aktivist, der sich in seinen Reden als "prosemitisch" bezeichnete. Zuletzt sorgte er für Schlagzeilen, als er vor der KZ-Gedenkstätte Mauthausen eine Hitlerrede abspielte – um gegen die Regierung zu protestieren.

Rutter hat sich zu den Veröffentlichungen nicht groß geäußert, er betonte lediglich in einem Beitrag auf Telegram, dass er kein "Streithansl" sei. Trotz mehrmaliger Versuche war Rutter für den STANDARD nicht für eine Stellungnahme erreichbar. Mit einer Online-Seite aus dem Umfeld der Corona-Demonstrationen hat er geredet. Er sehe sich "verleumdet und kündigt an, sich noch alles in Ruhe anzusehen und dann anwaltliche Schritte einzuleiten."

Die Veröffentlichung der Dokumente auf Telegram zeigt, wie sehr die Corona-Protestbewegung mit sich selbst beschäftigt ist. Auch dürften die Trennlinien nicht mehr zu kitten sein. Rutter wird von den anderen Aktivisten krummgenommen, dass er sich als Anführer, als Gesicht der Corona-Proteste positionieren wollte. Auf Telegram wird auch öffentlich gemacht, dass Rutter den Sammlern und Sammlerinnen von Spenden 50 Euro zahlen wollte. Hannes Brejcha wird vorgeworfen, Kontakte zu den Neonazi Gottfried Küssel zu unterhalten.

Nächste Demo

Ein Ende der Corona-Demonstrationen ist dennoch nicht in Sicht. Am 26. Juni soll in Wien die nächste über die Bühne gehen. Martin Rutter hat bereits eine "Mega-Demo" für September angekündigt. (Markus Sulzbacher, 11.6.2021)