Balduin II., König von Jerusalem, überließ dem Templerorden im Jahre 1119 die Gebäude seines ehemaligen Palastes auf dem Tempelberg.

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Rund um den Templerorden ranken sich nicht nur viele Mythen, es schwelt auch seit dem Mittelalter ein kirchenrechtlicher Disput . Salzburger Forscher haben im Jahr 2020 einen wichtigen Schritt zur Identifikation des Grabes des im 12. Jahrhundert verstorbenen Templer-Großmeisters Arnau de Torroja gemacht. Am Donnerstagabend starteten sie ein weitverzweigtes Forschungsnetzwerk, das die Geschichte mit neuen Methoden und Zugang zu vatikanischen Gemeinarchiven neu aufrollen will.

Hinter dem Projekt stehen der auf alte DNA spezialisierte Bioarchäologe Jan Cemper-Kiesslich vom Fachbereich Gerichtsmedizin und Forensische Neuropsychiatrie der Universität Salzburg und der ebenfalls an der Uni Salzburg tätige Rechtshistoriker Daniele Mattiangeli. Für das Forschungsnetzwerk haben die Stadt und das Land Salzburg, die Erzdiözese Salzburg sowie der Heilige Stuhl, vertreten durch das Päpstliche Komitee für Geschichtswissenschaft, das Patronat übernommen.

Zugang zu apostolischen Bibliotheken

Dass hier päpstliche Institutionen mit an Bord sind, sei bei einem derartigen Vorhaben ein Novum, sagte Mattiangeli, der auch den uneingeschränkten Zugang zu der apostolischen Bibliotheken hervorhob: "Das ist auch die Besonderheit von diesem Netzwerk. Es gibt natürlich sehr viele Forschungsgruppen über die Templer, aber keine ist offiziell." Die Wissenschafter hoffen auch auf eine größere Finanzierung ihrer Vorhaben etwa seitens der Vatikanbank.

Ausgangspunkt der Arbeit der nunmehr unter dem Namen "Salzburg International Templar Studies Network" arbeitenden, bisher von kleineren Stiftungen geförderten Gruppe mit insgesamt 26 Partnern aus dem In- und Ausland war ein Steinsarkophag. Dieser war mit Zeichen versehen, die stark auf einen dort begrabenen wichtigen Tempelritter schließen ließen. Aufgetaucht ist der Fund bei der Renovierung der Kirche von San Fermo in Verona.

Hinweise auf einen Templer-Großmeisters

Mattiangeli und Cemper-Kiesslich beteiligten sich daraufhin ab Herbst 2019 an den Analysen, im Zuge derer das Sterbejahr des Bestatteten auf einen Zeitraum zwischen 1166 und 1259 eingegrenzt werden konnte. In dem Zeitfenster liegt auch der überlieferte Tod des einstigen Templer-Großmeisters Arnau de Torroja (1184). Der nun in Verona entdecke Verstorbene war überdies Rechtshänder und zum Todeszeitpunkt zwischen 50 und 70 Jahre alt. All das passe sehr gut zu allem, was man heute über die historische Figur des einflussreichen Templers weiß.

Um diese Hinweise abzusichern, bedarf es weiterer Erbgutanalysen von Verwandten des fraglichen Mannes. Man weiß, dass mögliche Mitglieder der Familie Torroja in einigen katalanischen Städten und in ehemaligen Templerburgen bestattet wurden. Dorthin wird den "molekularen Archäologen" Cemper-Kiesslich auch die nächste Reise führen, um Erbgutspuren etwaiger Verwandter aufzuspüren.

Fänden sich hier Erbgut-Parallelen, die wiederum auch mit historischen Überlieferungen zum Stammbaum der Familie Arnau de Torrojas zusammenpassen, ergebe sich ein guter Beleg für die Herkunft der Überreste. Gerade durch den umfassenden Netzwerk-Ansatz zwischen Natur-, archäologischen- und Geschichtswissenschaften ließen sich fachübergreifend "ganz bestimmte Fragen sehr gut eingrenzen". Dieser Forschungsverbund könne international durchaus "beispielgebend sein", glaubt Cemper-Kiesslich.

Warum der Orden de facto aufgelöst wurde

Neben den spannenden bioarchäologischen Fragen gilt es auch eine schier ewige rechtshistorische Grundfragestellung zu klären: Anfang des 14. Jahrhunderts waren es vermutlich die wachsende Macht, der Einfluss und der Reichtum des ursprünglichen Ordens, der gewissermaßen als militärische Eliteeinheit fungierte, der ihm einen aufsehenerregenden, langwierigen Prozess bescherte. Dies führte letztlich de facto zur Auflösung des Ordens.

Mattiangeli und Kollegen spüren derzeit päpstliche Bullen in diversen Archiven auf, die sich mit dem Problem befassen. "Wir versuchen, die ganze Geschichte der Templer rechtshistorisch zu rekonstruieren", so der Historiker. Hier gehe es um die wissenschaftliche Rekonstruktion anhand von Dokumenten und nicht um "Gerüchte oder esoterische Sagen".

Mögliche Fälschung und weitere bedeutsame Gebeine

Mattiangeli sieht bereits Hinweise, dass die Aufhebung des Ordens tatsächlich nichtig sein könnte. Darauf würden in Barcelona und im französischen Dijon gefundene Dokumente hinweisen. Bei einer dieser Bullen könnte es sich um eine Fälschung handeln, die den oft auch populärkulturell abgehandelten Stoff in einen komplett neuen Kontext stellen könnte. "Es könnte sein, das die Templer historisch rehabilitiert werden", ob das am Umgang mit den zahlreichen Nachfolgeorganisationen etwas ändert, sei aber letztlich eine Entscheidung des Papstes, sagte Mattiangeli.

Der Historiker wird in der kommenden Woche auch ins italienische Ferrara reisen, wo sich erst kürzlich ein Gebein-Fund aufgetan hat, der auf den ersten Templer-Großmeister, Hugo von Payns, hinweisen könnte. Würde sich dieser Verdacht erhärten "wäre das meiner Meinung nach nicht ohne" und "eine wirkliche Sensation". (APA, 19.6.2021)