Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) und Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP).

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Die Überschrift war etwas sperrig gewählt. Unter dem Titel "Adaptierung der Wirtschaftshilfen" haben am Dienstag Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) und Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP) zu einer Pressekonferenz geladen. Die Botschaft der beiden war recht simpel: Die türkis-grüne Regierung wird die millionenschweren Staatshilfen für Unternehmen verlängern und sie nicht wie bisher geplant mit Ende Juni auslaufen lassen. Fix war ja bereits, dass die Kurzarbeit noch einmal in eine neue Phase gehen wird und in einer sehr generösen Variante jedenfalls bis Ende des Jahres weiterläuft. Nun gibt es auch eine Verlängerung in weiteren Bereichen.

  • Der Ausfallsbonus wird bis inklusive September beantragt werden können. Ziel des Bonus ist, Unternehmen Umsatzausfälle schnell und pauschal zu ersetzen. Das bleibt wie bisher. Allerdings werden die Zugangskriterien verändert, mitunter verschärft, mitunter gelockert. Bisher galt, dass Unternehmen den Bonus erhalten haben, sofern sie im Vergleich zur Zeit vor der Pandemie einen 40-prozentigen Umsatzausfall nachweisen können. Nun muss der Umsatz um 50 Prozent zurückgegangen sein. Hier werden die Kriterien etwas strenger. Der Bonus konnte bisher in Höhe von 30.000 Euro beantragt werden, nun wird der Deckel auf 80.000 Euro pro Monat erhöht. Bisher wurden pauschal 30 Prozent des Umsatzausfalls aus der Zeit vor der Pandemie ersetzt, nun kommt eine Staffelung – der Ersatz variiert je nach Branche zwischen zehn und 40 Prozent. Zehn Prozent sind es für den Kfz-Handel und Reisebüros. 20 Prozent für die Werbebranche, 30 Prozent für Messeveranstalter und 40 Prozent für Gastronomie und Hotellerie.
  • Gleich um ein halbes Jahr in Verlängerung geht der Verlustersatz. Dieses Instrument soll vor allem großen Unternehmen Verluste abnehmen. Dabei wird unterschieden, wie groß das Unternehmen ist, bei größeren Unternehmen werden 70 Prozent der Verluste ersetzt. Hier ist der maximale Rahmen pro Unternehmen mit zehn Millionen Euro sehr generös. Auch hier muss ein 50-prozentiger Umsatzersatz vorliegen, bisher waren 30 Prozent ausreichend.
  • Verlängert wird bis September schließlich auch der Härtefallfonds, der sich an Selbstständige richtet, hier werden künftig mindestens 600 Euro (statt 1.100 Euro) im Monat ausbezahlt. Über den dreimonatigen Zeitraum sollen es maximal 2.000 Euro sein. Dazu kommen noch einige kleinere Punkte: Auch ein Zuschuss für Künstler wird bis September ausbezahlt.

Auf den letzten Metern

Laut Finanzminister Blümel dürfte die Verlängerung der Hilfen noch einmal 500 bis 600 Millionen Euro kosten. Argumentiert wird in der Regierung damit, dass noch nicht in allen Branchen die Normalität zurückgekehrt sei, klassisches Beispiel ist etwa die Nachtgastronomie, die noch nicht geöffnet hat. "Wir haben dafür gesorgt, dass alle Bereiche eine Chance haben – und jetzt zum Schluss auszulassen ist nicht das Ziel", begründete etwa Vizekanzler Kogler, dass der Staat wieder in die Tasche greift.

Neu ist, dass beim Ausfallsbonus die Kurzarbeits-Beihilfen und der Bonus den Umsatz aus der Zeit vor der Pandemie nicht übersteigen dürfen. Bisher war diese Art der Überförderung nicht ausgeschlossen.

Im Finanzministerium wurde auch argumentiert, dass die Hilfen nun zielgerichteter seien und keine falschen Anreize setzten, die das Wachstum bremsen könnten. Darum sei ein Umsatzausfall von 50 und nicht mehr nur 40 Prozent notwendig.

Ein Gegenargument lautet freilich, dass durch die generösen Hilfen Betrieben das unternehmerische Risiko zu einem guten Teil abgenommen wird. Wenn Unternehmen weniger Umsatz machen, dann gibt es ja keinen naturgegebenen Grund, das auf den Staat überzuwälzen. Die Rechnung muss ja am Ende des Tages auch jemand bezahlen.

Und: Auch die Zahl der Arbeitslosen ist bis heute deutlich höher als vor der Krise, diese Menschen bekommen aber aktuell mit einer kleinen Ausnahme für Notstandshilfebezieher nicht mehr Geld, obwohl sie sogar Versicherungsprämien gezahlt haben im Gegensatz zu den Unternehmern.

Der Markt reinigt sich nicht

Wie bewerten Experten die neuen Maßnahmen? Paul Pichler, Ökonom an der Universität Wien, sagt: "Die Verlängerung des Härtefallfonds ist jedenfalls sinnvoll." Dieser sei ein Pendant zur Kurzarbeit bei den Soloselbstständigen und sollte dementsprechend gleich lange laufen wie die Corona-Kurzarbeit.

Beim Ausfallbonus und beim Verlustersatz seien die Hilfen für gewisse Branchen wohl auch noch notwendig, sonderlich großzügig seien die Zahlungen nicht mehr. Aber: Die Gelder gehen nur an Unternehmen mit sehr hohem Umsatzausfall, also an Betriebe, "die sich in der Krise nicht umorientieren wollten oder konnten", sagt Pichler. "Belohnt werden damit Unternehmen, denen es sehr schlecht geht. Dadurch werden auch die Selbstreinigungskräfte des Marktes behindert."(András Szigetvari, 15.6.2021)