Bild nicht mehr verfügbar.

Patrik Schick bejubelt sein erstes Tor. Auch er konnte nicht ahnen, was noch folgen würde.

Foto: AP Photo/Andy Buchanan, Pool

Glasgow – Der bundesdeutsche Fußballdiskurs spuckt bisweilen Worte aus, die für österreichische Ohren unpassend klingen. Technokratische Silbenfolgen, die der Romantik des Ballesterns nicht genüge tun. Statt dem Dribblanski kennt der Lieblingsnachbar den Raumdeuter (Thomas Müller), während auf unseren Sportplätzen Edelzangler wirbeln, bejubelt der Deutsche im Stadionrund Hackentricks.

Ein solches Wort, von jenseits der Grenze ist auch der Unterschiedsspieler. Eben der Kicker, der in den wichtigen Partien das Alzerl mehr liefert. Seit Montagnachmittag ist auch die tschechische Übersetzung bekannt: Patrik Schick. Der Stürmer schoss beim 2:0 gegen Schottland beide Tore, sein zweites Goal dürfte das schönste des Turniers bleiben.

Schottland startet gut

Die Partie war so etwas wie ein Referendum über die Frage des Heimvorteils in einem viertelvollen Stadion. Vor 12.750 Leuten im Glasgower Hampden Park starteten die Schotten auf dem Grün so selbstbewusst und motiviert wie ihre Anhänger, deren Fangesänge es sogar in den TV-Ton schafften. Ein kapitaler Fehlpass von Tomáš Kalas legte die erste Chance auf, der tschechische Verteidiger blockte John McGinns Schuss aber selbst.

Nach einer Viertelstunde kam auch Tschechien ins Spiel, Leverkusen-Profi Schick testete Schottlands Rückhalt David Marshall mit einem Flachschuss. Die andere Seite, Minute 18: Liverpool-Dauerläufer Andy Robertson marschiert auf links durch und gibt brennheiß herein, Lyndon Dykes schießt drüber.

Unschönes und Wunderschönes

Man kämpfte um jeden Zentimeter, man zwei-kämpfte gnadenlos, man stieg auf Füße, man litt. Sehenswerte Kombinationen gab es nur in Ansätzen, weil meist früher, manchmal später, ein unpräziser Pass oder ein holpriges Dribbling den Schwung abstach.

Nach einer halben Stunde drängten die Schotten, Tomáš Vaclík glänzte bei einem Robertson-Schuss. Dann: Zweikämpfe. Minute 42: Vladimír Coufal flankt, Schick köpfelt ins lange Eck, 1:0. Schottland hätte sich ein Unentschieden zur Pause verdient gehabt, danach fragt aber keiner.

Bild nicht mehr verfügbar.

Schick hat brilliert, Marshall kommt zu spät.
Foto: AP Photo/Andy Buchanan, Pool

Halbzeit zwei begann fußballfestlich. Marshall parierte Schicks Kopfball (46.), Jack Hendry traf die Latte (48.), Goalie Vaclík wurde beinahe von einem Teamkollegen überlupft und rettete in extremis (49.).Und dann: der Unterschied. Grant Hanleys Weitschuss wurde geblockt und rollte zur Mittellinie in den Lauf von Schick. Der schaute kurz auf, sah den indisponierten Marshall Richtung Tor eilen, nahm wieder den Ball ins Visier, küsste ihn mit seinem linken Goldfuß, schaute der Kugel nach, wie sie sich gefolgt vom verzweifelten Torhüter perfekt ins Kreuzeck senkte. Gut 50 Meter, gezündet aus vollem Lauf, ein Gedicht.

Schick hätte sogar noch sein drittes Goal machen können, fast müssen, tat sich aus zwölf Metern aber schwerer als von der Mittellinie. Auch Schottland hatte Chancen – aber weder einen Unterschiedsspieler noch einen Knipser. (Martin Schauhuber, 14.6.2021)

Fußball-EM – Gruppe D, 1. Runde:

Schottland – Tschechien 0:2 (0:1)
Glasgow, Hampden Park, 12.000 Zuschauer, SR Siebert/GER

Tore:
0:1 (42.) Schick
0:2 (52.) Schick

Schottland: Marshall – Hendry (67. McGregor), Hanley, Cooper – O'Donnell (79. Forrest), McGinn, McTominay, Armstrong (67. Fraser), Robertson – Dykes (79. Nisbet), Christie (46. Adams)

Tschechien: Vaclik – Coufal, Celustka, Kalas, Boril – Kral (67. Holes), Soucek – Masopust (72. Vydra), Darida (87. Sevcik), Jankto (72. Hlozek) – Schick (87. Krmencik)

Gelbe Karten: keine