Im März 2019 stellten Bundeskanzler Sebastian Kurz und das Ministerium für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort, damals noch in türkis-blauer Koalition, die App "Digitales Amt" vor. Das Smartphone-Programm sollte es ermöglichen, unkompliziert und elektronisch verschiedene Amtswege zu beschreiten – von der Anforderung einer Meldebestätigung bis zum Unterschreiben von Volksbegehren.

2021 ist das praktische Erlebnis von überschaubar guter Qualität. Das Problem der App ist, dass sie auf den ersten Blick zwar viel zu bieten scheint, aber selbst zwei Jahre nach Release erstaunlich wenig kann. Weswegen sie in den App-Stores von Google und Apple freundlich gesagt nicht gerade Top-Bewertungen einfährt.

Der damalige und heutige Bundeskanzler Sebastian Kurz und die damalige und heutige Digitalministerin Margarete Schramböck bei der Vorstellung der App.
Foto: APA/Pfarrhofer

Unsterblicher Tour-Banner

Wer es einmal geschafft hat, sie in Betrieb zu nehmen – das war zumindest kurz nach der Einführung kein besonders benutzerfreundlicher oder technisch einwandfreier Vorgang –, findet sich in einem Hauptmenü mit riesigem Titelbanner, das auf eine kurze "Tour" durch die App-Funktionen einlädt, aber selbst nach Absolvierung selbiger nicht verschwindet.

Darunter sind scheinbar zufällig drei der "digitalen Amtsservices" und vier Kategorien von "Lebenslagen" (Erben und Vererben, Führerschein, Geburt und Kfz) zum Auffinden "nützlicher Informationen" aufgelistet. Abgeschlossen wird der Menübereich von einer Leiste mit Nachrichten in eigener Sache.

Circa das obere Drittel des Hauptmenüs besteht aus einem Hinweis auf die Einführungstour, der partout nicht wegzukriegen ist.
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Nur fünf Dienste direkt verwendbar

Aber gut, an ein suboptimales Menü kann man sich ja gewöhnen. An suboptimale Funktionalität allerdings nicht. Exakt fünf Dinge lassen sich in der App selbst erledigen: Abmeldung/Anmeldung eines neuen Hauptwohnsitzes, die Beantragung von Dokumenten für Neugeborene, die Speicherung eines Reisepass-Fotos, die Beantragung von Wahlkarten und das Signieren von PDFs.

Das funktioniert auch alles – ausprobiert wurde alles abseits des "Babypoint" – ganz passabel. Darüber hinaus ist die App allerdings nicht mehr als ein Ersatz für die klassische Handysignatur und ein Verzeichnis zum Auffinden diverser anderer digitaler Bürgerservices. Und da beginnt das Problem.

Fingerfreundlich: Die Plattform für Volksbegehren.
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Meldezettel-Abruf als Retro-Erlebnis

Die Oberfläche wird nicht von der App selbst geladen, sondern stattdessen der Browser geöffnet. Dementsprechend ist eine erneute Verifizierung notwendig, obwohl man bereits in der "Digitales Amt"-App eingeloggt ist. Die Gestaltung dieser unterschiedlichen Dienste variiert zudem dramatisch. Manche bieten eine relativ gut gestaltete, touchfreundliche Oberfläche. Die Plattform für Volksbegehren wäre etwa so ein Fall. In schlichtem Design werden alle aktuellen Volksbegehren aufgelistet, per Klick lassen sich Detailinformationen zu den Anliegen anzeigen oder Unterstützung bekunden.

Andere hingegen sehen so aus, als wären sie das letzte Mal in den frühen 2000ern aktualisiert worden, und sind sehr mühsam mit dem Finger zu bedienen. Etwa die Anforderung einer Meldebestätigung, die man immerhin etwa beim Abschluss eines Arbeitsverhältnisses, beim Einschreiben in eine Schule oder Universität und bei diversen anderen Anlässen benötigt.

Retro-Optik und Bedienbarkeit im Stile der frühen 2000er-Jahre bietet hingegen das Zentrale Melderegister.
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Bitte ausbauen!

Der sogenannte grüne Pass bildet da eine noch unrühmlichere Ausnahme. Die abrufbaren Zertifikate für Getestete, Genesene und – künftig auch – Geimpfte werden über gesundheit.gv.at abgerufen. Ein Hinweis auf diese Möglichkeit fehlt im "Digitalen Amt" allerdings komplett. Ironischerweise bestätigt man damit aber den Login mittels Handysignatur, wenn man sich dort einloggt.

Man möge diese Beschwerden nicht falsch verstehen: Die App ist ein wichtiger Schritt in Richtung E-Government, und die Dienste, die sie direkt bietet, sind gut umgesetzt. Es wird aber dringend Zeit, dass auch möglichst viele der anderen Services direkt über die App zugänglich werden, statt den User auf teils per Handy kaum bedienbare Portale weiterzuleiten. Und am besten fängt man gleich mit dem grünen Pass an. (Georg Pichler, 16.6.2021)