Michel Platini hat die EM in ihrer aktuellen Form erfunden.

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Auf die Tribüne des Stadio Olimpico zu Rom hätte Michel Platini am Freitagabend nach eigenem Selbstverständnis gehört – zumindest als Präsident des europäischen Fußballverbands Uefa. Er, die Legende des französischen Fußballs, schlicht "le roi" geheißen, der Kapitän der Europameister von 1984, der Meistercup- und Weltpokalsieger mit Juventus Turin (1985), der Organisationschef der formidablen französischen WM 1998, der Vater der Heim-EM 2016 und Vordenker der in mehreren Städten aufzuführenden EM 2020 bzw. 2021.

Dass der in Nordlothringen geborene Sohn italienischer Einwanderer jetzt, zehn Tage vor seinem 66. Geburtstag, die Umsetzung seiner Idee vom familiären Anwesen in Cassis am Mittelmeer aus verfolgen muss, ist bitter. Die erzwungene Frühpension hat aus dem einst als erstaunlich charmant und leutselig beschriebenen Genussmenschen Platini einen verbitterten Grantler an der Seite seiner Ehefrau Christèle gemacht.

Der zweifache Vater hackt mit Vorliebe auf Gianni Infantino herum, auf seinem an der Spitze des Weltfußballs stehenden ehemaligen Protegé.

Verstrickungen

Vom Thron des europäischen Fußballs war Platini schließlich wegen Verstrickungen in mutmaßliche Fifa-Kalamitäten geholt worden. Eine von Fifa-Präsident Joseph Blatter veranlasste Zahlung in Höhe von 1,8 Millionen Euro hatte er nicht hinreichend erklären können. Er wurde wie sein Präsidentenkollege zunächst für acht Jahre für alle Funktionen im Fußball gesperrt. Der Internationale Sportgerichtshof CAS reduzierte die Sperre auf vier Jahre. Sie lief im Oktober 2019 aus.

Erst im Frühjahr war Platini erneut von der Schweizer Bundesanwaltschaft einvernommen worden – vermutlich zum letzten Mal vor einem Prozess oder der Einstellung des Verfahrens. Platini glaubt an seine Rehabilitation und schließt ein Comeback im Fußball nicht aus. "Aber ich muss etwas finden, das als Herausforderung zu mir passt." (Sigi Lützow, 11.6.2021)