Zwei eigenständige Zeitungen sieht hier die Mediengruppe Österreich, die Medienbehörde KommAustria indes für die Vergabe der regulären Presseförderung zuviele Gemeinsamkeiten.

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Helmuth Fellner, der wirtschaftliche Kopf der Fellner-Medien, ließ sich am Dienstag am Wiener Landesgericht für Zivilrechtssachen entschuldigen. Es wird also im Oktober weiterverhandelt, ob die Medienbehörde KommAustria der Zeitung "Österreich" zu Unrecht keine Presseförderung auszahlt. Darauf klagte die Mediengruppe Österreich (MGÖ) die Republik – und in einem Parallelverfahren auch Mitglieder des Beirats für die Presseförderung persönlich.

Zwei Stunden Zekert

Über zwei Stunden erklärt MGÖ-Geschäftsführer Wolfgang Zekert am Dienstag am Landesgericht für Zivilrechtssachen Richterin Maria Elisabeth Schrey, warum "Österreich" Presseförderung zustehe. Presseförderung ist Kaufzeitungen vorbehalten, und "Österreich" ist die Kaufzeitungsmarke der MGÖ. Seit Mitte 2018 nennt die Fellner-Mediengruppe die Gratisvariante ihrer Tageszeitung "Oe24", wie das Onlineportal und den Fernsehkanal der Gruppe. Davor hießen beide Varianten "Österreich", diesen Zeitungsnamen trug auch die Gratisvariante noch weit in den Herbst 2019 als Untertitel im Logo. Die Entnahmeboxen für die Gratiszeitung zeigen auch heute noch beide Zeitungslogos.

Die Medienbehörde KommAustria sieht die beiden Zeitungen nicht als eigenständige Titel – "Oe24" übernehme den größten Teil seiner Inhalte, habe nur ein halbes Dutzend Mitarbeiter, und wiederum nur ein Teil von ihnen sei journalistisch tätig. In der Gesamtauflage der beiden Titel überwiege der Gratisanteil um ein Vielfaches die Kaufauflage – und das ist ein Ausschlusskriterium für die Presseförderung.

Digitalförderung auf dem Weg

Wirtschaftlichen Trost verspricht – neben öffentlichen Werbebuchungen – die für 2021 vorbereitete Digitaltransformationsförderung des Bundes. Derzeit läuft die Vergabe der Presseförderung für 2021, nach STANDARD-Informationen hat die Mediengruppe Österreich sie neuerlich beantragt und rechnet offenbar mit einer Entscheidung in der bisherigen Praxis, das wäre also eine Ablehnung, wie sie sie im laufenden Verfahren gegen die Republik bekämpft.

Nächste Verhandlung im Oktober mit Fellner, Behörde

Im Oktober werden neben Helmuth Fellner auch das für die Presseförderung zuständige Mitglied der KommAustria, Martina Hohensinn, und eine langjährige Expertin der Behörde für Presseförderung geladen. Das Verfahren dürfte also länger dauern als die aktuelle Vergabe 2021. Und es geht nun länger als das Verfahren gegen Mitglieder des beratenden Presseförderungsbeitrats – erste Verhandlungstermine waren für September geplant.

Bisher verwies die Mediengruppe Österreich auf zwei unterschiedliche Firmen innerhalb der Gruppe, die "Österreich" beziehungsweise "Oe24" redaktionell produzierten. Am Dienstag ergänzen das die MGÖ-Anwälte Michael Breitenfeld und Michael Kröswang um die Argumentation, die Medienbehörde sehe die beiden Zeitungen falsch als "publizistische Einheit" . Der Begriff sei "dem österreichischen Presserecht fremd" und werde in Deutschland gebraucht, wenn eine Zeitung einen – etwa überregionalen – Teil von der Zeitung eines anderen Verlags übernehme. "Österreich" und "Oe24" seien aber Produkte "ein und desselben Verlegers". Die Finanzprokuratur als Anwalt der Republik, vertreten durch Gerald Thiel, hielt dagegen, die KommAustria definiere publizistische Einheit anders.

