Es grünt auf dem öffentlichen WC: Das Unisex-Urinal LooPi (bisher ein Prototyp) nährt eine Pflanzenwand.
Foto: Alchemia-Nova GmbH

Die Bedeutung von Toiletten wird oft erst dann bewusst, wenn gerade keine in der Nähe ist. In anderen Erdteilen ist das der Normalfall. Den Vereinten Nationen zufolge verrichten 673 Millionen Menschen ihre Notdurft im Freien ohne sanitäre Anlagen. Das hat fatale Folgen: Laut der Weltgesundheitsorganisation WHO führen solche schlechten hygienischen Verhältnisse jedes Jahr zu mehr als 800.000 Todesfällen durch Diarrhoe.

Aber auch wenn Toiletten ein zivilisatorischer Segen sind, verursachen sie einen enormen Wasserverbrauch: Laut der Österreichischen Vereinigung für das Gas- und Wasserfach werden hierzulande täglich pro Person circa 40 Liter für die Spülung genutzt. Daher wird vermehrt darüber nachgedacht, wie sich die Nutzung des Klosetts nachhaltiger gestalten lässt.

So tüftelt das auf Kreislaufwirtschaft spezialisierte Unternehmen Alchemia-Nova in Kooperation mit dem Institut für Bodenforschung und dem Institut für Siedlungswasserbau der Universität für Bodenkultur (Boku) in Wien derzeit an einem ökologischen Unisex-Urinal für den öffentlichen Raum. Gefördert wird das unlängst mit einem Green Concept Award prämierte Projekt im Programm Stadt der Zukunft von der Förderagentur FFG und dem Klimaschutzministerium.

Phosphor-Ressource

Wie das Urinal namens LooPi funktioniert? Nach dem Wasserlassen wird der Harnstoff über eine bepflanzte Grünwand auf der Außenseite der Kabine abgeleitet — worauf sich die Pflanzen das nehmen, was sie vom Urin gut gebrauchen können: "Zum Beispiel ist Phosphor eine Ressource, die für die Pflanzenproduktion wichtig ist, die aber endlich ist und aus Primärlagerstätten abgebaut wird. Phosphor ist in Urin enthalten und kann mithilfe von LooPi aus Urin rückgewonnen werden", sagt Projektleiterin Theresa Heitzlhofer.

Die Pflanzen sind aber nicht in der Lage, Urin vollständig aufzubereiten: Insbesondere mit dem hohen Salzanteil, der sich durch die gewohnte menschliche Ernährung ergibt, können sie nichts anfangen.

Daher kommt, nachdem die Flüssigkeit durch die Pflanzentröge gelaufen ist, in einem nächsten Schritt Biokohle zum Einsatz, an der sich weitere überschüssige Stoffe binden. Der gefilterte Rest wird dann als hygienisch unbedenkliches Spülwasser in die Anlage zurückgeführt. So funktioniert LooPi im Prinzip als seine eigene Kläranlage.

Mit diesem Konzept erhofft man sich, nicht nur den Wasserverbrauch zu reduzieren, sondern auch die Nutzung öffentlicher Toiletten attraktiver zu machen. "Unsere Gespräche mit Betreibern haben ergeben, dass öffentliche Toiletten oft nur als Sichtschutz benutzt werden." Das Geschäft wird also häufig gar nicht in der Kabine, sondern dahinter gemacht.

Um LooPi attraktiver zu gestalten, hat man sich das Wiener Design-Studio Eoos ins Boot geholt, das bereits für die Bill and Melinda Gates Foundation eine nachhaltige Toilette entworfen hat: Die Stiftung setzt sich dafür ein, die sanitäre Situation in Entwicklungsländern zu verbessern.

Mindesttemperatur

LooPi dagegen wird vorerst in Wien getestet. Grundsätzlich soll sich das System aber an vielen verschiedenen Orten einsetzen lassen — dort am besten mit einer an regionale Gegebenheiten angepassten Pflanzenauswahl. Voraussetzung ist dafür aber eine gewisse Mindesttemperatur: "Wo es monatelang Minusgrade gibt, ist der Einsatz nicht geeignet: Wenn die pflanzliche Aktivität auf null heruntergeht, arbeitet das System nicht mehr."

Sofern es einen milden Wiener Winter gibt, hofft Heitzlhofer daher, LooPi das ganze Jahr betreiben zu können. Derzeit ist man noch auf der Suche nach einem geeigneten Standort, wo die Kabine aufgestellt werden kann. Dafür braucht es nämlich vor allem Platz: Ein einzelnes Urinal ist einem ganzen Standardcontainer untergebracht. Aber auch daran wolle man in nächster Zeit noch feilen: "Wir wünschen uns, das noch kompakter zu gestalten."

Die Trockentoilette öKlo erzeugt Kompost.
Foto: öklo

Eine solche etwas kompaktere Lösung bietet öKlo bereits: Das Start-up aus Wolkersdorf vermietet eigens konstruierte Kompost- und Trockentoiletten: In diesen stationären Toiletten ohne Wasseranschluss kommen Sägespäne zum Einsatz, um die Exkremente zu binden und den unangenehmen Geruch zu neutralisieren.

Die Idee dazu bekam Geschäftsführer Niko Bogianzidis als Veranstalter eines nachhaltig orientierten Musikfestivals: "Die grauslichen Plastiktoiletten waren jedes Jahr ein Thema."

Abgesehen vom Gestank entsteht in solchen Toiletten nämlich auch giftiger und somit ökologisch problematischer Klärschlamm. "Deshalb haben wir uns international angeschaut, welche Alternativen es gibt." Man wurde fündig: Komposttoiletten sind in Frankreich oder Skandinavien längst üblich.

Komposthäusl

Ursprünglich wollte man die niederösterreichische Variante vor allem auf Events anbieten, da es zuletzt pandemiebedingt aber an Veranstaltungen mangelte, konzentriert sich Bogianzidis’ Team aktuell auf Gemeinden und Baustellen. Neben der Installation der Komposthäusl kümmert man sich auch um die fachgerechte Entsorgung. Der Einsatz als Dünger ist derzeit aber noch nicht möglich: In Österreich ist es nicht erlaubt, Fäkalien von Menschen gewerblich zu kompostieren.

Es könnte aber sein, dass sich das vielleicht bald ändert. Das Institut für Abfallwirtschaft der Boku kam in einer Untersuchung im Vorjahr zu dem Schluss, dass der Einsatz von öKlos Endprodukt als Dünger unbedenklich sei, weil Krankheitserreger und Medikamentenreste während des Kompostprozesses weitgehend abgebaut werden. Daher hofft man in Wolkersdorf auf eine Änderung der entsprechenden Verordnungen – um bald der Landwirtschaft unter die Arme greifen zu können. (Johannes Lau, 19.6.2021)