In seinem dritten WM-Finale holte Albin Ouschan seinen zweiten Titel.

Foto: TakaWu_MatchroomPool

Mit dem Erfolg hatte der Klagenfurter aufgrund einer frühen Niederlage nicht gerechnet. Er steigerte sich im Verlauf des Turniers, marschierte trotz "brutal schwerer Auslosung" ins Finale, wo er einen Rückstand aufholte.

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Zur Belohnung für seinen Weltmeistertitel erlaubte sich Albin Ouschan gleich ein grobes Foul. Als er am Donnerstagabend den letzten Ball des WM-Turniers von Milton Keynes, England, versenkte, ließ er einen lauten Jubelschrei los. Er warf seinen Queue zu Boden, umarmte Gegner und Schiedsrichter. Und plötzlich sprang er auf den Tisch.

Der Instinkt jagt dem Hobbyspieler in solchen Momenten einen Schreck ein. Im Billardsport dreht sich alles um Präzision. Das Tuch eines Billardtisches gehört gepflegt, es wird regelmäßig gesaugt, noch öfter gebürstet. Beinahe jedes Haar oder Staubkorn kann die Laufbahn der Bälle beeinflussen. Das alles schien Ouschan egal, als er auf der Platte stand und seine Arme in die Höhe streckte. Überrascht von der neuen Perspektive am Ort seines Triumphes blickte er sich um. Es dauerte einen kurzen Moment, nur wenige Sekunden, bis allen klar war: Das Turnier ist vorbei. Also wer, bitte, wenn nicht der Weltmeister, darf dort oben auf dem Tisch auf dem sensiblen Tuch stehen.

Kinderspiel

In der Anfangsphase des Turniers kassierte Ouschan eine Niederlage. Der sogenannte Doppel-K.-o.-Modus gab ihm eine zweite Chance. Er gewann die Hoffnungsrunde und marschierte ins Finale. Dort lag er gegen Omar Al Shaheen aus Kuwait schon 7:9 zurück, er wirkte mental gebrochen, ließ den Kopf hängen. Der Schein trog. Ein Fehler des Gegners brachte ihn an den Tisch, er holte sechs Racks in Serie und siegte mit 13:9.

Er habe zu Beginn nicht mit dem Erfolg gerechnet, sich aber steigern können, sagt Ouschan. Gefeiert wurde mit einem "großen, kalten Bier". Sein zweiter 9-Ball-WM-Titel nach 2016 bringt ihm 50.000 US-Dollar Preisgeld. "Das ist eine sehr angenehme Überraschung", sagt er. Auch angenehm: In der Weltrangliste ist er nun Erster.

Bei der Familie Ouschan heißt es, der Queue wurde den Kindern in die Wiege gelegt. Das ist natürlich Unsinn, so groß sind die Gitterbetten auch in Kärnten nicht. Doch sowohl Albins fünf Jahre ältere Schwester Jasmin, 10-Ball-Weltmeisterin und 24-fache Europameisterin, als auch Albin kamen früh mit dem Poolsport in Verbindung. Ihr Vater war vierfacher Staatsmeister, er betrieb ein Gasthaus in Klagenfurt, das gleichzeitig Trainingsstätte für einen Billardverein war.

Im Teenageralter stand Albin im Schatten seiner erfolgreichen Schwester. Er galt als stursinnig, fast neunmalklug. Für Einzelsportler muss das nicht immer ein Nachteil sein. Doch brauchte es viel Überzeugungsarbeit, ihn auf Fehler aufmerksam zu machen. Die Geburt seiner Tochter 2015 änderte vieles. Der Nachwuchs ließ ihn zu einem lockereren Menschen werden. "Sie ist mein größter Triumph", sagt Ouschan. Er ist ein Familienmensch, heute soll er auch empfänglicher für Rat von außen sein. Fraglich, ob der beste Poolspieler der Welt Ratschläge wirklich braucht.

Heimspiel

Jasmin Ouschan war bei der WM eine von acht Frauen im Starterfeld, sie schied in der Runde der letzten 64 aus. Mario He aus Vorarlberg belegte Platz 17. Der Tiroler Maximilian Lechner war im Viertelfinale ausgeschieden, schaffte damit aber sein bestes WM-Ergebnis. Die beiden Männer bestreiten ebenso wie Albin Ouschan ab kommendem Donnerstag in St. Johann im Pongau den Auftakt der Euro-Tour. Dort saugen sie schon die Tischtücher. Nach dem letzten Ball sind dann auch wieder Fouls erlaubt. (Lukas Zahrer, 11.6.2021)