Diese Umfrage zeigt auch, dass Werner Kogler und sein Team das im März und April festgestellte Umfragetief überwunden haben.

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Die Grünen – eine Partei wie jede andere? Knapp die Hälfte der Wahlberechtigten sieht das so, 38 Prozent sehen sie als deutlich anders, und 15 Prozent können das nicht beurteilen. Nach fast eineinhalb Jahren in der Regierung hat sich für den kleinen Koalitionspartner ein ziemlich entspanntes Stimmungsbild etabliert – und zwar auch unter den eigenen Anhängern: Unter der erklärten Grünen-Wählerschaft gibt es eine 55-Prozent-Mehrheit, die die Grünen für etwas Besonderes hält, im August 2019 (die Grünen kämpften damals um den Wiedereinzug in den Nationalrat) waren noch 64 Prozent der Grünen-Anhängerschaft vom Sonderstatus ihrer Partei überzeugt.

Das geht aus der diese Woche durchgeführten Market-Umfrage (n = 800 Wahlberechtigte) für den STANDARD hervor. Diese Umfrage zeigt auch, dass Werner Kogler und sein Team das im März und April festgestellte Umfragetief überwunden haben.

In der Kanzlerfrage kommt Kogler auf neun Prozent – das sind um vier Prozentpunkte mehr als heuer zu Ostern, allerdings auch sechs Prozentpunkte weniger als beim Höchststand zum Zeitpunkt des grünen Regierungseintritts.

David Pfarrhofer, der Leiter des Market-Instituts: "Die Öffnungen der letzten Wochen haben eine insgesamt günstigere Stimmung in der Bevölkerung und in der Folge auch für die Regierung ergeben – das sieht man in der Hochrechnung, wo sowohl die ÖVP als auch die Grünen momentan um jeweils drei Prozentpunkte besser liegen als noch in der letzten Maiwoche. Konkret würden jetzt 32 Prozent die ÖVP und 13 Prozent die Grünen wählen." Eine Koalition aus SPÖ, Grünen und Neos käme außerdem auf eine Mehrheit von 51 Prozent.

Auffallend sei, dass sich in den Rohdaten zur Sonntagsfrage ein besonders hohes Bekenntnis zu den Grünen zeigt – allerdings ist auch der Anteil jener, die angeblich 2019 die Grünen gewählt haben, deutlich über dem tatsächlichen Wahlergebnis von damals, was Pfarrhofer "Overreporting" nennt: "Wegen der allgemein guten Stimmung behaupten viele, eigentlich schon länger im grünen Lager gewesen zu sein."

Bessere Arbeit der Grünen

Die Grünen liegen damit fast wieder dort, wo sie bei der Wahl 2019 waren, die ÖVP dagegen deutlich unter ihren damals erreichten 37,5 Prozent. DER STANDARD ließ fragen: "Wenn Sie an die Arbeit der Regierungskoalition aus ÖVP und Grünen denken: Welcher Regierungspartner leistet Ihrer Meinung nach die bessere Arbeit?"

Darauf nennen 27 Prozent die Grünen, aber nur 22 Prozent die ÖVP. 32 Prozent sehen beide gleich, 20 Prozent verweigern die Einschätzung. Dies ist eine deutliche Veränderung gegenüber der letzten derartigen Befragung im Februar 2020, vor Beginn der Pandemie: Damals meinten 34 Prozent, dass die ÖVP besser arbeite, nur 16 Prozent trauten das den Grünen zu.

Besonders deutlich ist die positive Einschätzung der grünen Arbeit in der eigenen Wählerschaft, von der 71 Prozent eine bessere Arbeit der Grünen sehen. Überdurchschnittlich hohe Anerkennung kommt darüber hinaus von erklärten Anhängern der SPÖ.

Allerdings gibt es unter den Grünen-Wählern ein knappes Fünftel, das die gesamte Bundesregierung nur mit der Schulnoten vier (15 Prozent) oder gar mit fünf (vier Prozent) benotet.

Die Umfrage zeichnet auch ein klares Profil, wie die Grünen heute gesehen werden:

  • Jetzt – wie schon vor der Nationalratswahl – meinen sechs von zehn Wahlberechtigten, die Grünen sollten sich auf Umwelt- und Klimaschutz konzentrieren. Diese Haltung ist auch unter ihren eigenen Wählern stark verbreitet.
  • Mehr als die Hälfte der Befragten meint, dass ohne die Grünen das Parteienspektrum unvollständig wäre, dass die Grünen besonders sensibel in Menschenrechtsfragen seien und dass sich die Grünen um Interessen der Arbeiter und Angestellten annehmen sollten.
  • Nur 27 Prozent glauben, dass die Regierungsbeteiligung der Grünen die Gesellschaft spaltet – das denken vor allem FPÖ-Wähler.
  • Allerdings stimmt ein Drittel der Befragten der Aussage zu, dass sich die Grünen zu sehr in ihre Lebensführung einmischen wollten – dahinter könnte etwa die Ablehnung grüner Steuerkonzepte stehen.
  • Apropos Konzepte: Dass die Grünen einen klaren Plan für Österreichs Zukunft hätten, glaubt nur jeder Vierte, von den Grünen-Wählern immerhin 57 Prozent.
  • Sechs von zehn Befragten stimmen völlig (27 Prozent) oder überwiegend (35 Prozent) der Aussage zu, dass Werner Kogler gut zur Wählerschaft der Grünen passe. Grünen-Wählerinnen und -Wähler sagen das sogar zu mehr als 80 Prozent. 31 Prozent von ihnen sehen in ihm sogar einen geeigneten Kanzler.
  • Hier bietet sich der Vergleich mit Amtsinhaber Sebastian Kurz an. Market legte unter anderem die Aussage vor: "Werner Kogler kann im direkten Vergleich mit Sebastian Kurz bestehen". Dem stimmten 15 Prozent völlig und 23 Prozent überwiegend zu. Unter den Grün-Wählern ist die Zustimmung mit 38 plus 30 Prozent noch wesentlich höher.
  • Auch im Vergleich zum Spitzenpersonal der anderen Parteien wird Kogler zugetraut, bestehen zu können. Und es wird ihm zumindest von der Hälfte der Befragten zugetraut, dass seine Partei hinter ihm stehe. Diese Werte sind besser als bei der Umfrage im Jahre 2019 – und besonders die erklärte Anhängerschaft der Grünen sieht ein hohes Maß an Geschlossenheit in der Grünen Partei.
  • Zugenommen hat seit 2019 die Einschätzung, dass Kogler die Ängste und Sorgen der österreichischen Bevölkerung versteht. Sehr deutlich wird diese Einschätzung von der eigenen Wählerschaft geteilt..

Eine breite Ablehnung der Person Kogler gibt es vonseiten der FPÖ-Wähler. Das ist laut Pfarrhofer wenig bedeutsam, weil es zwischen FPÖ und Grünen ohnehin nicht viel Wähleraustausch gibt. Eher zu beachten sei, dass die (derzeit) Unentschiedenen in vielen Punkten ähnlich ablehnende Haltungen zeigen wie die Freiheitlichen.

Dies könnte ein Hinweis darauf sein, dass es den Grünen schlecht gelingt, in der Gruppe der Nichtwähler zu punkten und diese bei einer künftigen Wahl dazu zu bewegen, letztlich doch ein Kreuz bei den Grünen zu machen. (Conrad Seidl, 12.6.2021)