Hat die Fellner-Gruppe der Gratiszeitung einen eigenen Titel gegeben, um mit der Kaufzeitung Presseförderung zu bekommen, will Richterin Schrey wissen – im Verfahren gegen die Republik will die MGÖ ja rund eine Million Euro geltend machen.

"Wir wollen ja nicht bei Ihnen in der Zeitung stehen"

"Das ist lieb, aber lächerlich", sagt Geschäftsführer Zekert: Die Summe, die man bei der Presseförderung bekäme, entspreche 20 oder 25 Prozent eines normalen Monats-Anzeigenumsatzes. In der Manier – "lieb, aber lächerlich" – würde Richterin Schrey sich nicht zu formulieren getrauen, scherzt sie: "Wir wollen ja nicht bei Ihnen in der Zeitung stehen." Zekert: "Ich glaub Ihnen das sogar."

Später liefert Richterin Schrey in ihrer Zusammenfassung fürs Protokoll beinahe eine potenzielle "Österreich"-Schlagzeile: 300-mal teurer sei der Vertrieb der Kaufzeitung als jener des Gratisblatts, diktiert sie, Zekert unterbricht ebenso scherzend: "Das könnte ein 'Österreich'-Titelblatt sein, stimmt aber nicht so ganz." Er meinte: Kaufzeitungen würden im Abo einzeln zugestellt, eine Entnahmebox aber gleich mit 300 Gratisblättern bestückt.

Zekert betont in den zwei Stunden vor Gericht die Unterschiede zwischen beiden Titeln in allerlei Kategorien von Vertrieb bis Inhalt, wirtschaftlich führen die Wege dann zusammen: Die Mediengruppe Österreich GmbH sei Herausgeber, Medieninhaber und wirtschaftlicher Eigentümer der Produkte, die sie verlegt, neben "Österreich" und "Oe24" auch Magazine/Magazinbeilagen und 40 bis 50 Bücher pro Jahr (etwa Weihnachtsbackrezepte oder Reiseführer).

All diese Produkte seien anzeigenfinanziert, die Mediengruppe Österreich GmbH vermarkte die Anzeigen dort, später verweist Zekert noch auf Vertriebserlöse der Kaufprodukte. Das Verhältnis von Anzeigen- und Vertriebseinnahmen schätzt Zekert auf neun zu eins. Mit der Mediengruppe Österreich GmbH verrechneten auch die Druckerei- und Logistikfirmen der Gruppe (und externe Zusteller wie die Post) sowie die Redaktionsgesellschaften ihre Kosten.

"Bad Guy"

Schließlich geht es auch noch um das "Nichtverhältnis" (Zekert) der MGÖ zum Zeitungsverband VÖZ, der "Österreich" in den 2000er-Jahren nicht aufnehmen wollte, weil er nur Kaufzeitungen vertrete. "Wir sind der Bad Guy, der den Markt betreten hat", erklärt er die Ablehnung; der Bad Guy, der anderen "Anzeigen und Leser weggenommen" habe. Und Zekert verweist darauf, dass der VÖZ in den Beirat zur Presseförderung zwei von sechs Mitgliedern entsendet. "Diese Mitglieder können nicht für eine Förderung von 'Österreich' stimmen. Dann nehmen sie ihren eigenen Mitgliedern das Geld weg", sagt er. "Ich prüfe die Voraussetzungen eh selbst", erklärt ihm daraufhin Richterin Schrey: "Ich verstehe Ihre Bedenken." Und sie sei "in der Lage, die zu overrulen".

Die Mitglieder des Beirats können nicht rulen, sie beraten die Medienbehörde, die über die Vergabe entscheidet. Die Mediengruppe Österreich hat sie dennoch persönlich geklagt – mit anderer Anwaltskanzlei (Böhmdorfer Schender), in einem anderen Verfahren.

Medienbehörde: Verfahren 2021 läuft

Ein Sprecher der KommAustria erklärte am Dienstag auf STANDARD-Anfrage, die Entscheidungen über die Vergabe der Presseförderung seien derzeit in Arbeit. Hat "Österreich" neuerlich beantragt? "Über Antragsteller geben wir keine Auskunft." Die Förderentscheidungen würden nach Entscheidungsfindung veröffentlicht, hieß es. (fid, 15.6.2021)