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In der Koalition herrscht in der Staatsbürgerschaftsfrage Uneinigkeit.

Foto: AP/Lisa Leutner

Wien – In der von der SPÖ angestoßenen Frage des erleichterten Zugangs zur österreichischen Staatsbürgerschaft zeichnet sich Dissens zwischen den Regierungsspitzen ab. Vizekanzler und Grünen-Chef Werner Kogler hat sich am Samstag im STANDARD klar für derartige Lockerungen ausgesprochen und denkt auch an künftige Verhandlungen mit der ÖVP bei diesem Thema. "Dass Menschen, die seit fünf oder sechs Jahren in Österreich leben, einen Antrag auf eine Staatsbürgerschaft stellen können, halte ich für richtig". Ebenso sei eine Diskussion über die Staatsbürgerschaft für Menschen, die in Österreich geboren wurden, "sinnvoll". Bundeskanzler und ÖVP-Obmann Sebastian Kurz erteilte dem gegenüber der APA eine klare Absage. Scharfe Kritik kam von der FPÖ.

Kurz untermauerte das bereits von Innenminister Karl Nehammer und Integrationsministerin Susanne Raab (beide ÖVP) geäußerte Nein zu derartigen Überlegungen, und sprach in dem Zusammenhang von einer "Entwertung der Staatsbürgerschaft". Es könne nicht sein, "dass die Hunderttausenden, die die letzten Jahre als Flüchtlinge hierhergekommen sind, Staatsbürger werden, egal ob sie sich integrieren oder nicht. Integration muss durch Leistung erfolgen und die Staatsbürgerschaft muss man sich verdienen."

Kurz kritisiert SPÖ für eigenen Vorschlag

Die ablehnende Haltung des Kanzlers zum SPÖ-Vorschlag kommt insofern überraschend, als er selbst defacto genau das gefordert hat. Zib2-Anchor Armin Wolf verwies auf der Nachrichten-Plattform Twitter auf einen Vorschlag des damaligen Integrationsstaatssekretärs Sebastian Kurz, der 2013 folgendes zur Reform des Staatsbürgerschaftsrechtes andachte: "Wer sehr gut integriert ist, bekommt die Staatsbürgerschaft in Zukunft nach sechs Jahren." Also im Grunde das, was er nun der SPÖ vorhält.

Tweet von Armin Wolf zum Vorschlag von Kurz im Jahr 2013.

Konkret wollte der damalige Integrationsstaatssekretär Kurz, dass die Staatsbürgerschaft schon nach sechs Jahren erhalten können soll, "wer sechs Jahre regelmäßig einer Arbeit nachgeht, Steuern und Abgaben zahlt, keine Sozialhilfeleistungen in Anspruch genommen hat und über Deutschkenntnis auf Maturaniveau als erste lebende Fremdsprache (B2-Level) verfügt. Bei geringeren Deutschkenntnissen (Mittelschulniveau erste lebende Fremdsprache, B1-Level) ist ein dreijähriges, ehrenamtliches Engagement bei einer gemeinnützigen Organisation (Feuerwehr, Rotes Kreuz, Samariter etc.) oder beruflich im Bildungs-, Sozial- und Gesundheitsbereich oder ehrenamtlich in einem nicht gesetzlichen Interessenverband (Elternvertretung, Betriebsrat) vorzuweisen".

Kickl strikt gegen Lockerungen

Wenig überraschend äußerte sich der designierte FPÖ-Obmann Herbert Kickl: "SPÖ und Grüne sind jetzt endgültig die Österreich-Abschaffer-Parteien geworden. Wer Migranten nach sechs Jahren und ausländischen Kindern ab der Geburt automatisch die österreichische Staatsbürgerschaft schenken will, begeht Verrat an der österreichischen Bevölkerung", sagte er in einer Aussendung. Für die nächste Nationalratssitzung kündigte Kickl einen FPÖ-Antrag an, in dem den Plänen eine "klare Absage" erteilt wird. "Dieser Antrag wird zur Nagelprobe für die ÖVP", so Kickl.

SPÖ: Rechtsanspruch nach sechs Jahren

Aufgebracht hatte die Debatte die Sozialdemokratie am vergangenen Mittwoch: Laut dem SPÖ-Vorschlag soll es einen Rechtsanspruch auf die Staatsbürgerschaft nach sechs Jahren rechtmäßigem Aufenthalt geben – sofern alle weiteren Kriterien erfüllt sind. Bei kurzfristigen Unterbrechungen des Aufenthalts – bis hin zu einem Auslandssemester – soll diese Zeit nachgeholt werden können und nicht dazu führen, dass die Frist von neuem zu laufen beginnt.

Wenn ein positiver Asylbescheid erfolgt, ist der Zeitraum anzurechnen. Bei negativer Entscheidung des Asylverfahrens hingegen soll es keine Möglichkeit zur Beantragung einer Staatsbürgerschaft geben, auch wenn sechs Jahre vergangen sind. In Österreich geborene Kinder sollen automatisch die Staatsbürgerschaft bekommen, sofern zumindest ein Elternteil fünf Jahre legal im Bundesgebiet aufhältig ist. (APA, red, 12.6.2021)